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@AcidU Extremformen zu betrachten, das ist sogar vernünftig. Vernünftig ist aber auch, sie absolut zu betrachten.
Gerade im medizinischen Bereich zeigen sich da positive Entwicklungen.
Gerade die 70er/80er waren auch nicht ganz ohne. Transsexuelle wurden nicht ernst genommen, ihre Probleme zu perversem Mist verklärt und sie wurden sogar hin und wieder zwangsweise in die Geschlossene eingewiesen.
Ebenso sind viele Studien, die eindeutig von einem Zusammenhang von sexueller Gewalt und Pornografie sprechen, aus dieser Zeit bzw. wurde in den letzten Jahren sehr oft Bezug auf sie genommen, was ich für zweifelhaft halte.
Es ist zwar eine richtige Rarität, aber Stummfilme mit pornografischen Darstellungen aus den 20er Jahren, sind mittlerweile auch im Netz zu finden und das, was man dort zu sehen bekommt, ist zu recht, nach heutiger Rechtssprechung, verboten.
Als jemand der in seiner Jugend heimisches Internet bekam, kann ich auch erahnen, welche Rolle die Internetpornografie gerade für heutige junge Männer einnimmt. Ich hatte Phasen, in denen ich mich an regelmäßiges und damit auch ggf. eher lustloses Masturbieren gewöhnt hatte. Hörte gleichsam auch von Freunden, dass es bei ihnen Phasen gab und immer wieder gibt, in denen ihnen ihre eigenen Triebe zu viel werden und sie sich maßregelen.
Bei aller Verfügbarkeit, ist der Anspruch an guten und romantischen Sex, zumindest in meiner Altersgruppe, offenbar nie verloren gegangen, bedarf aber Eigenverantwortung, damit es eben etwas Besonderes bleibt.
Diese Problematiken müssen angesprochen werden, müssen, damit sie von möglichst vielen wahrgenommen werden, wohl auch etwas überspitzt dargestellt werden. Ist alles super, aber es darf eben nicht vergessen werden, dass es halt doch "nur" Extremformen sind, die irgendwann durch andere Extreme ersetzt werden.
Hatte man in der Nachkriegszeit insgesamt zu wenig zu essen, so isst man heute eben teilweise hemmungslos alles, was einem vorgesetzt wird. Der von dir angesprochene Pendeleffekt.
Und nach den Phasen der sexuellen Knechtschaft und Prüderie, so erleben wir momentan eben eine Zeit der sexuellen Befreiung. Ich kann nicht abschätzen, wie lange die jetzigen Extreme noch extremer werden könnten, bevor sie wieder abflachen, aber ich halte es auch für unwahrscheinlich, dass wir irgendwann einen Planeten voller sexsüchtiger Vergewaltiger haben werden.
Das Netz bietet uns zwar jederzeit die Möglichkeit Pornografie abzurufen, aber sie bietet uns ja, wie man hier sieht, auch jederzeit die Möglichkeit, über die damit verbundenen Probleme zu sprechen.
Jugendliche scheinen beide Angebote ja offensichtlich rege zu nutzen. Mit den Eltern spricht man nach wie vor eher ungern über das Thema Sex, dafür kann man sich heute anonymisiert im Netz darüber austauschen oder sofort auf Informationen auf Ratgeberseiten zugreifen.
Das birgt Risiken der Ausnutzung, aber eben weil wir parallel dazu, auch ständig darüber reden können, entdecken wir ja auch im Nu Möglichkeiten diesen Risiken vorzubeugen.
Wer ist in der Zeit des Internets schon noch wirklich auf sich alleingestellt, wenn es um die eigene Sexualität geht?
Bezüglich der Nachahmung sehe ich momentan keine klare Position. Mir kommt immer wieder der Gedanke, an die Debatte von vor ein paar Jahren, bezüglich der "Killerspiele", die sich aber irgendwann eher als Luftnummer herausgestellt hatte. Und eben der Verweis auf die sozialen Faktoren, die Nachahmungslüste momentan aus meiner Sicht begünstigen.
Das Risiko mag zwar da sein, aber ich denke es wird überschätzt.
Schlusswort:
Die heute zügige Verbreitungsmöglichkeit von Pornografie ist neu. Die gesellschaftliche Kontroverse nicht.
Die potentiellen Gefahren dürfen nicht übersehen werden, aber man muss sie auch ins Gesamtbild einfügen und dadurch nicht sofort überbewerten.
Das Netz ermöglicht zwar, grenzwertiges Materiall schnell an den Mann zu bringen, aber dadurch wissen wir zugleich auch ganz genau, womit wir es zu tun haben. Eine Situation, die in Erinnerung an diverse Verschwörungstheorien, offenbar bei weitem nicht immer in dieser Form gegeben ist.
Trotz oder durch diese Offenlegung, haben wir aber auch Mittel und Wege gefunden, gleichzeitig über klassische Probleme der Sexualität zu sprechen und einen Grad der sexuellen Aufklärung erreicht, der sich sehen lassen kann.
Pornografie wird wohl immer die hässliche, kleine Schwester der Erotik und Romantik bleiben, aber offenbar braucht sie trotzdem einen festen Platz bei den Menschen, damit sie eben nicht jederzeit irgendwelchen Blödsinn anstellen kann. Den richtigen Platz suchen wir wohl momentan, aber ich bin guter Dinge, dass wir ihn irgendwann auch finden werden.