FlamingO schrieb:Schwierig auszudrücken ist das.
Ich denke ich weiß in etwa was Du meinst, ich mag Dich ja auch sehr gern.
FlamingO schrieb:Der totgeschlagende Nachbar indes würde eine ganze Reihe von Problemen ins Rollen bringen: Wo ihn "entsorgen"? Wie den Tatort reinigen bzw. steril machen zu versuchen?
Über sowas denk ich tatsächlich nicht nach.
Sollte ich doch mal meinen Nachbarn umbringen (was unwahrscheinlich ist, ich hab etwa das Aggressionspotential einer Kartoffel), dann würd ich danach die Polizei rufen.
Ich hab ja jemanden umgebracht, also muss dann ein Richter entscheiden welche Strafe ich dafür bekommen muss und das ist auch richtig so.
Ich bin zwar in Deutschland geboren aber schon lange alt genug um "mit Absicht" nie ausgewandert zu sein, also habe ich eingewilligt mich an die Gesetze zu halten und ohne wenn und aber die Konsequenzen zu tragen wenn ich es nicht tue.
Aber dafür bräuchte ich auch gar kein Gesetz.
Egal wie sehr er mich nervt wäre es ja trotzdem falsch meinen Nachbarn umzubringen.
Der hat Familie, Freunde, Pflanzen um die er sich kümmert, ggf Haustiere die von ihm versorgt werden.
Wenn der mich nervt minimiere ich den Kontakt und knipse kein Leben aus.
Das ist eben bei der Mücke genauso. Die piekst mich, weil sie das Blut braucht um zum Löschteich zu fliegen und Eier zu legen.
Ohne diese Mückenlarven hätten die kleinen Bergmolche und Unken die im Löschteich wohnen (und deren Artenfortbestand keineswegs gesichert ist) es sehr viel schwerer.
Die Mückenlarven aus denen erwachsene Mücken werden sichern zum einen den Fortbestand ihrer eigenen Art und tragen dazu bei, dass die Schwalben auch im nächsten Jahr wieder bei uns brüten und die kleinen Mausohren nicht noch seltener und seltener werden, dass die nächste Generation vielleicht gar nicht mehr weiß, dass es diese knuffigen, kleinen einheimischen Fledermäuse überhaupt gibt.
Es ist also gleichsam falsch, denn wenn ich meinen Nachbarn oder eine Mücke kille, dann knips ich nicht nur ein Leben aus das mir nicht gehört sondern stelle auch mein persönliches Bedürfnis über einen Kontext der so viel größer und bedeutsamer ist als das was ich in diesem Moment grade WILL.
Wenn ich ein Leben beende, dann indem ich ein leidendes Tier dem anders nicht mehr geholfen werden kann schmerzlos einschläfere, so wie ich es an der Uni und im Berufsleben gelernt habe und wie es gesetzlich erlaubt ist.
Ich habe meinen Kater sehr geliebt (zu Liebe bin ich fähig, vielleicht weil jeder darunter etwas anderes versteht).
Ich habe jeden Tag mit ihm genossen.
Aber ich habe auch bevor er hier ankam gewusst, dass ich ein Tier adoptiere, dass Krankheiten in sich trägt die unsere gemeinsame Zeit erheblich reduzieren werden.
Ich habe sein Leben nicht beendet, weil es für mich angenehmer war (wie es beim Töten einer Mücke oder eines nervigen Nachbarn der Fall wäre), eher im Gegenteil.. ich wollte das er bei uns bleibt.. er war so toll.
Aber "Katzenleukämie" ist eben nichts womit man verhandeln kann und wenn alles was noch bleibt Leid ist und das Wissen, dass es nicht mehr besser werden kann sehr wohl aber noch schlimmer.. dann ist es zwar immer noch das beenden eines Lebens, aber eben nicht weil ich meine Ruhe möchte oder ein Steak sondern weil er diese Form der Hilfe gebraucht und verdient hat.
Man könnte sagen: das Motiv ist einfach anders als bei einem Walsteak oder nem Fischstäbchen.
Ich bin zwar auch dafür zuständig dass es mir selbst gut geht, aber nicht auf Kosten anderer wenn es sich vermeiden lässt und "richtig" ist nicht immer der einfache Weg aber nur selten ist es für mich problematisch in einer Situation "richtig" oder "falsch" klar zu benennen.
FlamingO schrieb:Niemand hat das Recht, diese Haltung umwerfen zu wollen. Es ist eure Entscheidung, und sie ist begründet.
Exakt. Aber im Gegenzug stehen wir eben in der Pflicht anderen den gleichen Respekt entgegenzubringen.
Wenn also jemand schreibt:
Abahatschi schrieb am 10.06.2024:Ich esse Walfleisch, mir schmeckt es und es ist eines der günstigeren Fleischsorten in Norwegen
dann steht es mir nicht im geringsten zu das zu werten.
