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Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

45 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Humor, Political Correctness, Cancel Culture ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

22.08.2023 um 23:41
Zitat von DoorsDoors schrieb:Wenn in Enid Blytons Büchern im Laufe der Jahrzehnte "Er zog das Grammophon auf" über "Er legte eine Cassette ein" zu "Er stöpselte den MP3-Player ein" verändert wurde, nicht mehr die Kutsche vorfuhr, sondern das Automobil oder der Familien-Van, wenn nicht mehr das Fräulein vom Amt angewählt wurde, sondern das Handy klingelt, dann ist das eine Anpassung an veränderte Lebensumstände und veränderten Sprachgebrauch. Schliesslich will man die Bücher ja auch heute noch verkaufen.
Und wodurch sollen die Kinder lernen, dass es nicht immer Cassetten oder MP3-Player gab, sondern auch mal Grammophons?
Oder Kutschen? Wieso muss alles an heutige Verhältnisse angepasst werden, wenn die Autor/innen nun mal unter den Umständen/Bedingungen ihrer Zeit schrieben? Nimmt eine Kinderseele Schaden, wenn sie erfährt, dass es nicht immer Familien-Vans oder keine Fräuleins vom Amt gab?

Wir sollten schleunigst alle Museen schließen, da hängt oder liegt schließlich überall was rum, was heute nicht mehr unbedingt politisch korrekt ist.


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Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

22.08.2023 um 23:47
Zitat von DoorsDoors schrieb:Auch wenn dann über die böse Humorpolizei gezetert wird.
Du wiederholst dich.

Und verstehe immer noch nicht, was du zum Thema beitragen willst. Selbst zugestanden, dass die von dir gebrachten Beispiele noch auf dem Humor-Spektrum lägen, wären hier noch das Spektrum und die Grauzonen (zw. Derbheit und Subversion) bzw. die Übergänge (zur reinen Häme) weiter zu reflektieren.

Ansonsten ... also entweder ist die Humorpolizei gut oder es gibt sie nicht. So etwa von dir dann. Ok dann.

Es gibt sie aber.

Dazu noch ein längerer Artikel von Imre Grimm.

Ich zitiere mal nur den Anfang
Konstantin Kisin ist ein britisch-russischer Komiker. Unicef buchte ihn mal für einen Auftritt bei einer Wohltätigkeitsgala in London. Vor seiner Show sollte Kisin ein Papier unterzeichnen. In dieser „Verhaltensvereinbarung“ hieß es: „Durch die Unterzeichnung stimmen Sie unserer Nulltoleranzpolitik in Bezug auf Rassismus, Sexismus, Klassismus, Altersdiskriminierung, Ableismus, Homophobie, Biphobie, Transphobie, Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie oder Antireligion und Antiatheismus zu.“

Kisin unterschrieb nicht. Er sagte ab. Nicht, weil er ein leidenschaftlicher Rassist oder Sexist wäre. Sondern weil er um die Freiheit der Kunst fürchtete. „Ich bin in der Sowjetunion aufgewachsen“, sagte er. „Und dieses Schreiben wäre genau die Art von Brief, den ein Komiker dort erhalten hätte.“
Und zwei weitere Passagen
Selbst böser Humor kann heilende Kraft entwickeln. In der Historie gebaren schwierige Zeiten stets die besten Witze. Heutzutage herrscht statt Witz vor allem passiv-aggressive Betroffenheit, zu besichtigen auf Poetry-Slam-Festivals, in ichbezogenen Blogs oder bei Böhmermann. Hat die Generation Woke ein Humorproblem? Sicher ist: Sie hat mit bestimmten Lebensformen des Humors ein Problem. Das jedoch ist, Verzeihung, ihr Problem, nicht das des Humors. Es ist in liberalen Gesellschaften unzulässig, persönlichen Geschmack zum Maßstab dessen zu erheben, was Satire darf und was nicht. Und sei die Absicht auch noch so hehr.
Und zu John Cleese
Gut, könnte man sagen: Die alten weißen Männer heulen einfach dem Privileg hinterher, sich keine Gedanken machen zu müssen. Sie stolpern aus der Zeit, weil niemand mehr lacht über ihre schlecht gealterten Witze aus dem Holozän des Humors. Doch Cleeses‘ Klage lässt sich nicht einfach als Gejammer eines Dinosauriers abtun. Es ist die ehrliche Sorge um die Unterordnung der gesamten öffentlichen Debatte unter ein einziges Diktat: das nämlich des politisch Korrekten. Im „Politically Correct Comedy Club“ in Wien etwa überarbeiten die auftretenden Komiker ihr Programm bereits jetzt vorab mit einer „Sensitivity Readerin“ auf potenzielle Diskriminierungen. So soll zum Beispiel das Wort „crazy“ nicht verwendet werden, weil es psychische Gesundheit verharmlose. Aber – und das sage ich als Betroffener – es bringt die Welt nicht nachhaltig voran, wenn alle immer bloß beleidigt sind. Lieber sollte mancher Comedian sein Programm mal von einem Witzprofi prüfen lassen.
Quelle: https://www.rnd.de/kultur/zum-1-april-worueber-darf-man-lachen-ueber-humor-in-woken-zeiten-VF6TF2TUNRHATGLRWX4ICHR5DE.html

