Falscher Körper oder falsches Geschlecht...seid ihr Transsexuell?
14.02.2017 um 21:32
Herrje, 2012 habe ich diese Umfrage erstellt, da ist viel passiert in dieser Zeit, damals war ich 17 und noch sehr auf der Suche. Heute würde ich auch die Frage und Antwortmöglichkeiten anders formulieren, nicht mehr dieses "Als Mann geboren" verwenden, das spiegelt etwas die transphobe und transmisogyne Haltung der womyn born womyn Politik vieler Altfeministinnen wieder, allen voran Mary Daily und Janice Raymon (die Daily hat aber abgesehen ihrer transphoben Ausfälle auch noch einige sehr gescheite Gedanken zu Papier gebracht). Heute denke ich postrukturalistischer und bin genauso als Frau geborene wie jede andere Frau* auch (aber eben mit einem Körper, der im wesentlichen einem Phänotyp entspricht, der überwiegend dem männlichen zugeschrieben wird) und werde durch die Angleichungen einer Transition nicht mehr oder weniger Frau. Ich bin so viel Frau wie ich mich fühle.
Auf der Suche bin ich aber immer noch. Und ich glaube ich werde nie ganz unparadox und glücklich im Bezug auf mein Geschlecht leben können - egal wie gut angeglichen was vielleicht auch daran liegen kann, daß ich Verhaltensmuster und Idenitätskomplexe habe, die auf eine (eher leichte) Borderline-Persönlichkeit schließen lassen könnten. Eigentlich ein (einigermaßen sicheres) Ausschlußkriterium für eine Transdiagnose. Aber man hat ja seine Tricks um doch behandelt zu werden, zudem habe ich einen Arzt gefunden der wesentlich leichter Hormone verschreibt als es meistens der Fall ist.
Ich weiß nicht, ob es mir durch die Transition (erstmal nur Hormone aber weitere Schritte sind nicht ausgeschlossen) besser geht. Es ist keine Suche nach meinem Seelenheil, es ist stets eine Suche nach dem kleineren Leid. Ich gönne es von Herzen allen Menschen, die durch ihre Transition ihr Glück gefunden haben und freue mich sehr für sie. Für viele Transmenschen löst die Transition die meisten Probleme..für manche nicht, und dazu werde wohl auch ich gehören. Ich überlege ständig, ob ich die Hormontherapie abbreche, eigentlich seit dem ersten Tag. Noch ist es nicht zu spät dafür und viele raten mir dazu. Mit Hormonen ist es schwierig, aber ohne geht es irgendwie auch nicht. Ich habe generell ein Problem mit sekundären Geschlechtsmerkmalen an mir, sowohl mit männlichen als auch weiblichen.. Hauptgrund, warum ich mit der Hormontherapie angefangen habe, war die extreme Angst davor, daß ich im weiteren Vermännlichungsprozeß, der noch zwischen 20 und 25 Jahren stattfindet, alle meine Androgynität verliere, die immer etwas war, was ich an mir mochte. Plump gesagt stehe ich vor der Entscheidung lieber Haare auf der Brust oder Brüste...als ein Beispiel von vielen. Brüste kann man zeitweise abbinden, Körperbehaarung kann man rasieren. Beides ist nervig, aber mit den Brüsten komme ich insgesamt besser klar (und ich habe auch nur ganz selten das Bedürfnis sie abzubinden). Vielleicht hätte ich nie mit der Hormontherapie anfangen sollen, aber ich traue mich jetzt nicht mehr aufzuhören, weil ich Angst vor dem männlichen "Roleback" habe; etwas mehr Angst als vor dem, was noch an Verweiblichung kommt. Also werde ich es wahrscheinlich durchziehen. Ich habe erkannt, daß mich am meisten das Verändern stört, mich unwohl fühlen läßt, sowohl bei meiner ersten "männlichen" Pubertät, als auch bei meiner zweiten weiblichen Pubertät war bzw. ist das so. Somit habe ich die Hoffnung, daß ich in 2 Jahren, wenn ich "aus dem gröbsten raus" bin mich an den neuen Zustand gewöhnt habe.
Ein Problem an psychologischen/psychiatrischen Diagnosen allgemein, aber bei Transsexualität im besonderen, ist, daß es ein Schema gibt, für Transsexualität sieht das in etwa so aus: Transsexualität, mit allen Konsequenzen, wer sich ohne Hormone einigermaßen wohl fühlt aber trotzdem dauerhaft im anderen Geschlecht leben will ist schon nicht ganz koscher, 2. Transvestitismus, welcher sich in wenig oder gar keiner körperlichen Unzufriedenheit äußert, das zugewiesene Geschlecht wird nur zeitweise abgelehnt...und alle anderen sind im Bezug auf Transsexualität "gesund".
Menschen wie mich, die "nur ein bißchen Trans" sind, also deren Dysphorie im Bezug auf den eigenen Körper nicht so extrem ist wie wohl bei den meisten Transmenschen, die aber vor allem sozial ganz als Frau anerkannt werden wollen und oft durch dauernde Nichtanderkennung bis hin zur Suizidalität leiden, sollte es eigentlich garnicht geben. Dementsprechend gibt es auch wenig Therapieansätze solchen Menschen zu helfen. Ich bin einfach zu atypisch und wohl im engeren pathologischen Sinne Transsexuell. Doch ich lebe nunmal als Frau und fühle mich als so eine, schon seit vielen Jahren und wieder "als Mann" leben zu müssen, daß wäre, trotzdem ich weniger diskriminiert würde und als CCismann bessere äußere Umstände hätte, für mich der absolute Supergau und kein lebenswertes Leben mehr. Aber mir mein "Frausein" mit Schizophrenie oder Borderline zu erklären und dann austherapieren zu wollen, nein auf keinen Fall! Ich bin Frau, meistens, manchmal was dazwischen, aber auf jedenfall bin ich Nicht-Mann und jeder der mich deswegen für krank erklärt (eine Pathologisierung über die oft stigmatisierende Transdiagnose hinaus) soll sich trollen.
Ich werde meinen Weg gehen. Aber es wird immer hart bleiben, ich sehe keine Perspektive die mein Leben substantiell verbessern kann, Vielleicht werde ich irgendwann in einigen Jahren, wenn ich doch genug habe, den Freitod wählen (das ist keine Suizidankündigung! Nur eine Option die ich mir stets offen halten werde) vielleicht werde ich doch noch mein Glück finden. Phasenweise erlebe ich dieses Glück...und vielleicht bin ich ja doch fürs Leben gemacht...
Tschuldigt, ich mußte mir das gerade einfach von der Seele schreiben...