subgenius schrieb:Derzeit ist das eine umstrittene Hypothese.
Nicht wirklich. Es gibt ne Handvoll Kontrahenten, aber keine sinnige Alternative. Die Situation ist beileibe nicht so wie beim jahrzehntelangen Ringen um "Out of Africa" vs. "Multiregionalismus", wo ja auch schon bald nach dem Aufkommen klar war, daß am massiven afrikanischen Beitrag der Entstehung des HS kein Weg vorbeiführen wird.
In den historischen Wissenschaften, die bei aller Naturwissenschaft doch zu den Geisteswissenschaften gehören, gibt es eigentlich
immer irgendwelche marginalen Gegenauffassungen. Insofern wäre
alles "nur" ne "umstrittene Hypothese". Und es wäre unsinnig zu sagen, es sei "noch" eine solche - weil sich das ja eh nicht ändern wird. Mit "weiteren Forschungsergebnissen" muß auch niemand kommen, weil selbst in den Naturwissenschaften keine noch so gesicherte Theorie vor "weiteren Forschungsergebnissen" gefeit ist.
Der unterschiedlich hohe, jedoch durchweg vorhandene Anteil an gemeinsamer HS-HN-DNA bei außereuropäischen Menschen jedenfalls ist keine Hypothese oder Theorie, das ist ein Fakt. Die Forscher, die diese DNA als das Ergebnis sekundärer Vermischung der Afrikaauswanderer mit dem HN bestreiten, haben ein massives Problem: Die genetische Vielfalt der afrikanischen Menschen ist extrem groß, vergleicht man sie mit der genetischen Vielfalt der Menschenmehrheit sämtlicher Außerafrikanischen. Alle genetischen Varianten, die die Nichtafrikaner haben, haben die Afrikaner ebenso - außer: es sind sekundäre Neuerungen im Erbgut der Auswanderer.
Jene Forscher müssen nun annehmen, daß diese afrikanische Population, aus der die Auswanderer stammen, sich schon in Afrika genetisch von sämtlichen übrigen Populationen unterschied, und zwar nicht so sehr, in dem sie vor Ort genetische Neuerungen entwickelten, sondern in dem sie altes Erbgut beibehielten, die in
sämtlichen anderen afrikanischen Populationen restlos verlorengegangen sein muß. Diese Population muß nun zum einen so dermaßen erfolgreich gewesen sein, daß sie praktisch die gesamte Erde besiedelt und mengenmäßig ihre afrikanischen Geschwister überflügelt haben, zum anderen müssen sie aber auch so überlebensunfähig gewesen sein, daß sich keinerlei Reste in der alten Heimat halten konnten. Das ist ein gewaltiger Widerspruch in sich. Die einzige Lösung wäre, daß die Population vollständig ausgewandert ist - aber wieso sollten die das getan haben? Gypsie-Gene??? Und die dann später komplett verloren? Und wieso nur eine Auswanderung in Richtung Arabien, wieso nicht auch in Richtung Südafrika?
Quasi bei jedem einzelnen Aspekt dieses Szenarios ist eine Erklärung mithilfe der sekundären HN-DNA-Aneignung sinniger. Im Gesamtbild, wo sämtliche Faktoren multipliziert werden, geht die Wahrscheinlichkeit der Annahme dieser Forscher sowas von gegen Null, daß der berühmte tödliche Blitz schon fast als Gewißheit erscheint.
Soweit reichen schon die bisherigen Forschungsergebnisse, da brauchts keine weiteren.
Hinzu kommt noch, daß es auch noch den Denisova-Menschen gibt, und außerafrikanische Menschengruppen, die Denisova-DNA in sich tragen. Diesmal freilich nicht alle Außerafrikaner, sondern nur einige Gruppen in Süd- und Ostasien (oder so). