SPIEGEL: Das Niederschlagsradar hat in der Nacht zum Donnerstag vergangener Woche großeRegenwolken im Norden angezeigt - obwohl kein Tropfen vom Himmel fiel.
Asmus:Die Sache ist mysteriös: Im Radarecho waren von Holland über Niedersachsen bis zur Elbeviele gelbe Flächen zu sehen, sogar hellblaue, die große Regengebiete anzeigen. DasMeteosat-Satellitenbild dagegen weist kaum Bewölkung auf.
SPIEGEL: Was war los?
Asmus: Der Vorgang ist zu frisch, um ihn abschließend beurteilen zu können. Wirsind irritiert - zumal solch ein Phänomen am 19. Juli vorigen Jahres schon einmalaufgetreten ist. Damals meldete das Radar ein 400 Kilometer dickes Regenband vonFriesland bis Hessen.
SPIEGEL: Die Presse sprach von "Geisterwolke". DerMeteorologe Karsten Brandt meinte: "Hier geht es nicht mit rechten Dingen zu." Tauchenbald Ufos an der Waterkant auf?
Asmus: Wir haben in Deutschland 16 großeNiederschlagsradarstationen, die den Horizont nach Schnee oder Wassertropfen abtasten.Warum die etwas melden, was es nicht gibt, wissen wir nicht. Erst dachten wir, einFlugzeug habe in Not Kerosin abgelassen. Doch das Fehlecho war zehn Stunden lang zusehen, Kerosin wäre viel schneller verdampft. Radarechos durch atmosphärische Störungenüber einen solchen Zeitraum sind auch eher unwahrscheinlich. Weitere Idee: Vogelschwärme.Doch auch diesen Verdacht haben die Kollegen vom Vogelüberwachungsradar in denNiederlanden ausgeräumt.
SPIEGEL: Gab es vielleicht technische Probleme?
Asmus: Ich vermute eher, es sind wissenschaftliche Experimente oder militärischeÜbungen.
SPIEGEL: Wie bitte?
Asmus: Es ist bekannt, dass die Briten undDeutschen im Zweiten Weltkrieg Stanniolfäden vom Himmel fallen ließen, um das gegnerischeRadar zu stören. Heute werden dafür hauchdünne metallüberzogene Kunststofffäden genutzt,die Düppel. Sie sind wenige Zentimeter lang und werden in der Atmosphäre ausgestreut. Sobildet sich eine Art unsichtbare Mauer, die Radarstrahlen reflektiert.
SPIEGEL:Das Verteidigungsministerium hat aber dementiert. Es gebe "keine Anhaltspunkte dafür,dass die Wolke von unseren Luftstreitkräften verursacht wurde".
Asmus: Beweisenkönnen wir nichts. Aber am wahrscheinlichsten scheint derzeit dennoch, dass im Luftraumüber der Nordsee Erprobungen mit Metallfäden stattfinden, die unsere meteorologischenGeräte stören und uns eine falsche Wetterlage vorgaukeln.
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,407919,00.html (Archiv-Version vom 16.06.2006)