Die Heilstätten sind auch schauplatz eines Verbrechens geworden / bzw. die Umgebung des Areals
21.07.1995
Trotzdem wurde Wolfgang Schmidt lange nicht gefaßt
Der Beelitz-Mörder sah seinem Bild sehr ähnlich
Ein Serienmörder verbreitete kurz nach der Wende rund eineinhalb Jahre lang unter den Frauen und Mädchen Brandenburgs Angst und Schrecken. Dann endlich, nachdem Wolfgang Schmidt sechs Menschen getötet hatte, überwältigten ihn zwei Jogger.
Es gab nach dem fünften Mord ein gutes Phantombild von Schmidt und etliche Hinweise auf ihn. Doch die Polizei reagierte darauf nicht.
Es ist Dienstag, der 24. Oktober 1989. An diesem noch angenehm warmen Tag will Edeltraud N. die Beete vor ihrer Laube in der 900-Seelen-Gemeinde Deetz bei Brandenburg auf Vordermann bringen. Bevor der Frost kommt, will die 51jährige Tulpen stecken. Am Mittag dieses Tages wird sie von ihrem Mörder bei der Arbeit überrascht. Sie kann sich nicht mehr wehren. Erschlagen wird sie aufgefunden. Die Ermittlungen ergeben: Der Täter hat sich an der toten Frau vergangen. Die Polizei verdächtigt den Ehemann. Im März des folgenden Jahres vergiftet er sich mit einem Pflanzenschutzmittel. Opfer auf dem Müllplatz Der Ehemann ist nicht der Mörder gewesen, denn rund sieben Monate später geschieht ein neues Verbrechen. Es trägt die Handschrift des Täters von Deetz. Auf einem Müllplatz in Ferch wird am 25. Mai 1990 die Leiche der Gastwirtstochter Christa N. gefunden. Die Frau, die auf dem Platz in einem Wohnwagen lebte, ist tags zuvor mit einem Kabel erdrosselt und geschändet worden. Die Fahnder finden am Tatort rosa Damenunterwäsche, die offenbar nicht der Toten gehört hat. Auch nach diesem Verbrechen tappt die Kripo im dunkeln.
Der Täter läßt lange Zeit nichts mehr von sich hören. Bis zum Frühjahr des folgenden Jahres. Am 13. März 1991 geht die Köchin Inge F. im Wald zwischen Borkheide und Neuendorf bei Beelitz spazieren. Sie kommt aber nie mehr nach Hause zurück. Gegen 18 Uhr muß die Frau an diesem Tag dem Beelitz-Mörder begegnet sein. Wanderer finden die Leiche der 34jährige erst nach über einer Woche. Auch Inge F. ist vergewaltigt worden.
Und dann geschehen die wohl abscheulichsten Verbrechen des unbekannten Serienkillers. Am 22. März 1991 gibt es zwei neue Opfer. Tamara P., Frau eines Chefarztes im russischen Militärhospital Beelitz- Heilstätten, ist an diesem Tag mit ihrem kleinen Söhnchen Stanislaw im Kinderwagen im Wald nahe dem Hospital unterwegs.
Sie treffen auf den Beelitz-Mörder.
Er zerschmettert den Kopf des Kleinkindes an einer Baumwurzel. Die schreiende 44jährige Mutter wird mit einem Büstenhalter geknebelt. Dann erwürgt der Mann die Russin und vergeht sich anschließend an der Leiche. Fieberhafte Suche Die 48köpfige Sonderkommission sucht fieberhaft nach dem offensichtlich abnorm veranlagten Täter, der sich immer häufiger neue Opfer sucht. Nur 14 Tage nach dem Tod von Tamara P. und ihrem Sohn geht der Unbekannte auf zwei 12jährige Schülerinnen in einem Waldstück nahe der Gemeinde Sputendorf bei Ludwigsfelde mit einem Messer los. Er läßt erst von den Mädchen ab, als ihm die sich verzweifelt Wehrenden das Gesicht zerkratzen. Die Mädchen entkommen. Verletzt werden sie in ein Krankenhaus gebracht. Erstmals bekommt die Polizei eine Beschreibung von dem Mann, der sie seit 18 Monaten in Atem hält. Ein Phantombild wird angefertigt und veröffentlicht. Noch während der Befragung der beiden Mädchen holt sich der Mörder sein letztes Opfer. Er steigt in das abseits gelegene Haus der 66jährigen Talita B. in Fichtenwalde nahe Beelitz ein, erwürgt die Rentnerin und schändet die Leiche der Frau.
Inzwischen ist auf die Ergreifung des Mörders eine Belohnung von 20 000 Mark ausgesetzt. Bei der Sonderkommission gehen über 1 000 Hinweise auf den Täter ein. Mehrere beziehen sich auf Wolfgang Schmidt. Auch die Eltern der Verlobten von Schmidt weisen die Polizei auf die Ähnlichkeit des künftigen Schwiegersohnes mit dem Phantombild hin. Doch nichts geschieht. Bis zu jenem 1. August. Zwei Jogger werden an einer Schonung bei Piepersberg auf einen Mann aufmerksamm, der Damenbekleidung trägt und sexuelle Handlungen an sich vollzieht.
Die Sportler überwältigen den Mann und übergeben ihn der Polizei. Es ist Wolfgang Schmidt.
15 Jahre Haft
Der damals 25jährige gesteht wenig später in der Untersuchungshaft die Morde an den fünf Frauen und einem Säugling. Ende November wird Schmidt zu 15 Jahren Haft und die Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus verurteilt. "Wenn wir den Hinweisen der Verwandten intensiver nachgegangen wären, hätten wir den Mann womöglich schon etwas früher gehabt", gesteht ein Ermittler später.
