kaktuss schrieb:wie durch Mutation und Selektion aus einer Zelle auf der einen Seite eine Fliege und auf der anderen Seite eine Giraffe entstehen soll...
off-peak schrieb:Zeit. Da liegt nahezu unendlich viel Zeit dazwischen.
Und Zwischenschritte. Ebenfalls zahllose.
Zwischenschritte ist sogar die falsche Bezeichnung. Jeder Schritt muß ein "Endergebnis-Schritt" sein Jede mutagene Veränderung muß einen Vorteil, zumindest keinen Nachteil unterm Strich erbringen, damit das so veränderte Wesen überlebt und Nachkommen durchbringt.
Haare, Federn, Schuppen, aber auch Krallen und Nägel bestehen aus Keratin. Diese wird von der Haut gebildet. Keratin ist ziemlich hart, weswegen zum einen daraus ein Schutz für die Haut (Hornschuppen) bzw. eine Waffe (Krallen, Klauen) gebildet werden können, zum anderen aber auch sehr filigrane und dennoch stabile Strukturen (Haare, Federn).
Kleine Keratinauswüchse aus der Haut können zum einen Stabilität erzeugen, aber sie können, wenn sie über das Hautniveau hinausragen, zugleich durch das sie umgebende Luftpolster den Temperaturaustausch zwischen Körper und Umgebungsluft verringern. Dieser letzte Effekt ist selbst bei den winzigen Härchen unserer Haut (die Zeitgenossen mit dicherer Körperbehaarung bleiben dabei mal außen vor) vorhanden. Eine Bekannte von mir bekommt derzeit Chemo. Dabei fielen ihr die Haare aus. Als es vor ner Weile noch deutlich kühler war, meinte sie, bei kurzärmliger Kleidung frören ihre Arme stärker als früher. Selbst unsere winzigen Relikt-Härchen sind schon ein gewisser Kälteschutz.
Und wer jemals mit normal voller Haarpracht sich den Kopf irgendwo angestoßen hat, und wer sich dann mit Igelfrisur oder Glatze wiederum den Deetz gedotzt hat, wird wissen, daß diese mickerig-dünnen Härchen einen deutlich spürbaren Unterschied machen
Insofern ist also ein winziger Mutationsschritt, das Hervorbringen winziger Keratinauswüchse, durchaus als ein machbarer und zugleich für sich betrachtet sinnvoller Schritt gelten kann.
Als nächstes mag der Keratinauswuchs größer, der Follikel länger geworden sein. Ein weiterer Mutationsschritt mag sein, daß der Auswuchs hohl wurde. Das spart Material, ohne daß die Stabilität nennenswert verloren ginge. Zudem hilft die darin eingeschlossene Luft besser, den Temperaturaustausch Körper->Umgebung zu minimieren. Ein weiterer Einzelschritt mag sein, daß sich solche längeren Follikel verzweigen. Dadurch kann das Luftpolster zwischen den einzelnen Follikeln besser gehalten und der Schutz vor Wärmeverlust verbessert werden. Daunenfedern bei Küken sind ein solches Konzept.
Daunenfedern kassen sich aber durch Wind leicht wegblasen, sodaß die Haut unter den Daunen freiliegen und daher im Wind stärker auskühlen kann. Daher wäre ein Einzelschritt, der den Hauptast des Keratinauswuchses verstärkt, ein weiterer Erfolgs-Schritt. Das wäre dann der Federkiel. Ein nächster Einzelschritt mag die Seitenverästelungen "geordnet" haben, daß sie also nicht mehr kreuz und quer in alle Richtungen abstehen, sondern auf ein und der selben Ebene zu beiden Seiten des Kiels abzweigend. Gar parallel zueinander. Diese "Protofeder" hätte den Vorteil, ein geradezu geschlossenes Luftpolster zwischen Haut und Feder einzuschließen und mit den Federn von der Umgebungsluft abzuschirmen. Ein weiterer Einzelschritt wäre, wenn die einzelnen Verzweigungen, die vom Kiel abgehen, auch noch über "Haken" verfügten, mit denen sie die benachbarten Verzweigungen neben sich festhalten könnten.
Noch besser ists, wenn diese Haken nur in eine Richtung funktionierten, nicht jedoch in die andere. Je nach dem, von welcher Seite ein höherer Luftdruck auf die Feder einwirkt, kann die Luft durch die verhakelten Seitenhärchen der Feder am Durchkommen gehindert oder leicht hindurchgelassen werden. Das ist ne eindeutig verbesserte Temperaturregulierung (mnchmal muß man auch Wärme abgeben können).
Das sind lauter Einzelschritte. Sicher sehr viel mehr, ich habs hier halt verkürzt dargestellt. Zum Verstehen sollte es aber gut sein.
