Nemon schrieb:Ab welchem Punkt kann noch von einer Weiterentwicklung die Rede sein?
Wie steht es mit heutigen Jägern und Sammlern, die leben wie unsere Vorfahren? Seit ihre Kultur - in situ - funktioniert, was entwickelt sich da weiter, sofern es nicht durch die Änderung externer Einflüsse bedingt ist (und ist es dann eine echte Weiterentwicklung, z. B. Plastik-Eimer zu nutzen)?
Ich habe ihn - also Tomasello - in dem Radiobeitrag so verstanden, dass er die langfristige Weiterentwicklung der Werkzeuge/Technik in den Fokus der Bedingung von "Kulturwesen" rückt und halte diesen Punkt insofern für unterschreibungsfähig, als dass dieses menschliche Merkmal der fortschreitenden Spezialisierung jener Werkzeuge/Technik in dieser Form tatsächlich ein singuläres, nur beim Menschen vorhandenes Ereignis darstellt. Die Kultur (sofern nicht durch Assimilierung ausgelöscht) entwickelt sich fortwährend.
Nemon schrieb:Und selbst dort - sind es einfach nur Optimierungen bereits erzielter Errungenschaften oder echte Weiterentwicklungen, dem Wesen nach neu?
Nicht unbedingt neu - zumindest deutete ich es nicht so - aber wie du schon schreibst optimiert.
Demzufolge als prozess- und zielorientierte Didaktik einer Population n, um diese Errungenschaften vorranzutreiben.
Neue Interpretationen einfließen zu lassen, nicht mangels kognitiver Flexibilität auf einer Machart zu beharren.
Entwicklung also.
Nemon schrieb:Aber ist bei irgend einem anderen Wesen auf diesem Planeten auch nur ein solcher Schritt in Sicht?
In dieser von Tomasello angeführten Form und Tempo? Nein. Nicht, dass dich es wüsste.
Zumindest wurde/wird die Termiten- oder Ameisenangel immernoch in jener Form genutzt, auch wenn differente Populationen sich minmale Unterschiede in der Angeltechnik oder zB "Stippruten-Verwahrungstechnik" zurechtgelegt haben. Allerdings bilden Primaten wie Chimpansen auch keine regionalen, nationalen oder globalen Stammes- oder Volksgruppen, um derart viel kulturellen Austausch zu betreiben, um mit dem Menschen konkurrieren zu können. Ihre Soziologie bzw. Biologie schränkt sie dahingehend ein, auch wenn sie zB wie in Zoos oder Bildschirmtests beobachtet werden kann, sich durchaus menschliche Verhaltensweisen abschauen können, sofern sie dessen abstrakte Imagination - bewusst oder unbewusst nachbilden können. Demzufolge empathisch, auf das voneinander "Abgucken" sozialisiert, wenn auch nicht auf dem Niveau.
Nemon schrieb:Gesetzt, es gäbe einen genialen Mutanten-Affen, der das checkt. Wie schnell wäre dieser Funken mit seinem Ableben wieder erloschen.
Meiner Meinung nach erlÜschte diese Interpretationsfähigkeit mit jenem Mutanten-Affen selbst, da es keine Kollegen in seiner Gruppe gäbe, die diesem geistig folgen könnten. Allerdings sollten dessen Erfindungen - sofern vorher weitergegeben und nicht hochkomplex in der Bauweise - in der praktischen Anwendung genutzt und vielleicht auch rudimentär repliziert werden können.
Nemon schrieb:Auch hier müsste man genauer werden. Was heißt: "Fundamente"? Heute jedenfalls sehen wir auf diesen Fundamente keine kunstvoll gestalteten Türme mit barocken Ausschmückungen und noch einer großen Uhr drin. Eher einen Haufen Steine oder Äste hier und dort.
Es geht Boesch aus meiner Warte darum, dass dieses kulturelle Verhalten, das der Mensch zeigt nicht erst mit dem Menschen entstanden sein kann, sondern - wenn Darwin Recht hatte - sich Anleihen (als Fundament) davon in unseren Vorfahren bzw. intelligenten Lebewesen finden lassen müssen und führt dafür Studien zu Rabenkrähen und Primaten an, die nahelegen, dass diese ebenfalls eine Form von Kultur besitzen. Rudimentär aber Kultur. Sie geben Wissen didaktisch weiter und tauschen sich untereinander darüber aus (auch durch das bloße Abschauen), weil sie sich in die Gedanken des Gegenübers hineinversetzen können. Und dort setzte auch meine Argumentation an, dass die Begriffsdeutung von "Kulturwesen" ziemlich eng gefasst wird, als wäre nur
eine, nämlich die hochspezialiserte menschliche Form für diesen Begriff zulässig.
Ein Kulturwesen ist meiner Überzeugung nach
jedes Wesen, dass derartiges Verhalten zeigt.
Ausnahmslos. Ich nehme das Wort, ähm, ja beim Wort, statt zu interpretieren, zu deuteln oder es zur Differenzierung/Segregation zu nutzen, was uns Menschen von den "doofen" Tieren unterscheidet, obwohl wir selbst nur einen Teil dieses Systems darstellen und diese Höchstleistungen zweifellos besonders/singulär sind aber meiner Meinung nach nicht ausschlaggebend für den Begriff sein sollten, um keine breiten Gräben offenzulassen, die dazu führen, dass der Mensch sich daraus eine Höherwertigkeit ableitet.
Nemon schrieb:Ist das nicht auch eine Sprache? Es handelt sich bei "Sprache" um einen Oberbegriff, unter den auch die gesprochene Sprache fällt.
Damit hast du selbstverständlich Recht, mein Fehler.
Gesprochene Sprache.
Wo du davon schreibst frage ich mich gerade - woher weiß der Humboldt-Kalmar eigentlich vom anderen Kalmar welche Signalfolge semantisch für welche Instruktion/Anweisung/Emotion steht, zB sich zu zerstreuen, die Gliedmaßen zu fixieren, oder die Atemwege zu blockieren?! Da diese nur relativ kurz leben (2 Jahre über den Daumen) und es keine Schulen gibt, können wir als Menschen vllt. froh sein,
dass diese nur so kurz leben und keine Kindererziehung betreiben. Wer so schnell intiuitiv vom Lichtmuster des Gegenübers lernt (also die Empathie besitzt) und diese mittels Selbstwahrnehmung abgleichen kann (Reflektion), der sollte wie alle Kopffüßer lieber im Wasser und ohne Elternteile bleiben, sonst bauten diese noch eine Basis auf dem Mond Europa - vor uns Menschen
:troll: