violetluna schrieb:Aber: wenn das ethisch so unbedenklich wäre, warum ist Euthanasie dann bei Menschen verboten?
Weil sich ein Mensch im Gegensatz zu einem Tier eine eigene Meinung bilden und die Entscheidung theoretisch selbst treffen darf praktisch darf zwar jeder Mensch sich gegen das Weiterleben entscheiden hat in Deutschland aber (noch) keinen Anspruch auf Hilfe dabei, dass dies schmerzfrei und sozialverträglich erfolgt.
Ein Mensch darf sich ja auch aussuchen wann und was er essen will und ob er überhaupt zum Arzt geht.
Würde ich meine Tiere fragen ob sie eine Spritze haben möchten (Impfung, lebenswichtige Medikamente,..) dann würden die meisten wohl "Nein" sagen, manche vielleicht.
Gibt zwar Situationen in denen Tiere aktiv eine Spritze möchten aber das ist doch weit seltener der Fall als ein kleiner Pieks notwendig ist.
violetluna schrieb:Auch krebskranke Menschen im Endstadium (oder auch bei vielen anderen Krankheiten im Endstadium) leiden und haben starke Schmerzen. Würde man ihnen nicht auch ein Ende dieses Leidens wünschen?
Selbstverständlich wünsche ich mir das. Würde ein Mensch der mir Nahe steht mich in einer solchen Situation um Hilfe bitten würde ich auch ohne wenn und aber helfen.. immerhin bin ich ja auch sau froh nicht nur einen Ehemann sondern auch Freunde zu haben, die mich in so einer Situation ebenso in dem was ich ausdrücklich will unterstützen würden, auf explizite Bitte würde dies jeder meiner Freunde für mich tun, aber ich habe auch das unglaubliche Glück ein paar Menschen in meinem Umfeld zu haben die selbst wenn ich mich nicht mehr äußern könnte ganz genau wissen in welchem Zustand ich noch weiterleben bzw selbst vor mich hinsterben kann und wann ich Hilfe brauche, einfach weil meine Einstellung da bekannt ist und sich auch ewig nicht geändert hat.
violetluna schrieb:Das man todkranke Menschen nicht euthanasiert, wie man es bei Tieren macht, hat schon seine Gründe.
Jup, den ganz banalen, dass ein Mensch diese Entscheidung selbst treffen und mit etwas Planung umsetzen kann.
violetluna schrieb:Man findet es ethisch nicht vertretbar, das Leben eines Menschen ohne dessen ausdrücklichen Wunsch zu beenden.
Warum auch? wenn man doch einfach für die Person da sein kann, sodass sie sich schon anvertrauen wird, wenn sie diesbezüglich um Hilfe bitten möchte.
Auch ist Ethik hier keineswegs der einzige Knackpunkt sondern medizinische Langzeittherapien und Palliativmedizin bieten bei Menschen völlig andere Möglichkeiten als bei Tieren.
Das liegt zumeist an Gründen die sehr viel greifbarer und weniger subjektiv sind als Ethik.
Versagen bei einem Menschen die Nieren, dann gibt es Dialyse und je nach Ursache eine Spenderniere.
Bei degenerativen Lungenerkrankungen, Lungenkrebs, Leukämie u.Ä. können Menschen mit einer Sauerstoffbrille nicht nur noch eine ganze Weile etwas besser klar kommen, mobile Sauerstoffgeräte erlauben sogar ein begrenztes Maß an Teilnahme am gesellschaftlichem Leben.
Es stehen künstliche Beatmung, Chemotherapie in der Onkologie, komplexe Schmerztherapie und Pflegedienste sowie mobile Palliativteams zur Verfügung.
In der Tiermedizin gibt es das Meiste davon schlicht nicht.
Das hat viele Gründe, der wohl Wichtigste ist, dass ein Tier nicht mal eben Beschreiben kann was ihm besonders zu schaffen macht, ob eine Therapie ausreichend ist usw.