Und der Witz ist, daß diese Eigenschaft des Luftstaus in Richtung A bei gleichzeitigem Luftdurchlaß in Richtung B ziemlich geil ist, wenn mal ein solcherart befiedertes Viecherl mit langen Kletterarmen vom Bäumchen fällt und dabei mit den Armen rumhampelt. Der Freie Fall würde deutlich ausgebremst beim Arm-Runterbewegen und nicht wieder beschleunigt beim Arm-Hochreißen. Zugleich fällt man nicht mehr senkrecht, sondern gleitet schräg darnieder. Mit ordentlich Muskeln und ein bisserl Übung (und ja, noch einigen Mutationsschritten, is verkürzt) wird daraus ein Fliegen mit einer super dafür wie gemacht scheinenden Feder.
Das ist mal so ein Beispiel. Einzelne Strukturen können etwas "völlig anderes" bzw. völlig neu Scheinendes zuwege bringen. Und das geht letztlich bei allem so. Wo ist da nun der unüberbrückbare Unterschied, den Du da mal eben zwischen Echs und Aff veranschlagst??? Deine Kenntnislosigkeit kann ja schwerlich der Grund sein, daß Du das für nicht machbar hältst, das wäre ja wirklich Idiotisch. Da könnt ja auch wer sagen "Zwei und Zwei kann unmöglich Vier ergeben, denn ich kann nicht rechnen".
kaktuss schrieb:Irgendwie habe ich im Internet auch nie irgendwas gefunden was das aufklären würde...
kaktuss schrieb:gebe zu war bisher zu faul Darwin zu lesen oder Biologie zu studieren
Hab ich beides ebenfalls nicht. Ist auch nicht nötig. Im Internet, aber auch in Büchern findet sich wahnsinnig viel dazu. Deine Faulheit setzt schon weit früher als bei der Hochschule ein.
kaktuss schrieb:Ich habe nie eine exakte Kette des Artenstammbaumes gesehen...
Noch so'n Ding. Was erwartest Du denn? Ein Familiengrab sämtlicher Generationen, nebeneinanderliegend, mit Echtheitszertifikat? Der Fossilbefund ist nun mal lückenhaft, eben weil Fossilien seltene Ausnahmen sind. Klar, bei Zigtausend Wirbeltierarten und hunderten von Millionen Jahren kommt schon einiges zusammen. Aber Pro Quadratmeter Erdoberfläche liegt eben stets nur ein winziger Zeitabschnitt oben drauf. Was älter ist, liegt zum Teil etliche hundert Meter tiefer darunter und ist nicht mal eben erreichbar. Und vieles ist halt auch wegerodiert.
Was Du da "erwartest" ist völlig überzogen. Denn es reicht schon ein einziges Lucy-Skelett aus, um zahlreiche anatomische "Zwischen"formen zu erkennen, welche deutlich zwischen der Menschenaffenanatomie und der Anatomie des Menschen vermitteln. Dazu muß Lucy, muß die Art Australopithecus afarensis (zu der das "Lucy" genannte Skelett gehört) nicht mal unser direkter Vorfahr sein. Es reicht voll auf, wenn A. afarensis ein Seitenzweig der zu uns führenden Linie ist.
Die Sache ist nun mal die: Unsere Anatomie ähnelt schon so ordentlich stark der sämtlicher (übrigen) Menschenaffen. Und die Evolutionstheorie sagt nicht nur vermittelnde Zwischenformen voraus, die wir allein schon mit Lucy theorieverifizierend besitzen. Viel wichtiger noch: es gibt eben keine "Zwischenform" zwischen Mensch und Nashorn, Mensch und Koala, Mensch und Alligator, Mensch und Nacktschnecke usw. usf., etc. p.p.
Es gibt zahlreiche solcher "vermittelnden Zwischenformen". Da, wo es sie nicht gibt, nennt man sie "Missing Links". Aber etliche sind nun mal nicht mehr "missing". Und auch hier: wenn es für eine Tierform A einen Link X zu einer ursprünglicheren Tiergruppe B gibt, dann gibt es auch dort kein alternatives Y, welches anatomisch ebenfalls zu A führt, dieses aber nun mit C verbindet. Wenn etwas als Link paßt, dann gibts nur eine Ursprungsgruppe, auf die damit hingewiesen wird.
Mehr "Stammbaum" ist nicht nötig, der darf lückenhaft sein, wie er will.
off-peak schrieb:Das Tierchen, das sich gewandelt hat, ist im Stammbaum weit höher angesiedelt als die Eidechse.
Findste?
Das ist nicht der direkte Vorfahr der Affen, aber ein arg enger Verwandter, ungefähr so eng verwandt wie diese Schienenechse
Original anzeigen (0,2 MB)mit jeder beliebigen Eidechse. In Sachen Komplexität aber dürfte der oben abgebildete Affenvorfahr "weit
höher niedriger angesiedelt als die Eidechse" sein. Kunststück! Eothyris ist einer der allerfrühesten Synapsiden (heute nur noch: Säugetiere), noch nicht allzuweit weg von der Abspaltung von den Sauropsiden (heute nur noch: "Reptilien" und Vögel). Lacerta hatte schlappe 300 Millionen Jahre mehr Zeit, was aus sich zu machen! (OK, was die Zähne betrifft, so war Eothyris immerhin schon "weiter"; die Heterodontie der Säuger und ihrer Vorfahren ist geradezu singulär.)