Sondern ich muss demjenigen den gleichen Respekt entgegen bringen den ich mir für meine Entscheidungen wünsche.
Und moralisch betrachtet sehe ich einfach keinen Unterschied ob jemand in Deutschland ein Brathähnchen futtert oder ein Walsteak in Norwegen.
Würde man mich zu einer "Wertung" zwingen, dann fände ich das Walsteak sogar moralisch weniger verwerflich.
Jeder kann rauskriegen, wie das durchschnittliche deutsche Brathuhn/Mastschwein/Fleischrind aufgezogen, "ausgestallt", transportiert und geschlachtet wird (nicht das es Legehühnern oder Milchkühen besser ginge).
Außerdem geht auf ein totes Huhn bestenfalls ein satter Mensch, mit Beilagen vielleicht zwei.
Der Wal wurde nicht gleich oder kurz nach der Geburt (wie bei Nutztieren hier üblich) von seiner Mutter weggerissen, die auch nichts anderes kannte als eine Produktionsmaschine zu sein; er hatte zu Lebzeiten den ganzen Ozean, wurde nicht in einen Transporter gepfercht über Stunden oder gar Tage in einen Schlachthof transportiert und von einem toten Wal werden sehr viel mehr Menschen satt als von einem Huhn, Schwein und sogar einem Rind.
Außerdem hat der Wal sich während er aufgewachsen ist sein natürliches Futter selbst besorgen können, es wurden keine Regenwälder abgeholzt oder Menschen aus ärmeren Ländern das Getreide weggekauft um den Wal möglichst schnell und billig zu mästen.
Das wären so Gründe die mir einfallen wenn jemand der nicht erstmal schaut was er selbst ändern kann sich über das scheinbar grausame/unmoralische/falsche Verhalten Anderer beklagt.
FlamingO schrieb:aber es ist bei uns auch so, dass jede Spinne, die ich schreiend erblicke
Wir haben auch einen Freund der panische Angst vor Spinnen hat, ehe der uns besucht werden immer aus Gästezimmer, Bad und Wohnzimmer alle 8 Beiner sorgfältig evakuiert
:) man läd Gäste ja ein damit sie sich wohlfühlen.
FlamingO schrieb:Da kommt bestimmt was Leckes auf den Tisch :)
Selbstverständlich und wenn statt mir mein Mann kocht sieht es sogar gut aus (was ich koche schmeckt meist super, sieht aber grauenvoll aus).
Aber da wir in einem alten Bauernhaus mit großer Küche leben ist der größte Spaß eh mit Freunden die zu Besuch kommen gemeinsam tolle Sachen zu kochen, das stellt dann auch am Besten sicher, dass jeder nicht nur satt wird sondern es sich auch so richtig schmecken lassen kann.
Wir haben auch eine Freundin, die Fleisch nicht "nur" weil es ihr schmeckt ißt, sondern weil sie so viele Nahrungsmittelallergien hat, dass sie sonst nur noch von Vitamintabletten und Co leben könnte.
Da fahren wir dann zu nem Biohof hier der alte Haustierrassen hält und kaufen ihr richtig leckeres Fleisch.
Was ich da toll finde ist das man dort außer an den Schlachttagen NUR tiefgefrorenes Fleisch kaufen kann.
Die ziehen die Tiere selbst auf und sind nicht bereit auch nur ein einziges für die Mülltonne zu schlachten.
Würden alle Fleischproduzenten so denken wären eine ganze Menge Probleme sehr viel geringer.
Deren Felder können unter dem Strohmist noch atmen statt in Gülle zu ersticken.
Andere Freunde von uns essen Zu Weihnachten eine Gans und weil die in der Großstadt leben bringen wir ihnen diese Gans.
Unser Nachbar hat immer ein paar. Die laufen durchs Dorf, klauen Kräuter aus Gärten, albern im Teich rum, stehen am Zaun wenn ich was bei den Pferden mache und schauen GANZ genau ob ich alles richtig mache.
Manche lassen sich sogar unterm Hals kraulen und finden das super.
Und wenn jemand in meinem Umfeld zu Weihnachten eine Gans essen will, dann doch bitte eine die SO gelebt hat und vor Ort geschlachtet wurde ohne Stress, Transport, Angst, Panik und Leiden.
Und ich hab ja die Wahl:
Ich kann die Menschen in meiner Umgebung nerven und vergraulen indem ich versuche ihnen meine Ideale aufzudrängen.
Oder ich kann akzeptieren, dass sie für sich entscheiden zu Weihnachten Gans zu essen und dann dabei helfen eine auf den Tisch zu kriegen die ein tolles Leben hatte und deren Aufzucht und Verarbeitung keine Regenwälder, Grundwasser und Co belastet hat.