emz schrieb:Also geht es doch um Vorgaben, die zu erfüllen sind, im Zusammenhang mit dem Sorgerecht.
Nein - die gibt es in der Entscheidung nicht. Die Familie möchte nur nicht dasselbe oder Ähnliches abermals erleben, d.h. dass die Tochter ohne einen vernünftigen Grund 'in Obhut' genommen wird.
Das Jugendamt hätte aber die Möglichkeit gehabt, von sich aus zu definieren..
Das konnten oder wollten die nicht.
emz schrieb: Das Jugendamt hat sich schlicht und einfach an die Gesetze zu halten, damit wären etwaige Einschränkungen perse sowieso unwirksam.
Ja, genau! Das Gesetz ist eigentlich eindeutig - wird aber in höchstrichterlichen Beschlüssen wie jüngst am BVerG immer wieder aufs Neue genau erklärt.
Nach meiner Ansicht wurde Antonya auf bloßen Verdacht - als Überreaktion - in Obhut genommen mit der Begründung ' Verdacht auf Gewalt in der Familie ' - dies einzig auf Anschuldigungen der Stiefschwester.
Bekanntlich wurden beide Verfahren gegen die Eltern später eingestellt/bzw. Freispruch.
Es wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben (meine Ansicht: Gutachter-Un-Wesen in D, s. Fall Mollath, Kulac u.ä.). Manche Gutachter orientieren sich in ihrem Ergebnis gerne an dem, was das Gericht/oder das Jugendamt/die Behörde erwarten) bei Frau B.
Das Gutachten war erst kurz vor Antonyas Flucht fertig. Gemäß der BVerG-Entscheidung, die ich gestern hier hochlud, hätte aufgrund der vagen Verdachtslage Ant. eigentlich gar nicht zu diesem frühen Zeitpunkt den Eltern entzogen werden dürfen.
Andere Gründe für den Kindesentzug, nämlich angebliche Schulfehltage, angebliche (zu viele) Umzüge, angeblich fehlende soziale Kontakte, wurden aus meiner Sicht ohne entsprechende Erkenntnislage und auch ohne echte Gefährdungslage 'nachgeschoben', evtl. sogar konstruiert, um die frühe Entscheidung der Zwangsunterbringung unter jedem Umgangsausschluss zur Herkunftsfamilie zu rechtfertigen.
Vor allem, als die These 'häusliche Gewalt' nicht mehr zu halten war - es gab keinerlei Hinweise darauf. Das Kind gab immer wieder an, sofort nach Hause zu wollen. Die Stiefschwester galt für die zust. Staatsanwaltschaft als nicht glaubwürdig.
Aus der Urteilsbegründung zum richterlichen Beschluß betr. des totalen Kontaktverbots
- von mir konjunktiviert:
Das Gericht verkenne nicht, dass die angeordnete Kontaktsperre von 3 Monaten außergewöhnlich lang sei besonders angesichts der zunächst nur vorläufigen Entziehung von Teilen der elterlichen Sorge. Das Gericht sei jedoch der Überzeugung, dass eine kürzere Zeitspanne nicht ausreichen würde, um Ant. innerlich davon zu befreien, weiterhin mit den Eltern der Umwelt außerhalb der Familie, insbesondere behördlichen und sonstigen Einrichtungen misstrauisch bis ablehnend begegnen zu müssen.
Das bedeutet, man hat das Kontaktverbot zur gesamten Familie (Eltern, Tanten, Onkel, Großeltern, Uroma) verhängt, um das Kind so zu veranlassen, anderen Menschen außer der Familie zu vertrauen.
Vor allem den Behörden/dem Jugendamt/dem Kinderheim usw.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Jeder braucht irgend jemanden. Siehe Robinson Crusoe.
Der Gedankengang war wohl: Wenn die Kleine lange genug isoliert wird von denen, die sie liebt, wird sie sich schon neu binden (lassen).
Etwa das, was das Jugendamt im WK kürzlich verlautbarte.
Wenn das Kind jünger gewesen wäre, wäre es sicher anders gelaufen. Es wäre leichter gewesen, es aus dem System der Familie herauszulösen als in dem Alter, in dem sich Antonya befindet. Leib und Leben scheinen nicht gefährdet zu sein.
Nur hat das auch nicht nach weiteren Wochen funktioniert, nicht bei dieser dann 13jährigen, die ihre Eltern liebt und ganz sicher eine behütete, liebevolle Kindheit hatte.
