„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“
Evelyn Beatrice Hall (* 1868; † nach 1939)
Wer sind wir? Was sind wir?
Männer, Frauen, Kinder, Väter, Mütter, Eheleute, Großväter und Großmütter, Enkel, Freunde, Vereinsmitglieder, Nachbarn, Arbeitnehmer und Arbeitgeber... Wie wir uns selbst auch nennen mögen, letztendlich leben wir in einem Land und gehören einer Gemeinschaft an. Der Mensch ist ein Rudeltier und wir sind ein Rudel.
Unser Rudel ist die Gesellschaft. Die Gesellschaft, die unser Land und letztendlich auch uns formt - Unabhängig davon wie sehr sich jemand dagegen sträubt, bleibt er von Kindesalter an ein Teil des modernen Rudels.
Wenn du also behauptest, dass eine Gesellschaft, eine Nation, keinerlei Selektionsvorteile mehr bringt, behauptest du im Grunde, dass der Zusammenhalt einzelner Familien, Freundschaften und Verbindungen, die seit Generationen gepflegt wurden, im Endeffekt keinerlei Bedeutung hätte. Die „Bindung an eine Gruppe“ soll ja schließlich schädlich sein.
Lokale Wahlen hätten dadurch keine Bedeutung mehr, regionale schon gar nicht und was die Bundeswahlen angeht, so wäre es wohl der Ausdruck einer vollendeten Bedeutungslosigkeit. Sollen doch die Spanier für uns entscheiden welche Partei und welcher Kanzler für uns der Beste ist. Oder vielleicht doch die Briten? Möglicherweise sollen wir unsere Wahlen in Afrika abhalten. Die Afrikaner dürften doch dieser Logik nach viel besser wissen was wir in unserem Land am meisten benötigen. Aber nein... Auch sie dürften nicht qualifiziert genug sein. Die UNO soll entscheiden was mit den einzelnen Ländern wird und welche Politik betrieben werden sollte.
Willkommen in der schönen neuen Welt.
Willkürlich gezogene Grenzen, mit willkürlichen Sprachen und willkürlichen Bräuchen. Die Globalisierung wird es schon richten.
Einfach alles in einen Topf werfen, einmal umrühren und schon kommt der brave Bürger der Zukunft heraus. Gezeugt in einer Petrischale (Eltern sind überflüssige Meinungsmacher), erzogen in einem Internat (damit ja keine Individuellen Einflüsse den Verstand benebeln können), angestellt in einem internationalen Konzern dem er einzig und allein die Treue schwört (immerhin ist es eine Lebensgrundlage und alles andere ist unbedeutend), abgeschoben in ein Altersheim (man hat die eigene Verwandtschaft nie gekannt), begraben in einem Grab ohne Namen (es gibt niemanden, der dieses Grab besuchen würde).
Effizient und naturfreundlich abbaubar. Wie ein Pappkarton.
Nun ja, vielleicht nicht ganz so naturfreundlich. Ohne Patriotismus, ohne den Nationalgefühl, den Zusammengehörigkeitsgefühl... Wo würde da z.B. der Naturschutz bleiben? Man mag es kaum glauben (oder eigentlich doch) aber einzelne Projekte global agierender Naturschutzorganisationen werden von lokalen Gruppen vorangetrieben. Menschen vor Ort sind direkte Zeugen und die treibende Kraft. Sie sind es, die es nicht wollen, dass in ihrer Nachbarschaft Giftmüll abgeladen wird, sie sind es, die es nicht wollen, dass die Wälder die sie von Kindesalter her kennen abgeholzt werden. Sie wollen es nicht, dass ihre Flüsse verpestet und ihr Land verseucht wird.
Aber nein, Patriotismus ist schließlich böse und eigennützig. Man muss auch an die anderen Menschen denken. Sie brauchen das Tropenholz für ihre Zahnstocher, günstige Atomenergie für ihre Fernseher und billige Arbeitssklaven für die täglichen Konsumgüter. Da soll man nicht so sein und ein paar behinderte Kinder, zerstörte Landstriche und unerträgliche Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen, damit sich die Menschen hunderte Kilometer entfernt wohl fühlen können. Es geht ja schließlich nicht um einzelne Gruppen. Und im Durchschnitt dürfte es ja gar nicht so übel ausschauen.
Wozu also stolz sein? Positive Gefühle? Nein.. Wir im Westen wurden in eine Demokratie hineingeboren. Pfeifen wir also darauf. Wir können ja eh nichts dafür.. Das waren unsere Eltern und Großeltern. Wir sind was besseres, keine Patrioten, wir sind Globalisten. Wenn wir „groß“ sind, hauen wir eh ab. Zum Beispiel in ein Land in dem Milch und Honig fließen. Dann können wir die Füße hochlegen und darüber schwadronieren wie dumm die Leute doch sind, die tatsächlich etwas dafür tun, dass sich die Umstände im eigenen Land zum Besseren ändern.
Nun ja..
Du sprichst davon, dass man die Liebe rechtfertigen muss. Ich frage allerdings: Warum? Warum soll man sich dafür schämen seine eigene Mutter und seinen Vater zu lieben? Stolz auf sie zu sein? So sein zu wollen wie sie sind? Etwas gutes für sie zu wünschen? Sie in einem schwierigen Moment nicht zu verlassen?
Mag sein dass andere Eltern genau so gut sein können oder sogar noch besser. Ist es allerdings ein Grund dafür die eigenen Eltern zu verleugnen?
Nein.
Die Frage eines Patrioten lautet schließlich nicht ob „meine Gruppe besser oder schlechter, stärker oder schwächer, klüger oder dümmer als eine andere“ ist, sondern: Was kann ich tun, damit meine Gruppe stärker, klüger und besser wird? Ein wahrer Patriot fragt nicht was sein Land für ihn tun kann, er fragt was er für sein Land tun kann. (nach John F. Kennedy)
Ein Patriot ist nicht unkritisch. Er ist nicht blind vor Stolz. Er sieht die Fehler, er sieht die Schwächen. Ein Patriot ist jemand, der sein Land kennt und liebt. Er liebt die Menschen, er liebt die Natur, er leibt alles gute und er ist stolz auf das was seine Vorfahren erreicht haben. Er möchte ein Teil davon sein. Er möchte ein Teil des Guten sein.
Das Problem, wenn Nationalisten sich diese Eigenschaft zu Nutze machen um davon zu profitieren, hat keineswegs mit dem Patriotismus zu tun. Patriotismus ist hier nur ein Werkzeug.
Wie es bereits die von dir erwähnte Sozialpsychologin Amélie Mummendey sagte: „ Nationalisten tendieren dazu, ihre Überzeungungen euphemistisch als patriotische Haltung zu beschreiben“. Patriotismus dient dabei als eine positive Verpackung, als ein Aushängeschild für etwas verwerfliches. Dabei braucht es ein wahrer Patriot gar nicht. Er klopft sich nicht auf die Brust und schreit an jeder Ecke, wie patriotisch er doch sei. Seine Absichten sind rein und er muss nichts künstlich beschönigen. Er beschwert sich lieber und meckert über sein Land statt es in den Himmel zu loben.
Wie soll man vor diesem Hintergrund nun dem Patriotismus anderer Nationen gegenüberstehen?
Positiv natürlich. Sofern es sich um tatsächlichen Patriotismus und nicht um den Pseudopatriotismus (Nationalismus, Rassismus, etc.) handelt. Patrioten einzelner Länder gehen Hand in Hand. Sie wollen eine positive Veränderung. Sie üben Kritik und sie helfen einander, wenn es darum geht Lösungen in bestimmten Problemen zu finden. Egal ob Naturschutz, Staatsordnung, Wirtschaft oder Schulbildung. Wahre Patrioten arbeiten für eine bessere Zukunft und sind keine Freunde steifer und unflexibler Modelle.
Aber wovon spreche ich da...
Du weißt es schließlich viel besser als ich:
Worauf man hingegen stolz sein kann sind neutrale Werte und Dinge wie Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit. Das sollte man allerdings nicht auf die eigene Nation beschränken, sondern unabhängig von Grenzen seine Zustimmung zu diesen Werten und Prinzipien äussern, denn diese Dinge sind nicht exklusiv an Nationen gebunden. Diese Art von Stolz ist dann also kein Patriotismus mehr.
Man kann auf einige der Dinge für die, unter anderem, die eigene Nation steht stolz sein und gleichzeitig ein neutrales Verhältnis zur eigenen Nation haben.
Auch hier werden die Alternativen natürlich abgewertet. Man ist auf bspw. demokratische Werte stolz weil man denkt sie seien besser als andere, wie bspw. die des Absolutismus, und kann das optimalerweise auch begründen. Das ist legitim im Gegensatz zum Stolz auf die eigene Nation.
Ich bin bspw. stolz auf die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und einige weitere Dinge für die, zusammen mit vielen anderen Ländern, Deutschland steht. Trotzdem stehe ich Deutschland an sich nüchtern gegenüber und würde nicht sagen, dass ich stolz auf dieses Land bin. Ich finde einige Sachen die hier passieren gut, andere nicht. Ich mag einige Menschen hier, andere nicht. Genau wie in allen anderen Ländern der Erde auch.
Das sind Worte, die eines wahren Patrioten würdig sind.
:) Du bist die Verkörperung des Gedankens, für den Generationen gekämpft haben. Ein Vorreiter. Ein Mensch, der in die Zukunft geblickt hat.
Ein Patriot, für den die vereinte Menschheit in den Vordergrund tritt.
Leider äußerst du deine Ansichten ein Paar hundert Jahre zu früh.. Zukünftige Generationen werden von derartigen Sichtweisen dennoch profitieren. Da bin ich mir sicher.