Darüber hinaus gehen bei tödlich verlaufenden Erkrankungen zahlreiche dieser möglichen Therapien mit ihrem ganz eigenem Ausmaß an "Unannehmlichkeit" einher, in nicht wenigen Fällen beschreiben betroffene Menschen, dass sie Therapie auch nicht lustiger ist als die Erkrankung und hier kommt dann wieder das Problem ins Spiel, dass man ein Tier nicht fragen kann.
Oft enden Menschenleben dann mit einigen Tagen im Krankenhaus unter stark sedierender Medikation während gleichzeitig Maschinen laufen um den Organismus noch ein paar Tage länger am Laufen zu halten.
Ich finde es absolut richtig, dass Menschen die noch ansprechbar sind hier mittlerweile das Recht haben "Sedation und Schmerzmittel ja, alles andere nein danke" und stehe komplett dahinter einen Hund mit Lungenkrebs nicht noch ein paar Tage im künstlichen Koma am Beatmungsgerät zu haben "nur weil es geht".
Wir sprechen da auch von Kosten, die dem Tierhalter gewaltig zusetzen bzw ihn über Jahre verschulden könnten für einer Situation in der eine Besserung bereits unmöglich ist von einer Heilung mal ganz zu schweigen und der maximale Behandlungserfolg daran gemessen wird, dass der Patient tief genug sediert ist um nicht mehr mitzubekommen, dass man das Leben noch ein bisschen in die Länge zieht.
Außer einem Tiehalter der nicht loslassen will hat davon aber niemand irgendwas.
violetluna schrieb:In manchen Ländern ist es mittlerweile erlaubt, einem Menschen zu helfen, in einem solchen Fall sein Leben zu beenden.
Das ist sogar in Deutschland erlaubt solange dabei keine anderen Gesetze gebrochen werden.
Und das ist auch gut so, sonst wäre die Fähigkeit zu entscheiden und zu äußern, dass man das lieber jetzt beenden würde ja gar nix mehr wert und man wäre als Mensch noch viel schlimmer dran als ein Tier.
violetluna schrieb:Bei Tieren entscheidet man das aber einfach und frage ich mich schon, wo da die Ethik bleibt.
1. "Einfach" ist die Entscheidung nicht immer, wobei dass "wann" üblicher Weise schwieriger ist als das "ob".
2. Auch das hat nicht nur mit Ethik zu tun sondern damit, dass es weder gesetzlich noch moralisch vertretbar ist einem Lebewesen dabei zuzuschauen wie es leidet.
Bei einem Tier das in Menschenobhut lebt, ist man als Tierhalter gesetzlich verpflichtet sein Tier vor Leiden zu beschützen, was auch gut und wichtig ist.
Dieser Punkt der verantwortungsbewussten und gesetzeskonformen Tierhaltung sieht vor ein leidendes Tier von einem Tierarzt behandeln zu lassen und wenn das Tier sich in einem Zustand befindet in dem der Tierarzt keine Behandlung zur Verfügung hat, die eine Heilung in Aussicht stellt oder die Symptome die das Leiden veranlassen stoppen oder zumindest signifikant mildern kann, dann ist die Euthanasie die richtige Behandlung, denn der Job des Tierarztes ist es u.A. "Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen."
Und da wir an der Uni leider nicht lernen wie man zaubert gibt es eben in manchen Situationen genau EINEN Weg das Andauern von Leid zu verhüten.
violetluna schrieb:Es entscheiden der Tierarzt und der Tierhalter darüber, ob das Leben des Tieres noch lebenswert ist.
Tierhalter.
Bis auf gewisse Extremsituationen entscheidet niemals der Tierarzt für eine Euthanasie sondern stets der Halter.
Der Tierarzt darf und muss sich lediglich gegen eine Euthanasie aussprechen, wenn sie als nicht angemessen gilt.
