Allerlei....
15.05.2022 um 09:42JOACHIM RINGELNATZ
Es sollte Erich Kästner vorbehalten sein, als Erster in einer Besprechung eines Ringelnatz-Auftritts zu offenbaren, dass in diesem Komödianten mehr steckt:
Eines nur enttäuscht an ihm: Das ist die Art seiner Wirkung im Publikum. ... Es ist so traurig, dass sich die meisten gewöhnt haben, über Ringelnatz als einen Hanswurst und Suppenkasper zu lachen. Merken denn so wenige, dass man keine Kabarettnummer, sondern einen Dichter vor sich hat?
(Vortragsabend Joachim Ringelnatz, in: Neue Leipziger Zeitung 20.10.1924)
ANEINANDER VORBEI
Vom Speisewagen
Durchs Land getragen,
Siehst du Dörfer, Felder, Katz und Küh.
Angenommen, daß dir das Menü
Nichts kann sagen.
Irgendwo: Zwei Barfußmädchen winken.
Wissen selber nicht, warum sie`s tun,
Lassen ihre arbeitsharten Hände
Für Momente ruhn.
Wissen nicht, daß deine Hände sinken,
Winken,
Grüßen
In den ganzen langen Zug hinein,
Ahnen nicht, daß du die Scholle sein
Möchtest unter ihren schmutz´gen Füßen.
Angelangt, ergibst du mittelgroß
Dich der Höflichkeit, dem Stande und dem Gelde.
Nachts im Bette träumst du hoffnungslos
Von den beiden Mädchen auf dem Felde.
AUFGEBUNG
Ich lasse das Schicksal los.
Es wiegt tausend Milliarden Pfund;
Die zwinge ich doch nicht, ich armer Hund.
Wie’s rutscht, wie’s fällt,
Wie’s trifft - so warte ich hier.-
Wer weiß denn vorher, wie ein zerknittertes Zeitungspapier
Weggeworfen im Wind sich verhält?
Wenn ich noch dem oder jener (zum Beispiel dir)
Eine Freude bereite,
Was will es dann heißen: „Er starb im Dreck“? –
Ich werfe das Schicksal nicht weg.
Es prellt mich beiseite.
Ich poche darauf: Ich war manchmal gut.
Weil ich sekundenlang redlich gewesen bin. –
Ich öffne die Hände. Nun saust das Schicksal dahin.
Ach, mir ist ungeheuer bange zumut.
QUELLE
Es sollte Erich Kästner vorbehalten sein, als Erster in einer Besprechung eines Ringelnatz-Auftritts zu offenbaren, dass in diesem Komödianten mehr steckt:
Eines nur enttäuscht an ihm: Das ist die Art seiner Wirkung im Publikum. ... Es ist so traurig, dass sich die meisten gewöhnt haben, über Ringelnatz als einen Hanswurst und Suppenkasper zu lachen. Merken denn so wenige, dass man keine Kabarettnummer, sondern einen Dichter vor sich hat?
(Vortragsabend Joachim Ringelnatz, in: Neue Leipziger Zeitung 20.10.1924)
ANEINANDER VORBEI
Vom Speisewagen
Durchs Land getragen,
Siehst du Dörfer, Felder, Katz und Küh.
Angenommen, daß dir das Menü
Nichts kann sagen.
Irgendwo: Zwei Barfußmädchen winken.
Wissen selber nicht, warum sie`s tun,
Lassen ihre arbeitsharten Hände
Für Momente ruhn.
Wissen nicht, daß deine Hände sinken,
Winken,
Grüßen
In den ganzen langen Zug hinein,
Ahnen nicht, daß du die Scholle sein
Möchtest unter ihren schmutz´gen Füßen.
Angelangt, ergibst du mittelgroß
Dich der Höflichkeit, dem Stande und dem Gelde.
Nachts im Bette träumst du hoffnungslos
Von den beiden Mädchen auf dem Felde.
AUFGEBUNG
Ich lasse das Schicksal los.
Es wiegt tausend Milliarden Pfund;
Die zwinge ich doch nicht, ich armer Hund.
Wie’s rutscht, wie’s fällt,
Wie’s trifft - so warte ich hier.-
Wer weiß denn vorher, wie ein zerknittertes Zeitungspapier
Weggeworfen im Wind sich verhält?
Wenn ich noch dem oder jener (zum Beispiel dir)
Eine Freude bereite,
Was will es dann heißen: „Er starb im Dreck“? –
Ich werfe das Schicksal nicht weg.
Es prellt mich beiseite.
Ich poche darauf: Ich war manchmal gut.
Weil ich sekundenlang redlich gewesen bin. –
Ich öffne die Hände. Nun saust das Schicksal dahin.
Ach, mir ist ungeheuer bange zumut.
QUELLE