@threefish threefish schrieb:Mich interesseiren Fakten.
Das sagen alle.
Das Problem mit den Fakten ist, dass sie bewertet werden müssen um Erkenntnisse zu gewinnen. Fakten für sich sagen gar nichts. Man kann die selben Fakten völlig unterschiedlich interpretieren.
Die klassische Frage nach dem Glas, ob es halb voll oder halb leer ist. Fakt ist dabei der Wasserstand im Glas. Ob es halb voll oder halb leer ist, hängt von der Interpretation ab.
Konkret auf bellingcat bezogen sage ich folgendes:
Wenn Bellingcat ein Bild von einer BUK einem bestimmten Ort zuordnet. Dann glaube ich ihm das gerne dass er es richtig lokalisiert hat. Fakt ist dabei nur, dass eine BUK an diesem Ort war.
Wir wissen dadurch aber immer noch nichts darüber wann es gemacht wurde oder wer die Verantwortung für seine Authentizität trägt. Und deshalb wissen wir auch nicht wem diese BUK gehörte als sie an diesem Ort war.
Oft nimmt Bellingcat den Zeitpunkt der Aufnahme einfach an. Diese Zeitangaben wären aber für seine Interpretation entscheidend. Wenn die einzelnen Bilder zu ganz anderen Zeitpunkten aufgenommen wurden wie bellingcat annimmt, dann fällt seine ganze chronologische Aufarbeitung insich zusammen. Mit Journalismus hat das nichts zutun.
Bei seiner Arbeit zum MH-17 Abschuss verwendete er zum Beispiel auch ein Video des Ukrainischen Geheimdienstes. Die kurze Sequenz zeigte eine BUK die auf der Straße transportiert wird. Die SBU behauptete es sei am 17. Juli in Krasnodon entstanden, also angeblich auf dem von Rebellen kontrolliertem Territorium.
Später gab es ein statement des russischen Verteidigungsministeriums welches meinte das Video sei in Krasnoarmejsk entstanden. Also auf dem von Regierungstruppen kontrolliertem Territorium.
Bellingcat hat es dann richtigerweise Lugansk zugeordnet. Es ist also weder in Krasnodon, noch in Krasnoarmejsk entstanden.
Bellingcat bildet sich nun etwas darauf ein und meint das russische Verteidigungsministerium hätte absichtlich gelogen weil es dieses Video an eine falsche Stelle verfrachtete.
Was er aber verschweigt, und das muss ihm eigentlich bewusst sein, ist dass das Video nicht vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlicht wurde, sondern vom Ukrainischen Geheimdienst. Und die haben auch eine falsche Ortsangabe gemacht.
Wenn also der Urheber des Videos schon eine falsche Ortsangabe gemacht hat. Warum sollte man dann annehmen, dass die Zeitangabe des Urhebers stimmt? Vielleicht ist es ein Video schon vor Jahren entstanden und es gab noch gar kein Separatistengebiet. Und die BUK in Lugansk war vielleicht einfach eine Ukrainische BUK die zur Wartung gebracht wurde.
Jedenfalls hat die SBU dieses Video längst gelöscht und nie wieder erwähnt.
Bellingcat stört das alles nicht weiter. Er ist weiterhin fest davon überzeugt dass man nicht zu prüfen braucht wann genau das Video entstand und dass man der SBU glauben darf es sei tatsächlich am 17. Juli entstanden auch wenn die Ortsangabe falsch war. Aber wenn das russische Verteidigungsministerium sich bei seiner Ortsangabe einfach vertan hat (woher sollen sie es auch wissen, sie sind ja nicht die Urheber), dann will er eine große Lüge aufgedeckt haben.
Das ist nicht wirklich objektiv. Die Fakten die er hat sind nur Bilder die man beliebig interpretieren kann. Und seine Interpretation funktioniert nur, weil er jede Menge Fakten einfach verschweigt.
Ich glaube in Fachkreisen nennt sich das Cherrypicking.