@wolf359 wolf359 schrieb:Ich glaube eher, das ein interstellarer Raumflug am ehesten durch eine globale Gemeinschaft initiert werden wird, auch wenn es noch einzelne "Nationen" geben kann, so werden alle in diesen gemeinschaftlichen Prozess eingebunden werden.
Eben das bezweifle ich. Wenn man wartet, bis man alle Nationen mit im Boot hat, wird es nie einen Interstellaren Raumflug geben. Denn einige werden immer außen vor bleiben, selbst wenn man allen erlaubt mit zu machen.
Ich bin mir ziemlich sicher das ein ganzer Haufen Nationen nicht mitmachen würde, und zwar mit einer der folgenden (oder ähnlichen) Argumentation, bzw. Kombination dieser Argumente:
-"Wir sollten erstmal die Probleme hier lösen. Schließlich hat selbst hier auf der Erde noch nicht jeder Mensch einen Computer/Sportwagen/Villa mit Vorgarten/Hochseeyacht/Privathubschrauber/ etc..." Irgendwelche Probleme gibt es immer, und es wird auch immer auch Regierungen geben, die die Lösung dieser "Pseudo-Probleme" für wichtiger als einen Interstellaren Raumflug halten.
-"Wieso sollten wir das jetzt machen? In 50 Jahren gibt es doch Technologie x, wenn wir so lange warten wird es doch viel besser sein!" Die Technologie wird immer besser, daher wird diese "herauszögerungs-Strategie" auch immer weiter funktionieren.
-"Wieso sollen wir Stern x erforschen? Wir halten Stern z für interessanter. Der ist zwar weiter weg, aber in 50 Jahren schaffen wir das in der selben Zeit." Es gibt immer einen noch interessanteren Stern, der auch immer etwas weiter weg ist.
-"Wir sollten erst das Haushaltsdefizit beseitigen ehe wir Geld in so ein Hirngespinnst wie interstellare Raumfahrt stecken" Der Staat kann von Natur aus keinen Gewinn machen, da er per Definition Aufgaben übernimmt, die sich wirtschaftlich nicht rentieren. Daher werden Nationen auch immer ein Haushaltsdefizit haben.
Und selbst wenn du es irgendwie schaffst, alle Nationen unter ein Dach zu pressen, wird das nicht lange gut gehen, da es zwischen den Einzelnationen immer Meinungsverschiedenheiten gibt, sowas in der Art wie:
-"Wie, ihr wollt Bauteil x nehmen? Das stammt doch von Land z, nehmt lieber bauteil y, das stammt aus unseren Land, und unsere Industrie braucht den Auftrag viel dringender!" Und Land z sagt natürlich dasselbe.
Zusammenfassend: Wenn du den Bau eines interstellar-Schiffes als internationales Projekt aufziehen möchtest, und wirklich alle Nationen daran Teilnehmen müssen, wird der Bau nie begonnen. Wenn von Veginn des Versuches ein Mensch allene täglich 10 Minuten an seinem eigenen Interstellarschiff bastelt, ist der Mensch mit Sicherheit fertig, bevor sich die Nationen auch nur auf den Namen des Schiffes geeinigt haben. Es gibt eben immer jemanden, der aus der Reihe tanzt.
Daher denke ich, das der Bau eines interstellaren Fahrzeugs eher so ablaufen wird, wie bei der ISS. Alle Nationen, die einen Signifikanten Beitrag leisten können und wollen, und sich zumindenst über ein paar Dinge einig sind, setzten sich zusammen und tun es. Die Aufnahme von Nationen, die praktisch keinen Beitrag leisten können, und deren Meinung über das Ziel des Projekts eine völlig andere ist, würde das ganze nur aufhalten. Dieses Land wäre wirklich ein "Klotz am Bein".
wolf359 schrieb:Dabei ist zu bedenken, das es nicht um ein Verbot irgendeiner Sprache geht, sondern das von Anfang an eine Sprache aufgrund der globalen Zusammenarbeit in den neuen Siedlungsräumen als allgemeingültig angesehen wird. Das "baskische Beispiel" unter Franko
ist hier nicht gültig...