Ricky Gervais kommt auch vor, grandios der Mann :)

Und sein Satz
„Nur weil du dich beleidigt fühlst, heißt das noch nicht, dass du recht hast.“
Und Imre Grimm zum Thema ist lesenswert.


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Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

23.08.2023 um 09:31
Sie haben recht, denke ich.

Humor löst die inneren Anspannungen häufig schon im Ansatz auf, und verhilft Menschen dadurch zu mehr Resilienz. Gerade wenn man über sich selbst, seine eigenen Gebrechen, seine Problmeme und Nöte immer noch lachen kann, ist man für den wahren Ernst des Lebens besser gewappnet, oder?

Lacht man nicht mehr über sich, sondern ärgert sich nur noch über jeden noch so kleinen Witz, den man in seiner vermutlich tendenziell narzisstischen Selbstwahrnehmung als persönlichen Angriff deutet, ist man doch innerlich nur noch so verhärtet, starr vor Wut, Angst und sonstigen negativen Gefühlen, dass man in dem Moment kaum noch lebenbsfäig ist, glaube ich.

Daher ist dieses "Lachverbot" hier aus meiner Sicht abzulehnen.


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Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

23.08.2023 um 18:43
Zitat von FellatixFellatix schrieb:Selbst zugestanden, dass die von dir gebrachten Beispiele noch auf dem Humor-Spektrum lägen, wären hier noch das Spektrum und die Grauzonen (zw. Derbheit und Subversion) bzw. die Übergänge (zur reinen Häme) weiter zu reflektieren.
Wer will denn "Humor" definieren? Eine Humor-Definitionsbehörde? Ich denke, es bleibt den KonsumentInnen überlassen, was sie als Humor akzeptieren - und was nicht.

Wenn Veranstalter in einem Vertrag mit Comedians regeln, welche Art von Humor sie im Vortrag akzeptieren und welche nicht, dann ist das Sache des Veranstalters. Das ist wie bei der Dorfmusik: Wer bezahlt, bestimmt, was gespielt wird. Es ist ja kein Vertragspartner gezwungen, einen Vetrag abzuschliessen, dessen Konditionen einem nicht gefallen.

Mit der "Freiheit der Kunst" ist das nun mal so eine Sache. Erinnert sei an den Streit bei der letzten Documenta um angebliche oder tatsächliche antisemitische Inhalte von dort ausgestellter Kunst. Das ist ja auch gut und richtig so, Kunst soll Debatten provozieren, und diese sollten auch in aller Schärfe geführt werden.


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Political Correctness und Humor - Haben John Cleese und ...?

23.08.2023 um 18:47
Zitat von AndanteAndante schrieb:Und wodurch sollen die Kinder lernen, dass es nicht immer Cassetten oder MP3-Player gab, sondern auch mal Grammophons?
Grammophone. :D

Nun, ein Verlag lebt davon, dass er seine Bücher verkauft. Haben die dort Verantwortlichen das Gefühl, Titel würden nicht mehr laufen, weil sie den potenziellen LeserInnen bzw. KäuferInnen nicht gefallen, dann gibt es zwei Möglichkeiten:

Aktualisierung oder Rauswurf aus dem Programm.

Das gilt für Belletristik übrigens ebenso wie für Sach- und Fachbücher. Was veraltet ist oder vom Lektorat bzw. den Programmverantwortlichen so eingeschätzt wird, wird entweder aktualisiert oder verschwindet. Es würde ja heute auch niemand mehr einen Brockhaus von 1936 kaufen oder ein Benimmbuch von 1955.

Gerade der Kinder- und Jugendbuchmarkt ist in Zeiten rückläufiger LeserInnen-Zahlen ein sehr umkämpfter. Da zählt nur die Verkaufszahl.


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