Was in der Berufsordnung jedoch nicht drin steht ist, dass man sich als Tierarzt solch ein Tier (dessen Halter es ohne hinreichenden Grund einschläfern lassen wollen) am Besten übereignen lässt, sonst gilt die Lebenserfahrung, dass so ein Tierhalter im "Bestfall" stets einen Tierarzt finden wird der einschläfert oder im schlimmerem Fall wer weiß was mit dem Tier passiert.
violetluna schrieb:Man stelle sich vor, man würde das bei Menschen auch so machen - ich diese diese Vorstellung wirklich grauenhaft.
Das ist halt nicht zu vergleichen, weil ein Mensch deutlich sagen kann ob und unter welchen Umständen er weiterleben möchte.
Tötet mann einen Menschen gegen dessen ausdücklichen Wunsch ist das nicht "grauenhaft" sondern strafbar und tötet man einen Menschen auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin ist das zwar genaugenommen ebenfalls strafbar, die Strafe fällt aber zumeist milde aus und anders als bei einer Tötung gegen den ausdücklichen Wunsch darf ein Richter sogar von der Strafe absehen.
Unterstützt man einen Menschen dabei sein Leben selbst zu beenden ist das straffrei solange keine anderen Gesetze verletzt werden.
locutus schrieb:Hast du das gelesen in der Schweiz gib es eine Selbstmordkapsel. Das finde ich erschreckend .
Du solltest nicht alles glauben was Du irgendwo liest.
In der Schweiz ist es Ärzten erlaubt einen Patienten beim Suizid zu begleiten.
Dem geht eine Art "Bewerbungsverfahren" voraus in dem geklärt wird ob es sich wirklich um den expliziten und selbstbestimmten Wunsch der betroffenen Person handelt, auch wird der Grund für den Wunsch das Leben zu beenden. Es wird geprüft ob noch Alternativen zur Verfügung stehen usw, auch muss ausgeschlossen werden, dass es sich um eine "Impulshandlung" handelt, man ruft also nicht morgens an und holt sich abends das Rezept ab.
Wird der "Antrag bewilligt", dann DARF (kein Arzt ist dazu verpflichtet, wie bei Abtreibungen in Deutschland darf kein Arzt dazu genötigt werden) ein Arzt ein geeignetes Medikament in der entsprechenden Dosis verordnen.
Dies geschieht entweder als Pulver das dann als Lösung getrunken wird oder als Infusionslösung.
Egal welches Verfahren: der Patient MUSS in der Lage sein, das Medikament selbst einzunehmen bzw die Infusion selbstständig und ohne das jemand anders Hand anlegen darf. Angehörige und ehrenamtliche Begleiter dürfen anwesend sein, aber keinerlei Hilfestellung leisten.
Nach Todeseintritt muss außerdem die Polizei gerufen werden, da ein Suizid auch in der Schweiz als "nicht natürlicher Tod" gilt und folglich ein Ermittlungsverfahren obligatorisch ist.
Es gibt also auch in der Schweiz KEINE "Selbstmordkapsel", das klingt ja so als könne man sich da ne hübsche Zyankalikapsel aus nem Kaugummiautomaten ziehen
;)Ähnliche Verfahren werden von entsprechenden Organisationen auch in Deutschland angestrebt, nur möchten die verständlicher Weise, dass eine Hilfestellung durch die Begleitperson hier dann nicht verboten ist.
Die Zeit wird zeigen wie weit wir da kommen mit der Selbstbestimmung. Hoffe ich mal, dass ich selbst und alle die mir nahe stehen lange genug gesund bleiben, dass dieser Punkt geregelt ist, wenn diese Entscheidung mal auf uns zukommen soll.
FlamingO schrieb:Bist du Flexitarier?
Was zum Geier ist dass denn?
ich kann mich nicht entscheiden ob das unanständig klingt oder nach dem Aufessen von Yogatrainern, flexibel sind die ja mal sicher.