Ich bin erstaunt, dass es zu diesem Thema nur diesen Beitrag in der Rubrik Verschwörungen gibt.
Um neue mögliche VT (warum akzeptieren Stadtverwaltung und Rat in Köln einen Vergleich deutlich unterhalb des zivilrechtlich geforderten Schadenersatzes) zu vermeiden, verweise ich auf folgendes:
WDR, auch mit Filmbeitrag, zum Vergleich, den der Rat am Mo 29.6. zustimmter (ggf. nicht dauerhaft erreichbar):
https://www1.wdr.de/nachrichten/regionalnachrichten/koeln/Stadtrat-entscheidet-ueber-Stadtarchiv-Einsturz-100.html (Archiv-Version vom 29.06.2020)Statt einen langen Schadenersatzprozess zu führen, gibt es nun einen Vergleich, der folgende Punkte enthält: Die Stadt Köln wird von den Baufirmen, der sogenannten Arbeitsgemeinschaft, 600 Millionen Euro bekommen. Die Firmen verpflichten sich, das betroffene U-Bahn-Bauwerk zu vollenden und auch noch einen Raum fertigzustellen, der zu einem Gedenkzentrum gehören soll. Das alles wohlgemerkt auf eigene Kosten.
Wie die Beschlußvorlage der Stadtverwaltung (s.u.) nachweist, wird der Gedenkraum K³ von den Baufirmen nur im Rohbau erstellt. Ausstattung und Betrieb gehen zu Lasten der Stadt Köln.
Rheinische Post zum Ratsbeschluß
https://rp-online.de/nrw/staedte/koeln/koelner-stadtrat-vergleich-nach-stadtarchiv-einsturz-baufirmen-zahlen-600-millionen-euro_aid-51941559„Ein jahrzehntelanger Rechtsstreit über die Schadenshöhe und -ursache mit Bindung materieller und personeller Ressourcen konnte so vermieden werden“, sagte ein Sprecher der Arge Nord-Süd-Stadtbahn, in der die Baufirmen vertreten sind. Auch Stadtdirektor Stephan Keller sagte, dieses Ergebnis sei wirklich das bestmögliche gewesen, „die goldene Mitte“.
Nun kann noch in diesem Jahr mit dem Weiterbau der Nord-Süd-Stadtbahn begonnen werden - bei weitergeführtem Rechtssteit wäre nicht absehbar, wann dies möglich wäre.
Beschlußvorlage der StadtverwaltungDer nun dem Rat der Stadt Köln vorgelegte Vergleichsvorschlag ist Ergebnis eines sechsmonatigen
Moderationsverfahrens zwischen den Parteien, moderiert von einer renommierten Expertin und einem
Experten im Bereich von Großschäden bei Bauvorhaben und Mediationsverfahren. Der am Ende dieses
Verfahrens erarbeitete Vergleichsvorschlag verfolgt das Ziel, unter Berücksichtigung der tatsächlichen
und rechtlichen Risiken eines gerichtlichen Verfahrens die durch die Havarie entstandenen
finanziellen Schäden auszugleichen, einen zügigen Weiterbau der Nord-Süd Stadtbahn zu ermöglichen
und so einen Beitrag dazu zu leisten, die bis heute fortbestehende Wunde im Kölner Stadtbild
zu schließen.
Die ARGE Los-Süd hat nunmehr im Rahmen
des Vergleichsvorschlages zugestimmt, dass dieser Hohlraum im Rohbau ebenfalls auf
eigene Kosten von ihr mit errichtet wird. Die Ausstattung des K³, u.a. mit entsprechender
Gebäudetechnik, wird nicht von der ARGE Los-Süd ausgeführt. Zur Ausstattung und Bespielung
der Räumlichkeiten ist zu einem späteren Zeitpunkt durch die politischen Gremien
ein entsprechender Beschluss zu fassen.
Bei den folgenden Kommentaren zu bisherigen Beiträgen hier ist natürlich zu berücksichtigen, dass heute, über 11 Jahre nach dem Unglück, den Prozessen und dem Vergleichsbeschluß eine weit andere Wissensbasis besteht als damals.
Davon, dass sich auch nur irgendwelche Indizien für die vom Diskussionsleiter aufgestellte Verschwörungstheorie, hätten finden lassen, ist zumindest mir nichts bekannt.
Cruiser156 schrieb am 13.03.2009:Tja, und die Moral von der Geschichte ist:
Keiner ist es Schuld. Igendwann wird ein Sündenbock präsentiert der 100% nichts damit zu tun hat, aber egal wir haben den Schuldigen.