Und jetzt - vermutlich - sehr viel misstrauischer deutschen Behörden gegenüberstehen dürfte als es je zuvor der Fall war, wenn das denn überhaupt der Fall war.
Aus meiner Sicht wäre ein Kontaktverbot nur aus einem wichtigen Grund zulässig. Um ein Kind zu schützen vor tatsächlicher Gewalt z.B.
Nicht, um ein Kind 'gefügig zu machen' im Sinne des behördlichen Ansinnens.
Allein aus dieser kurzen Sequenz des Beschlusses offenbart sich nach meiner Ansicht ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte.
Es ist aus meiner Sicht nicht so weit weg von gezielten Kindeswegnahmen, weil die Eltern nicht im Sinne eines politischen Systems gefügig sind, s. hier:
Wikipedia: Zwangsadoption(Familie Sch. war bis zu diesem Zeitpunkt allerdings eine normale und unpolitische Familie, Mutter Hausfrau und Vater ganztägig als Landmaschinenhandelsvertreter unterwegs. Das ist nicht gerade der Hort des Bösen).
KiraB schrieb:Soweit es um die Trennung des Kindes von seinen Eltern geht, ist die Sorgerechtsentziehung verfassungsrechtlich nur bei einer Gefährdung des Kindeswohls zu rechtfertigen, an deren Annahme strenge Anforderungen zu stellen sind. Eine Trennung des Kindes von seinen Eltern ist allein zu den in Art. 6 Abs. 3 GG genannten Zwecken zulässig. Danach darf ein Kind gegen den Willen des Sorgeberechtigten nur von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn das Kind aus anderen Gründen zu verwahrlosen droht. Dabei berechtigen nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern den Staat, auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG zukommenden Wächteramts die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen (vgl. BVerfGE 24, 119 <144 f.>; 60, 79 <91>). Es gehört nicht zur Ausübung des Wächteramts des Staates, gegen den Willen der Eltern für eine bestmögliche Förderung der Fähigkeiten des Kindes zu sorgen. Das Grundgesetz hat die primäre Entscheidungszuständigkeit von Eltern zur Förderung ihres Kindes anerkannt. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass Kinder durch Entscheidungen der Eltern wirkliche oder vermeintliche Nachteile erleiden (vgl. BVerfGE 60, 79 <94>). Um eine Trennung des Kindes von den Eltern zu rechtfertigen, muss das elterliche Fehlverhalten vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist (vgl. BVerfGE 60, 79 <91>). Ihren einfachrechtlichen Ausdruck hat diese Anforderung in § 1666 Abs. 1 BGB gefunden. Die Annahme einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes setzt voraus, dass bereits ein Schaden des Kindes eingetreten ist oder eine Gefahr gegenwärtig in einem solchen Maße besteht, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (vgl. BVerfGK 19, 295 <301>; BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2004 - XII ZB 166/03 -, FamRZ 2005, S. 344 <345>).
Ant. war Schülerin eines Gymnasiums, mit Erfolg offenbar. Sie hatte ein Zuhause, Eltern, eine große Familie um sich.
Immensen Schaden angerichtet hat nun die stigmatisierende Herausnahme/ das 'Abgreifen' in der Schule aus dem laufenden Unterricht, die stigmatisierende Zwangsunterbringung im Heim, die traumatische Flucht, der Verlust des Zuhauses, das sich monatelang Verborgen-halten-müssen, die große Angst erneut abgegriffen und zwangsuntergebracht zu werden.
Ursächlich für diese Ereignisse waren die aus meiner Sicht - s.obiger Text des BVerG - nicht rechtskonformen Eingriffe der Behörde.
Rechtlich hätte keine der amtsgerichtlichen Entscheidungen vor dem BVerG Bestand gehabt.
Das ist für mich zu 100% sicher.
Was den Vater angeht: Frag' ihn selbst. Ich weiß nicht, wo A.Sch. im Januar 2013 lebte. Es ist für mich auch uninteressant.
Wenn das OLG Celle begründete Zweifel hätte, wenn durch die Anwesenheit des Vaters die Sicherheit von Ant. gefährdet wäre, wäre die Entscheidung von April anders ausgefallen, sie hätte anders ausfallen MÜSSEN!
Im Falle der Melissa Stewart sind Jugendamtsmitarbeiter nach Polen gereist, um das Mädchen von dort mitzunehmen. Das ist bei Ant. nicht der Fall gewesen. Warum nicht?
Vielleicht, weil auch das Jugendamt ahnte, dass sie da ziemlich daneben lagen (aber eigentlich nicht 'zurück' konnten?)