Hallo, @Satansschuh.
Zu Deiner Frage: Die Intention der Freimaurerei beizutreten ist sehr vielfältig - ebenso wie die im Laufe der Mitgliedschaft gewonnenen Erkenntnisse.
Jeder Mensch kommt aus einem individuellen Lebensumfeld. In der Freimaurerei finden Menschen zusammen, die sich aufgrund ihres unterschiedlichen Backgrounds wohl an keinem anderen Platz getroffen hätten. Durch diese bewusst herbeigeführte Vielfalt kommt man mit Ideen und Erfahrungen in Kontakt, die ermöglichen, einen breiteren geistigen Horizont zu erwerben.
Was die Freimaurer vereint, ist ihr Streben nach den Idealen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität und die Anwendung einer gemeinsamen Praxis. Diese Praxis äußert sich in der Anwendung einer Art gemeinsamer Metaebene in der Kommunikation. Man hebt das zu Behandelnde in der Kommunikation aus dem direkten persönlichen Bezug heraus und bespricht es unter der Anwendung von symbolischen Begriffen und/oder Allegorien auf dieser Metaebene. Dadurch tritt man gewissermaßen einen Schritt zurück und ist in der Lage Sachverhalte, in die man subjektiv und emotional stark eingebunden ist, rationaler und neutraler zu betrachten. Man nimmt in dieser Rolle gewissermaßen die Rolle eines externen Betrachters ein und muss sich nicht mit dem emotionalen Ballast beschäftigen, den man in Bezug auf dieses Aspekt mit sich herumträgt.
Klingt kompliziert, funktioniert aber in der Praxis seit Jahrhunderten hervorragend. Durch das außen-vor-lassen der emotionalen Beteiligung wird man in die Lage versetzt, sich inhaltlich präziser und emotional sachlicher mit dem Themenkomplex zu befassen.
Aus dem Motto des ersten Grades "Schau in Dich"/"Erkenne Dich selbst" und dem des zweiten Grades "Schau um Dich" (i.S.v. erkenne und analysiere Deine Beziehung zu der Dich umgebenden Gesellschaft) ergibt sich der Anspruch an sich selbst, sich beständig selbst zu hinterfragen und Ansichten, die man als haltlose Vorurteile erkennt, zu revidieren oder korrigieren.
Dieser iterrative Prozess zwischen Justierung der eigenen Geisteshaltung und dem Ausgesetzt sein unterschiedlichster Ansichten ergibt sich ein stetig fortschreitendes Lernen und ein nachhaltiges Verständnis für die Lebenswirklichkeit Anderer.
Im Idealfall - und nur darüber kann ich hier schreiben - führt das zu einem Menschen, der die Ansichten Anderer bis zu einem gewissen Punkt (Stichwort "individuelle Toleranzgrenze") akzeptiert und als berechtigt anerkennt. Zugleich erkennt man auch, dass die eigenen Ansichten durchaus abweichend von denen des sozialen Umfelds sein kann - und dennoch seine Berechtigung haben kann. Man gelangt also auch an den Punkt, seine Ansichten sicher und fundiert (weil gut durchdacht und begründbar) vertreten zu können.
Ist die Freimaurerei die einzige Möglichkeit, sich mit philosophischen Themen auseinanderzusetzen? Nein! Aber ich habe bislang keine Art gefunden, dies auf so freiheitliche und individualistische Weise zu tun. Und die deutliche Persönlichkeits-Entwicklung von zahlreichen Brüdern auf ihrem freimaurerischen Weg durch die drei Grade ist immer wieder frappierend. Nicht hin zu Uniformalität - sondern unter dem Motto "Einheit in der Vielfalt".
Viele Grüße
MM333
p.s.: Ich stimme
@Krimi vollkommen zu: Die Freimaurerei als "Stammtisch" abzustempeln ist in meinen Augen despektierlich. Sie ist zugleich Gesellschaftsverein, Bruderschaft, geistige und philosophische Lehrstätte. Ziel ist die Entwicklung/Förderung einer sittlichen Lebenshaltung hin zu einem kulturell und gesellschaftlich interessierten Menschen. Man könnte vielleicht sogar sagen - hin zu einem "Gentlemen" nach britischem Verständnis.