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Quelle:
http://www.berliner-zeitung.de/archiv/trotzdem-wurde-wolfgang-schmidt-lange-nicht-gefasst-der-beelitz-moerder-sah-seinem-bild-sehr-aehnlich,10810590,8978498.html (Archiv-Version vom 10.12.2011)************
Tödliche Sexspiele
Fotomodel-Mörder muss zehn Jahre in Haft
Donnerstag, 20. August 2009 18:59 - Von Michael Mielke
Wegen Mordes an einem Fotomodel bei Sexspielen in Beelitz-Heilstätten hat das Potsdamer Landgericht einen 39-jährigen Mann zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Hobbyfotograf soll in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden. Seine Verteidigung will Revision gegen das Urteil einlegen.
Michael F. formulierte im Geiste vermutlich schon die Begründung für seine Revision. Der 39-jährige Wissenschaftler machte sich ständig Notizen, als Richter Frank Tiemann das Urteil begründete: Zehn Jahre Haft wegen Mordes und Störung der Totenruhe, verbunden mit der sofortigen Einweisung in die Gefängnispsychiatrie, lautete die Entscheidung des Potsdamer Schwurgerichts. F. wird vorgeworfen, das Hobby-Model Maren G. (Name geändert) am 8. Juli 2008 in einer Ferienwohnung in Beelitz-Heilstätten (Potsdam-Mittelmark) mit einer Bratpfanne betäubt, erwürgt und sich anschließend an ihr vergangen zu haben.
Der Angeklagte hatte den Mordvorwurf stets zurückgewiesen. Er räumte zwar ein, die Frau gewürgt zu haben. Das sei aber Teil eines von beiden Seiten gewollten sadomasochistischen Rollenspiels gewesen. Dabei habe er Maren G. keinesfalls töten wollen.
Fotos von gefesselten und toten Frauen gesammelt
Auch das Schwurgericht ging davon aus, dass Michael F. die junge Frau nicht bewusst in eine mörderische Falle lockte. Tiemann schilderte die Entwicklung des Einser-Abiturienten zum promovierten Wissenschaftler, der zuletzt in Frankfurt/Main im angesehenen Senckenbergmuseum als Projektleiter für Sonderausstellungen tätig war.
Parallel, so der Richter, habe Michael F. für Außenstehende nicht wahrnehmbar in einer anderen Welt gelebt. „Eine ganz andere Seite seiner Persönlichkeit, die er erfolgreich abschirmte und verdrängte.“ Das habe letztlich schon 1998 angefangen, als er begann, Fotos von gefesselten und toten Frauen zu sammeln.
Seit 2001 habe er dann auch en Masse Videos gespeichert, bei denen nachgestellt wird, wie Frauen vergewaltigt und getötet werden. Darunter auch viele Filme, in denen das Opfer erwürgt werde. Tiemann: „Es war sexuell erregend für ihn, Dominanz zu spüren und das Leben eines anderen Menschen in der Hand zu haben.“
In den ersten Jahren habe Michael F. diese Neigungen durch normale Beziehungen mit Frauen kompensiert. Eine Zäsur habe es im November 2007 nach seiner letzten festen Beziehung gegeben. „Er war auf der Suche nach einer Partnerin, mit der er seine sexuelle Neigung ausleben konnte“, sagte der Schwurgerichtsvorsitzende.
Genauer Tatablauf nicht mehr nachvollziehbar
Mit diesen Vorstellungen, davon gehe das Schwurgericht aus, habe er sich auch mit Maren G. in Beelitz-Heilstätten getroffen. Der Hobbyfotograf und die junge Frau hatten sich Monate zuvor über eine Internetplattform für Fotomodelle kennengelernt. Seitdem gab es einen intensiven Austausch per E-Mail, später hatten sie auch nächtelang gechattet. Maren G. habe die sadomasochistischen Interessen des Angeklagten erwidert und ihre devoten Neigungen betont, sagte der Richter.
Das Schwurgericht glaubte dem Angeklagten, dass es am ersten Abend zwischen dem Paar nur Oralsex gegeben habe. Am nächsten Morgen sei der Angeklagte aufgewacht und habe, sexuell stark erregt, das schlafende Mädchen gesehen. „Aus Sicht der Kammer war das der entscheidende Moment“, sagte Tiemann. Es habe bei Michael F. in diesem Moment einen regelrechten Dammbruch gegeben. Der genaue Tatablauf sei nicht mehr nachvollziehbar. Aber es sei vorstellbar, dass dann geschah, was sich auf den von Michael F. gesammelten Videos abgespielt hatte.
Das Gericht folge einem psychiatrischen Gutachter, der dem Angeklagten eine zur Tatzeit verringerte Steuerungsfähigkeit und damit verbunden eine verminderte Schuldfähigkeit attestierte. Deswegen wurde statt des für Mord obligatorischen Lebenslänglich auch nur eine Strafe von zehn Jahren verhängt. Der Angeklagte sei „kein eiskalter Verbrecher“, sondern ein psychisch kranker Mann, sagte Tiemann. Das psychiatrische Gutachten habe aber auch klar ergeben, dass gerade in seinem Fall eine Wiederholungstat drohe und dass Michael F. gefährlich für die Allgemeinheit sei.
Erschienen am 20.08.2009
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Quelle:
http://www.morgenpost.de/brandenburg/article1154584/Fotomodel_Moerder_muss_zehn_Jahre_in_Haft.html