agreschk schrieb:http://meetingorganizer.copernicus.org/EGU2012/EGU2012-3768.pdf
Interessanter Text, den ich mal für die Interessierten Leser in die (leider an manchen Stellen nicht ganz sinnvolle) Deutsche Sprache übersetzt habe:
Über die Lebensdauer von Kondensstreifen-Zirren
Kondensstreifen stellen reproduzierbare Prototypen von Zirruswolken dar, die leichter wissenschaftlich zu verstehen sind und bessere Chancen für experimentelle Untersuchungen als natürliche Zirruswolken bieten. In der Vergangenheit geführte Untersuchungen von Kondensstreifen führten zu wichtigen allgemeinen Einsichten über die Atmosphäre, die Detektion der Eisübersättigung, homogener und heterogener Eispartikelbildung sowie subvisibler Zirrusbewölkung. Selbst die Brewer-Dobson-Zirkulation konnte anhand der Beobachtung von kurzlebigen Kondensstreifen oberhalb der Tropopause bestätigt werden.
Hier präsentieren wir Ihnen die Ergebnisse unserer Untersuchungen der mittleren Lebensdauer von Kondensstreifen-Zirren basierend auf Vergleichen der Ergebnisse
aus einem neuen Kondensstreifen-Zirren-Modell, EZMW-Daten (Europäisches Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage) und mehreren Jahren der Meteosat-Satelliten-Beobachtungen für den Nordatlantik und Europa.
Die mittlere Lebensdauer von Kondensstreifen ist noch nicht wirklich bekannt. Persistente Kondensstreifen bilden sich in der Luftfahrt auf Reiseflughöhen, vor allem in der oberen Troposphäre, wenn die Temperatur sich unterhalb des sogenannten Schmidt-Appleman-Kriteriums (SAC) befindet und die umgebende Atmosphäre feucht genug für langlebige Kondensstreifen ist. Die SAC-Schwelle hängt von Flugzeugtyp, Kraftstoff, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit ab. Kondensstreifen wachsen und verbreitern sich in mit Eis übersättigten Luftmassen. Kondensstreifen können für mehrere Minuten und länger sichtbar sein, wenn die relative Luftfeuchtigkeit - insbesondere bei besonders niedrigen Temperaturen - knapp unterhalb der Sättigung liegt. Kondensstreifen 'überleben' solange bis die Eisgesättigte Umgebungsluft getrocknet wird (z.B. durch Absenkung, dem Durchmischen mit trockener Luft, abgestrahlter Erwärmung) oder bis die Eispartikel groß genug geworden sind um in trockenere Luftmassen, oder in seltenen Fällen sogar bis zum Boden zu fallen. Kondensstreifen aus großen Eispartikeln können in einem Fallstreifen (d.h. in einem Vorhang aus großen und schnell fallenden Eisteilchen) enden. Mit der Zeit können Kondensstreifen ihr Aussehen verlieren und Teil der normaldicken Zirrusbewölkung werden.
Wir modellierten die Bildung und den Verfall von Kondensstreifen für eine Flotte von Flugzeugen unter Zuhilfenahme des neu entwickelten Lagrange-Kondensstreifen-Zirren-Vorhersagemodell CoCiP. Die Bildung von Kondensstreifen und deren Übergang in Zirrusbewölkung wurde für bestimmte Flugzeugtypen, Flugrouten und der gegebenen Meteorologie (entnommen dem EZMW) modelliert.
Die Lebensdauer von Kondensstreifen-Clustern sollte ähnlich sein der Lebensdauer von Eisübersättigten Regionen (ice supersaturated regions = ISSR), deren geschätzte Dauer in den mittleren Breitengraden von wenigen Minuten bis hin zu mehreren Tagen, im Mittelwert also einigen Stunden, variieren kann. Hier schätzen wir die Lebensdauer von ISSR-Regionen durch die Berechnung des Alters der Flugbahnen, beginnend an Flugzeug-Wegpunkten die das SAC in Eisübersättigter Luft erfüllen und andauern bis die Luftfeuchtigkeit unter die Eissättigung fällt. Diese Flugzeug bezogene ISSR-Lebenszeit ist nicht die ISSR-Lebensdauer per se, sondern die Lebensdauer der für Kondensstreifen relevanten Eisübersättigung. Zu diesem Zweck nutzen wir das Lagrange-Trajektorien-Modell, einem Bestandteil von CoCiP, für einen passiven Indikator mit EZMW-Daten. Die meisten dieser Trajektorien enden nach weniger als einer Stunde. Die Verbreitung von Alter und Häufigkeit folgen einer Exponentialfunktion. Basierend auf diesen angepassten Werten beträgt das durchschnittliche und das mittlere Alter der Eisübersättigten Regionen 14,6 und 10,1 Stunden.
Wenn wir CoCiP auf Kondensstreifen einschließlich Eisbildung in eisübersättigter Umgebung, jedoch ohne Partikelverlust, anwenden, berechnen wir Altersstufen, die jene des ISSR-Alters übersteigen. Die längere Lebensdauer resultiert aus dem Vorhandensein von Eiswasser in den Kondensstreifen während ihres Aufenthalts in der ISSR. Dieser Eiswasser-Speicher befindet sich auf seinem Maximum bis die Vorherrschaft der ISSR endet. Es dauert geraume Zeit um trockene Umgebungsluft in den Kondensstreifen zu mischen und dessen Eis zu sublimieren. Somit könnte der Alterungsprozess eines Kondensstreifens, ohne den Prozess des Eisverlustes, das 1,5-fache Alter der ISSR-Masse erreichen. Bei einigen in die Berechnungen mit aufgenommenen Verlustprozessen war die Lebensdauer der Kondensstreifen kleiner als die der ISSR. In diesem Beispiel lag die durchschnittliche und die mittlere Lebensdauer dieser Juni-Fälle bei Drei, respektive Zwei Stunden. Daher hängt die Lebensdauer von Kondensstreifen-Zirren sehr stark vom Eispartikelverlust ab. Bislang konnten wir nur eher grobe Modelle nutzen um diese Verluste zu simulieren. Diese Modelle sind stark abhängig von geeigneten Beobachtungsdaten.
Als Testfall für unser Modell betrachteten wir den täglichen Zirren-Verlauf im Haupt-Luftverkehrsgebiet des Nord-Atlantik. Die verwendeten Beobachtungsdaten beinhalten die Abdeckung durch Zirren und die ausgehende langwellige Strahlung (outgoing longwave radiation = OLR) am oberen Rand der Atmosphäre. Für die modellierte Situation wurden EZMW-Daten als Zirren-Hintergrund verwendet. CoCiP wird verwendet um die Bedeckung durch Kondensstreifen-Zirren und deren Auswirkung auf OLR zu simulieren. Vergleiche der CoCiP-Simulationen mit den täglichen Zirren-Zyklen zeigen, daß die mittlere Lebensdauer von Kondensstreifen-Zirren in diesen Regionen etwa Zwei bis Drei Stunden beträgt. Dieses Ergebnis hat starke Auswirkungen auf den Einfluss von Kondensstreifen auf das Klima. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um das Modell des Zerfalls der Zirrusbewölkung und der Kondensstreifen-Zirren zu verfeinern.