Sinngemäß ist es doch das gleiche, du versuchst mit der Brechstange die natürliche Entwicklung der Sprache aufzuhalten. Und ich sage dir schonmal was passieren wird: Es wird nicht funktionieren. Du verbannst die natürliche Entwicklung lediglich in den privaten Bereich. Erst wird unter den Jugendlichen ein Dialekt, die "Jugendsprache" eben gesprochen (in der Schule werden die natürlich die Zwangs-standardsprache benutzen), später werden diese Jugendlichen zu Erwachsenen, wobei sie einen Teil ihrer Jugendsprache (natürlich nicht alles) mitnehmen. Und die Sprache die diese Erwachsenen dann sprechen ist die neue Umgangssprache die sich noch nicht allzuweit von der Zwangs-Standardsprache entfernt hat. Doch wenn die nächste Generation erwachsen ist (und in der Schule ebenfalls Zwanghaft die, für sie fremde Zwangs-Standardsprache sprechen musste) wird sie ebenfalls einen Teil ihrer Jugendsprache in die Umgangssprache übernommen haben. Und so geht es Generationen weiter, die Umgangssprache und die Zwangs-Standardsprache entfernen sich immer weiter, bis sie so viel miteinander zu tun haben, wie Latain mit dem modernen Italienisch. Der Unterricht, in den sie die Standardsprache lernen sollen, wird für diese Menschen dann kein Unterricht in ihrer eigenen Sprache sein, sondern in einer toten, veralteten Sprache, die man zwar lernt, aber im Alltag nicht braucht. Dies führt dazu, das die Regierungsverordnungen, die ja in der Zwangsstandardsprache geschrieben sind, für das normale Volk unverständlich werden. Und irgendwann (eher früher als später) kommt die Forderung auf, sich
Volksnäher auszudrücken. Und schon ist es dahin mit der wunderbaren Einheitssprache.
Ich habe auch ein Beispiel dafür: Großbritanien. Jahrelang, ja selbst heute nochveruscht man die Dialektbildung einzugrenzen, indem man in den Schulen Dialekte als Fehler anstreicht, in der BBC kommen keine Dialekte vor und Regierungsformulare können nur mit Standardsprache ausgefüllt werden. Aber geholfen hat es alles nichts, im GB-Englisch haben sich Dialekte ausgebildet. Erst waren sie verpönnt, aber als sie mehr und mehr üblich wurden, musste man eines akzepiteren: Sprache ist etwas lebendiges, etwas, das stetig im Fluss ist und sich nicht einbetonieren und festnageln lässt.
Da du davon überzeugt bist, das die Menschheit bei ihrer interstellaren Verbreitung auf eine Einheitliche Sprache achten werden, bringe ich ein weiteres Gegenbeispiel vor: Die reale Verbreitung des Homo-Sapiens von Afrika aus. Modernen genetischen UIntersuchungen zufolge, ist es tatsächlich so, das fast alle Nicht-Afrikaner von nur ein paar hundert Auswanderern abstammen, die mehr oder weniger in einem Zug den Kontinennt verlassen haben. Wieso haben diese nicht auch mit der "Brechstange" den kulturellen Zusammenhalt erzwungen? Weil es nicht ging? Nein. Die Zwangsstandardisierung ist nicht an Technologie gebunden. Dabei wäre es ziemlich nützlich gewesen: wen sie es getan hättren, könnten heute Russen, Amerikaner, Italiener und Asiaten miteinander reden, ohne das irgendwer eine andere Sprache erlernen müsste. Also warum haben sie es nicht getan? Weil sie es nicht konnten? Nein. Der Grund ist, das es nun mal zu Anfang unsinnig erscheint.
Und so wird es auch bei interstellaerer Verbreitung sein. Keiner der, den Kolonisten nachfolgen den Gernerationen, wird einen Sinn in der Zwangs-Standardisierung von Kultur und Sprache sehen, einfach deshalb, weil der bloße Gedanke an interstellaren Handel für diese absolut utopisch erscheinen wird. Hat doch das erste Schiff eine Generation gebraucht, um einen anderen Stern zu erreichen. wie soll sich da ein interstellaerer Handel entwickeln? Und so wird es bleiben, bis die Raumfahrt relativistisch wird. Aber bis dahin vergehen Jahrhunderte, und ich bin mir absolut sicher, das bis dahin das Verbot der lebendigen Sprache gekippt wird.