Seit 2018/2019 gibt es zwei (noch nicht rechtskräftige) Urteile des Kölner Landgerichtes, die aus meiner Sicht nachvollziehbar überzeugend darlegen, warum die beiden Verurteilten sowohl ganz eindeutig mit dem Geschehen zu tun hatten und es durch Unterlassungen mit schuldhaft verursacht haben.
Erstes Urteil, bei dem von 4 Angeklagten nur der Bauüberwacher der KVB verurteilt wurde:
Urteil im Volltext in der Rechtsprechungsdatenbank der NRW-GerichtePressemitteilung des Gerichtes zur Urteilsverkündung (Archiv-Version vom 26.09.2020)Die Kammer sah es nach 48 Hauptverhandlungstagen als erwiesen an, dass der Einsturz des Stadtarchivgebäudes eindeutig und zweifelsfrei auf einen gravierenden Fehler bei der Herstellung der Schlitzwand für das Gleiswechselbauwerk Waidmarkt zurückzuführen sei; andere Einsturzursachen seien sicher ausgeschlossen. Der verurteilte Angeklagte hat es zur Überzeugung der Kammer unterlassen, die ihm - wegen der Probleme bei der Herstellung der Lamelle erhöhten -Überwachungspflichten zu erfüllen. Der Vorsitzende der Kammer, Herr Vorsitzender Richter am Landgericht Michael Greve, hob in der mündlichen Urteilsbegründung hervor, dass nach Auffassung der Kammer der Einsturz des Stadtarchivs hätte verhindert werden können, wenn dieser Angeklagte die ihm obliegenden Bauüberwachungspflichten nach den Regeln der Baukunst ausgeübt hätte.
Zweites Urteil im Prozeß gegen einen angeklagten Oberbauleiter:
Urteil im Volltext in der Rechtsprechungsdatenbank der NRW-GerichteBeitrag von Legal Tribune Online zum UrteilAls der Baufehler passierte, war der angeklagte Oberbauleiter zwar nur als Urlaubsvertretung eingesetzt. Laut Urteil unterschrieb er damals jedoch ein Bauprotokoll, das Unstimmigkeiten aufwies. Diese "eindeutigen Warnsignale" hätten für den heute 64-Jährigen Anlass zu einer genaueren Prüfung sein müssen, sagte die Richterin. Da er dies unterließ, habe er seine Sorgfaltspflichten verletzt.
sirtobe schrieb am 05.03.2009:Wer braucht ne U-Bahn-Haltestelle am Großmarkt???
Der soll ja nach Marsdorf umziehen und dort die Parkstadt Süd mit Wohnungen und in gewissem Maß auch Gewerbe entstehen. Dafür mach eine Stadtbahn schon Sinn (U-Bahn gibt es in Köln ja nicht...).
kore schrieb am 08.03.2009:Fakt ist, daß allzu lange bekannt gewesen ist, Gebäude könnten vom Einsturz bedroht sein! Wieso wurde nichts unternommen? Privatgrundstücke werden doch beim bloßen Verdacht eines solchen Tatbestandes sofort enteignet.
Leben Jugendlicher und Kinder wurden gefährdet. Und,- was war möglicherweise unter den Fundamenten des Stadtarchives? Abgesehen vom U-Bahnbau.
Enteignung von Privatgrundstücken bei Einsturzgefahr höre ich das erste Mal. Räumung/Nutzungsuntersagung (bei Gefahr ausgehend von umgebender Bebauung) oder Räumung/Pflicht zur Behebung der Einsturzgefahr (bei Gefahr ausgehend vom eigenen Grundstück) gibt es hingegen immer mal wieder.
intruder schrieb am 05.03.2009:Die Kioskbesitzerin Paraskevi Oustampasiadi (42) sagte: "Die komplette Kreuzung war in dunklem Nebel. Das sieht hier aus wie am 11. September."
Bevor jemand noch dieses Zitat für eine VT hält, hier eine der diversen seriösen Quellen dafür
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/unglueck-stadtarchiv-in-koeln-eingestuerzt/1464110.html
sirtobe schrieb am 05.03.2009:ja hab ich! ein freund von mir wohnt direkt in der Severinsstr.! Da haben alle Häuser Risse im Mauerwerk! Überall wurden so Gipssiegel angebracht, und alle, wirklich alle sind gerissen! Das bedeutet dass das Mauerwerk dort in Bewegung ist!
So traurig es ist, ich glaube nicht dass das der einzige Einsturz bleibt!
Angenehmerweise hat der Zeitablauf keine weiteren Einstürze gebracht. Und die Teile der Nord-Süd-Stadtbahn nördlich und südlich der Einsturzstelle werden inzwischen auch seit Jahren betrieben.
