"Alle Mächte rund um den Globus haben sich zur Verteidigung dieser Herrschaft verbündet: Der Papst und die Weltbank, Tony Blair und Jörg Haider, Gewerkschaften und Unternehmer, deutsche Ökologen und französische Sozialisten. Sie alle kennen nur eine Parole: Arbeit, Arbeit, Arbeit!"
https://www.exit-online.org/textanz1.php?tabelle=schwerpunkte&index=8&posnr=1&backtext1=text1.phpEs ist nicht erstaunlich, daß sich das deutsche System aus dem Faktor Arbeit finanziert. Das Sozialsystem ist rund um das Thema Arbeit aufgebaut. Eine letzte Ausgestaltung dieses Systems wurde mit der Einführung von Hartz IV gefeilt. Hartz IV wurde vor allem für diejenigen eingeführt, die IM Job sind, nicht für die Betroffenen. Deshalb ist Arbeit an sich nicht nur eine individuelle Selbstwahrnehmung, sondern vor allem eine kollektive Fremdwahrnehmung.
Die Heiligkeit der Arbeit rührt daher nicht aus dem Umstand, daß Arbeit an sich tiefe Befriedigung für einen selber bedeuten kann, sondern vor allem aus der Einordnung der Bedeutung eines Individuums innerhalb eines Kollektivs. Die Beziehungen des Individuums zum Kollektiv und umgekehrt haben also eine Qualität von Heiligkeit, da sich daraus menschliche Bedürfnisse wie Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit ableiten. Daß die Beziehungen von Spannungen zwischen Individuum und Kollektiv begleitet werden, ändert nichts daran, daß diese menschlichen Bedürfnisse Urbedürfnisse sind. Damit sind sie heilig. Sie dienen dem Zweck, das Individuum in das Kollektiv einzuordnen, so daß in der Umkehr der Sichtweise das Individuum Geborgenheit erfährt.
Arbeit ist somit Mittel zum Zweck und dient als Kitt der Beziehungen zwischen Individuum und Kollektiv.
Deswegen hält man ja auch an "Arbeit" so verbissen fest. Und zwar über die Deutungshoheit, was Arbeit an sich eigentlich ist. Diese Deutungshoheit integriert persönliche Präferenzen hinsichtlich Arbeit, solange Arbeit als Kitt der Beziehungen zwischen Individuum und Kollektiv funktioniert.
Wenn die IG Metall jetzt darauf verzichtet, Lohnforderungen zu stellen, dann bedeutet das nichts anderes, als daß sie selbst die Arbeit an sich für bedroht hält. Die IG Metall stellt sich darauf ein, daß Arbeit an sich zur Variable wird, die immer wieder mit neuen Inhalten gefüllt werden wird. Sie will verhindern, daß diese Variable mit einem Nuller-Inhalt gleichzusetzen ist. Im Zuge dieser Bemühungen geht es darum, Strukturen herzustellen, die gewährleisten, daß diese Variable immer einen Wert >0 hat. Deshalb die Bereitschaft auf Lohnerhöhungen zu verzichten.
Und die Panik vor Hartz IV sitzt als Peitsche im Nacken eines durchschnittlichen Menschen.
"Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!" (Gruppe Krisis)
https://www.exit-online.org/textanz1.php?tabelle=schwerpunkte&index=8&posnr=1&backtext1=text1.phpDaran kann man erkennen, daß zwar Arbeit tief befriedigen kann, wie auch Skattone meint: "Eine persönliche Leistung, in die man viel Mühe und ausdauer steckt, kann mehr wert sein als Geld." Was nützt dies aber, wenn Angst das Gefühl der tiefen Befriedigung auffrist.
Es bleibt der schale Geschmack von Angst hängen. Weil sich das Kollektiv bedroht sieht - systemisch. Sonst wäre es ja nicht mit der Peitsche unterwegs. Die zunehmende Verklebung der Faszien im Schulter-Nacken-Bereich sind der beste Beweis.