Sind wir nur ein Zoo, und Außerirdische nur Beobachter?
10.03.2015 um 18:39
Aber selbst Florians Erklärung ist nicht unumstößliche "Wahrheit". Sonnensystem definiert als Bereich der gravitativen Vorherrschaft der Sonne bringt arge Probleme mit sich. Klar, Alpha centauri ist gut 4 Lichtjahre von uns entfernt, übern Daumen gepeilt geht unser Sonnensystem also gut 2 Lichtjahre weit. Aber nur in die direkte Richtung nach Alpha centauri. Schauen wir ein wenig an Alpha centauri vorbei, reicht der gravitative Einflußbereich schon ein Stück weiter - der von Alpha centauri übrigens auch. Je weiter wir die Blickrichtung von Alpha centauri wegbewegen, desto größer wird unser Sonnensystem dieser Definition. Und wenn wir in die Gegenrichtung schauen, welcher Stern ist dort der uns am nächsten stehende? Bis wohin reicht dort unser Sonnensystem? Laß in eine Richtung den nächsten Stern 6 Lichtjahre weit weg sein, dann reichte unser Sonnensystem (bei gleicher Sternenmasse) drei Lichtjahre weit.
Aber: Dominiert die Gravitation unseres Sterns tatsächlich die Objekte dieses Raumes? Was passiert denn bittschön mit nem Klumpen in sagenwirmal 2,9 Lichtjahren Entfernung? Der müßte sich also um unsere Sonne bewegen. Hmmm, irgendwann isser aber auf der anderen Seite - und dann? Dann isser im Einflußbereich von Alpha centauri und verläßt seinen Orbit um die Sonne, um künftig Alpha centauri zu umkreisen. Kann man da sagen, dieses Objekt wäre ein Objekt unseres Sonnensystems? Nö, das war es mal für ne kurze Weile (hergekommen muß es von wo anders sein, denn sonst wäre es schon früher dicht an Alpha centauri gewesen). Obwohl es hin zu jenem anderen, entfernteren Stern, zwar einen Bereich dominierender solarer Gravitation gibt, kann man nicht sagen, daß dort befindliche Objekte Teil unseres Sonnensystems sind. Das ist ausgeschlossen (außer für Objekte starker elliptischer Bahnen, wobei sich deren Umlaufbahn dann auch nicht verschieben darf, selbst das ist also auf lange Sicht nahezu ein Ding der Unmöglichkeit).
Wenn also "Gravitation der Sonne dominiert" nicht die Definition für die Reichweite des Sonnensystems sein kann, sehe ich auch Florians Erklärung nicht für hinreichend an. Das einzige ist sein Verweis auf den Wissenschaftler-Poll. Die meisten sehens halt so. Is zwar definitorisch ein wenig ungenau, aber was mer ha'm, dös hammer.
Ich fänd das mit der Heliopause und dem interstellaren Raum geradezu für ne organische Lösung, schlicht weil man quasi mitm Raumschiff anhalten kann, Finger raus, wieder rein, dran lecken, und schon weiß man, ob "Sonnensystem" oder "interstellarer Raum", und muß sich nicht tausend Jahre treiben lassen, um zu merken, in welche Richtung es einen nun zieht. Ich könnt mir auch ne Definition vorstellen, wobei das Sonnensystem als Sphäre definiert wird, so groß, daß gerade noch ein stabiler Orbit möglich ist, also gemessen an dem nächsten Sternennachbarn. Dann gäbe es reichlich Niemandsland in andere Richtungen, aber das wär schon in Ordnung.
Ein weiteres Problem ist freilich, daß Alpha und Proxima centauri in weniger als 30.000 Jahren bis auf 3,1 Lichtjahre Distanz an uns ranrücken werden. Oder wir an sie. Das verkleinert unser Sonnensystem automatisch um rund ein halbes Lichtjahr. Und in 1,4 Millionen Jahren wird unser nächster Sternennachbar Gliese 710 heißen. Heute noch 63,8 Lichtjahre von uns entfernt, wird er dann gerade mal ein Lichtjahr von unserer Sonne entfernt sein. Mittenmank in der Oortschen Wolke wird er stehen. Und was ist dann noch "unser Sonnensystem"?
Gliese 710 ist nicht der erste Sten, der uns verdammt nahe kommen wird. Alle paar dutzend Millionen Jahre kommt einer ähnlich nah vorbei. Die Oortsche Wolke scheint sowas ja recht gut zu überstehen. Womöglich weil sie gar kein Phänomen eines Sonnensystems ist, sondern schlicht "interstellar". Will sagen, sowas fliegt halt frei rum, und dreht sich dann auch mal ein bisserl um den Stern, der grad am nächsten vorbeischaut, bis er halt wieder am Wechmachen is. Sowas "Sonnensystem" zu nennen, verböte sich dann natürlich.
Auch hier wieder wäre die Heliopause ne geile Grenzanlage. Selbst wenn ein Stern mal an unserem so dicht vorbeiflöge, daß beide sich innerhalb der Heliopause des anderen befänden (wenn die beiden Heliopausen sich nicht gegenseitig wegdrückten), so würde die Heliopause nach Wegflug des Besuchers sich wieder aufs alte Maß ausdehnen, und alles wäre wie gehabt. Is halt was "natürliches" und nichts, das von einer Definition abhängt.