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1.21Gigawatt schrieb:Ich hab zu keiner Zeit geschrieben, dass Spiele keine Geschichten erzählen können, ich sehe sie nur im Vergleich zu Filmen als das deutlich unterlegene Medium an.
Dieser Eindruck kann ich eben einfach nicht bestätigen.
Letztlich sehe ich da vielmehr Parallelen, denn du hast ja selbst schon gesagt, dass selbst die besten verfilmten Geschichten doch meistens genauso schnell erzählt werden können.
Auf Grund der verschiedenen Medien schaffen es Spiele aber gleichermaßen Schicksale, Emotionen und Geschichten zu erzählen, sie machen es bedingtermaßen schlichtweg anders.
An ein Spiel und die darin behandelte Umgebung und Story werden von einem Spieler ganz andere Erwartungen gestellt als an einem Film.
Ich erwarte von einem Film, dass er mich überrascht oder selbst abgedroschene Schemata irgendwie einzigartig präsentiert, so dass ich nach knapp 2 Stunden das Gefühl habe, dass ich die Zeit nicht verschwendet habe und mich die Handlung in irgendeiner Form mitgerissen hat.
Wenn ich aber ein Spiel mit Story spiele, dann will ich ja doch in erster Linie ein Spiel spielen und wahrenddessen die Geschichte Stück für Stück erfahren. Und hier ist eine innovative Geschichte keinen Cent wert, wenn sie nicht anständig durch die Spielelemente präsentiert wird.
Es ist ein bisschen wie hier beim Clash - es geht gar nicht so sehr um das "Was?", sondern um das "Wie?" und bezüglich des Wie erwarte zumindest ich, dass man eben nicht schon nach 2 Stunden mit allem durch ist und dass die Geschichte insgesamt viel komplexer werden darf als bei einem Film.
Es mag also auf den ersten Blick nicht so scheinen, aber das eingefleischte Starcraft Spieler nach 15 Jahren, den Kampagnenmodus der vor kurzem erschienen neusten Erweiterung in höhsten Tönen loben, zeigt mir, dass es ein erfundenes Fantasieuniversum genauso schaffen kann, an den Epos-Status heranzukommen.
Solche Szenen haben eine beachtliche Aussagekraft, dazu braucht man keine Stunden in fiktiven Welt verbringen, da braucht er nur kurze Szenen. Gute gespielt mit guten Dialogen.
Derartiges findet man in Videospielen nicht und es gehört auch nicht dort hin. Wie absurd wäre es, denn die angesprochene Szene mit Gameplay zu verbinden?
(...)
Das was du forderst, beim König der Löwen, halte ich bei den meisten Geschichten für mehr als unnötig. Der König der Löwen dreht sich nicht um das Schicksal der Nebenfiguren, wieso sollte man deren Geschichte erzählen?
Da hast du auch völlig recht: Innerhalb eines Spiels kann man nicht jede realitätsnahe Story unterbringen, aber ist das überhaupt das Ziel?
Der König der Löwen, Die Legende vom Bagger Vance, Cashback ... sind grandiose Geschichten mit Emotionen, Sinnfragen und allem drum und dran. Genau so etwas kann man nicht mal eben in einer Spielumgebung replizieren, aber dafür bietet das Konzept eines Spiels Möglichkeiten, ganz andere Geschichten zu erzählen oder sie auf ihre Weise zu präsentieren.
Denn genauso sehe ich ein Problem darin, wöllte man gute Storys, die man aus Spielen kennt, in ein Filmformat packen wollen.
Die Geschichten in einem Spiel leben ja genau davon, dass man gewisse Sequenzen spielerisch durchlebt und das kann man in einem Film nur schwer ersetzen. Klar kann man Schlachten auch visualisieren und automatisieren, aber daraufhinzuarbeiten, dass eine Schlacht gewonnen, ein Puzzle zusammengesetzt oder ein Rätsel entschlüsselt wird, das bietet einen mindestens gleichwertigen Ersatz dafür, dass man nur zuschaut wie ein Portagonist dies erledigt.
Innerhalb eines Films wäre es wirklich zu viel, wenn man für jeden Charakter eine Nebengeschichte erzählt, weil das in dem Medium irgendwann nicht mehr zielführend ist, aber in einer Spielewelt hat man diese Möglichkeiten und ich meine auch, dass man das Ausschöpfen dieses Potentials bei einigen Spielen auch fordert, damit man die Langzeitbeschäftigung erhält.
1.21Gigawatt schrieb:Da du „Matrix“ noch ansprichst muss ich denke ich mal auf den Unterschied zwischen Geschichte und Handlung eingehen.
Bei Matrix ging es vor allem um die groben Schnitzer innerhalb der Präsentation.
Klar kann man die Darstellung verändern, aber wenn man in einer Erzählung an irgendeiner Stelle einspart, dann muss man auch aufpassen, dass dabei essentielle Informationen nicht verloren gehen.
Gerade bei Harry Potter erlebte man immer wieder Enttäuschungen, weil die Buchvorlage bedingtermaßen viel detailierter war und man dies nicht 1:1 visualisieren konnte, dadurch aber während der Filme immer wieder das Gefühl aufkam, dass etwas fehlt, was man im Buch als passend empfand.
Die Filme waren trotzdem ganz passabel, aber diese Möglichkeiten viele optionalen Details unterzubringen, haben Spiele noch eher als Filme.
Für manche Geschichten mag dies nicht zwingend erforderlich sein, aber dennoch muss man bei einem Film immer höllisch aufpassen, wo man einspart, weil nähmlich auch ganz schnell etwas fehlen kann, was man doch zwingend gebraucht hätte.
1.21Gigawatt schrieb:Mehrere Hauptfiguren sind meiner Meinung nach nicht wirklich eine Bereicherung.
Zusammenfassen kann man es damit, dass in einem Spiel nicht der Anspruch besteht, dass man schnell fertig wird. Man will ja vielmehr auf lange Sicht beschäftigt werden und da nur eine einzige Figur in den Fokus zu stellen, würde die Umsetzung umso schwerer machen.
Die Geschichten in Spielen leben wohl genau von dem, was in Filmen überflüssig wäre.
So wie Good Will Hunting als Film grandios war, so würde ich aus Sicht eines Spielers doch noch mehr haben wollen, zum Beispiel ein paar mehr Informationen darüber, wie es konkret zu dem Konflikt zwischen dem Professor und dem Therapeuten kam oder auch Sequenzen aus der Kindheit des Will Hunting.
Für den Film, so wie er ist, mögen solche Informationen eher irreleant sein, sind aber für den ein oder anderen Zuschauer trotzdem interessant. Innerhalb eines Spiels lassen sich solche nicht unmittelbar relevanten aber doch interessanten Dinge, viel leichter einbetten bzw. anbieten als in Filmen.
Das macht die Geschichten nun nicht zwangsläufig besser, aber es ergeben sich einfach mehr Möglichkeiten auch über die eigentliche Geschichte hinaus noch Details zu präsentieren oder von vornherein ein deutlich vielschichtere Geschichte und Umgebung zu planen.