EC145 schrieb am 05.03.2009:ich denke, dass die schaden zahl von 400.000.000 euro massiv übertrieben ist.und weiter denk ich das der bau der u.bahn nur am rande mit dem einsturz zu tun hat.
Da sich die Baufirmen per Vergleich zur Zahlung von 600.000.000 verpflichten, ist das wohl nicht der Fall. Wie sich aus Sicht der Stadtverwaltung der Schaden von 1,07Mrd. zzgl. Zinsen zusammensetzt zeigt die Antwort auf eine Fragenkatalog der SPD-Fraktion:
Dort Seite 5/6Die Stadt hat gegenüber der ARGE außergerichtlich eine Schadenssumme von 1,07 Mrd €
zzgl Zinsen geltend gemacht. Dabei handelt es sich um eine Maximalforderung, die auch in
das Moderationsverfahren eingeführt wurde.
Die Summe gliedert sich wie folgt:
- Gebäudeschäden /Neubau des Historischen Archivs 64, 9 Mio €
- Grundstücksschäden 38,7 Mio €
- Inventar 240 Tsd €
- Kosten Rettungseinsatz/Bergung/Erstversorgung 7,3 Mio €
- Bergungsbauwerk 24 Mio €
- Kosten „provisorisches Archiv“ 17,3 Mio €
- Schäden Restaurierung Archivgut 660,8 Mio €
- Schäden für Wertminderung und Totalverlust 68 Mio €
- Kosten Fachbeirat und Notlesesaal 37,7 Tsd €
- Besichtigungsbauwerk 85,4 Mio €
- Schulverlagerung 2,2 Mio €
- Zusätzliche Personalkosten Stadt Köln 5 Mio €
- Stiftung Stadtgedächtnis 5,1 Mio €
- Schadensausgleich KVB 14,2 Mio €
- Straßenbaukosten 136 Tsd €
- Mietausfall Gebäudewirtschaft 6 Mio €
- Eigenleistung Gebäudewirtschaft 401 Tsd €
- Kosten Feuerwehr 12,7 Mio €
- Regressansprüche Dritter (Nachbarn, Anlieger,
Hinterbliebene) 45,8 Tsd €
- Kosten OH-Verfahren 12,3 Mio €
- Rechtsberatung 11,9 Mio €
- Geotechnische Beratung 11,7 Mio €
- Versicherungsberatung 90 Tsd €
- Softwarekosten 2,6 Mio €
- Sonstiges 22 Mio €
(davon 19,4 Mio € Mieten für Ausweichquartiere)
- Abgetretener Schaden Rheinenergie 3,4 Mio €
dosbox schrieb am 14.03.2009:Übrigens hat diese Technik, U-Bahntunnel wie in einem Alpenmassiv in der Schweiz voranzutreiben auch schon in anderen Städten mit einem wackeligen Untergrund Probleme gemacht. Warum soll das jetzt in Köln anders sein?
moredread schrieb am 09.03.2009:Ich finde den Einsturz auch sehr bedauerlich. Der Fehler liegt aber eindeutig bei der Ausführung des Tunnelbaus.
RigorMortis schrieb am 29.03.2009:jafrael schrieb am 04.03.2009:
Ah ja - und deshalb wird eine U-Bahn gebaut und die Folgen dieses U-Bahn-Baus wurden dahingehend berechnet, dass das Gebäude des Kölner Stadtarchivs einstürzt.
mmh...man könnte aber auch den Tunnel dazu "Misbraucht" haben!
Muß ja gar nicht durch diesen zustande gekommen sein, auch wenn das jetzt so aussieht.
Unglücksursache war, wie in den Urteilen ausführlich nachzulesen, nicht der eigentliche Tunnelbau. Dieser, per Tunnelbohrmaschinen erfolgt, war zum Unglückszeitpunkt bereits abgeschlossen. Ich kenne Leute, die vor dem Unglück durch eine der Tunnelröhren bei einer Besichtigung gelaufen sind.
Tatsächliche Ursache war die Vertuschung eines Baufehlers beim Bau der Schlitzwand für die Baugrube für das Gleiswechselbauwerk vor dem historischen Archiv der Stadt Köln. Das, also der Einbruch von Wasser und Kies aus der Umgebung und Einsturz anliegender Bauten, könnte theoretisch bei jeder entsprechend tiefen Schlitzwand für eine entsprechend tiefe Baugrube im innerstädtischen Bereich wieder passieren - unabhängig, ob da nur besonders viele Kellergeschosse oder bspw. eine Bauwerk für eine unterirdische Bahnstrecke errichtet wird.