Geschichten und Erzählungen
17.01.2009 um 17:04Nachdem hier schon Threads für eine Sammlung von Musik, von Bildern, von Videos und sogar von Witzen entstanden, will ich ein neues Gebiet erschließen, nämlich, man mag es an der Überschrift erkennen, der Erzählungen und Geschichten. Ganz gleich ob sie zitiert werden oder aus eurer Feder stammen, ob sie kurz oder lang sind, es sei unser Anliegen, sie hier zusammenzutragen, auf dass sie bewegen und berühren, unterhalten und anregen.
Der Thread ist eröffnet:
„Die Versammlung wurde einberufen, man erwartet euch, begehrt euer Wort, erbittet eure Weisung, um auf dem rechten Weg zum Ziel zu gelangen“, sagte Maharbal in verlässlichem, freundlichem Ton zu seinem General, der seinen Blick über die Berge schweifen ließ und ehrfürchtig die schneebedeckten Wipfel betrachtete. Er drehte sich zu seinem Reiterführer um und nickte ihm mit fester Miene, die von Entschlossenheit zeugte, zu: „Dann soll es beginnen.“ Gemeinsam schritten sie von der Anhöhe zum unweit entfernten Heereslager, wo Hannibal, oberster Befehlshaber der Armee, einen großen Stein erklomm, um für alle sichtbar zu sein. Von dort aus schaute er auf die tausenden Gesichter, die ihn umgaben, schaute auf Bewohner Qart Hadashts, , auf Lybier, Numider, auf Lybiphöniken, Gätulier, Garamanten, Iberer, auf Kämpfer von den Inseln der Schleuderer, Sardonier, Mauretanier, auf Thraker, Helenen, Kreter, auf Ligurier, Gallier und Allobroger. Sie alle waren von nah und von fern gekommen, um an jenem Zug teilzuhaben, gegen die kaltherzigen Herrscher in der Metropole am Tiber, um die Befreiung zu bewirken wie die Sardonier und die italienischen Kelten oder um die Hand zu zerschmettern, die ihnen Fesseln der Knechtschaft anzulegen suchte. Er hatte die Fahne des Widerstands geschwenkt, ein Feuer der Begeisterung entfacht und die Menschen so unterschiedlicher Herkunft, so vieler Länder unter einem Banner geeint und sich zusammen mit ihnen gegen die Unterdrückung aufgelehnt. Nun trat er vor, empfing den Gruß und den Jubel der Scharen seiner Gefährten und sprach zu ihnen mit mächtiger Stimme: „Teure Brüder, nun ist der Tag herangerückt, an dem wir unser Schwert erheben gegen die Feinde, deren Gier nach der Krone über den Weltkreis uns hierhertrieb. Hätten Sie sich nicht angeschickt, uns in ihre Sklaven zu wandeln, uns ihrem Diktat zu unterstellen und sich ihren Befehlen zu fügen, wären wir nicht ausgezogen, um unsere Rechte und unsere Freiheit zu verteidigen und zu behaupten. Doch Tyche hat unser Schicksal so gestrickt, wie wir es heute wahrnehmen, und es wäre fatal, Tränen in den Brunnen der Vergangenheit zu vergießen und womöglich noch hineinzufallen und zu ertrinken. Stattdessen wollen wir uns der Zukunft zuwenden, wollen verstehen, was uns bevorsteht, wollen die Schlacht siegreich schlagen, der wir entgegen wandern. Doch zuvor gilt es, die größte Herausforderung zu bewältigen, die uns je leuchtete und deren bloßer Anblick uns zum Staunen anregt. Hinter mir türmen sie sich auf, die Wälle des Gebirges, die massiven Mauern, deren Wehr vom eisigen Wind und der Kälte gestärkt wird. Erbitterte Kämpfe erwarten uns mit ihren Hütern, Märsche durch Schnee und Frost; Entbehrungen werden von uns gefordert, Mut und Tapferkeit, Kühnheit und Besonnenheit sollen als unsere Tugenden glänzen. Und obgleich der Weg kaum passierbar scheint und uns unsere ganze Kraft abverlangt, so bin ich zuversichtlich, dass wir nicht an dieser Hürde scheitern, dass wir nicht daran verzagen und umso bereitwilliger und gestärkter unseren Kurs fortsetzen. Es mag uns die Gefahr blühen und die Bedrohung auflauern, doch wir werden scharfen Auges die Fallen erkennen, werden den Gewalten trotzen, werden weder vor den Tücken der Natur noch den Horden der Gegner flüchten, sondern sie geschickt überwinden. Furchtlos werden wir zusammen stehen, Seite an Seite unsere Aufgabe bewältigen, weder zögern noch zweifeln, den Triumph zu erringen, um mit der frohen Botschaft in unsere Heimat zurückzukehren. Wir sind die Söhne jenes Gottes, den die Griechen Phaeton nennen, wir sind die Lenker von Helios Wagen und werden keinen Versuch unternehmen, seine Order, das Licht nach Italien zurückzubringen und die Nacht zu beenden, nicht ablehnen. Es seien uns Flügel verliehen, auf dass wir die Fackel der strahlenden Hoffnung geschwind über die Felder jener Bauern schickt, die Rom als seine Bündnisgenossen ausbeutet und ihnen die Finsternis beschert. Keine Not soll mehr gelitten und kein Leid mehr geschehen, denn so wie einst die Dunkelheit hereinbrach, die noch jetzt währt, bringen wir die Helligkeit eines blühenden Tages wieder und vertreiben die Wolken , die überall von der Trebia über Etrurien und Kampanien bis an den Golf von Tarentum die Orte überdeckten. Den reichen Tyrannen Roms wird der Panzer ihrer Legionen nicht lange nützen, wenn wir ihn mit unseren Elefanten zerschmettern, und auch sie werden es nicht vermocht haben, uns aufzuhalten und ihre Regentschaft fortzuführen. Eine Epoche der Gerechtigkeit, der Ruhe, des Wohlstands und der Menschlichkeit sehne ich herbei, erlangt durch unser Streben – durch unser Blut. Rücksichtslos drängte man uns zu schrecklichen Taten, Gefechte sind unvermeidlich, in des Krieges Lauf sind wir eingetaucht, doch eines möchte ich euch versichern, meine Freunde, als Herolde des goldenen Friedens reiten wir zurück."
Das © Copyright für den obigen Text liegt bei mir.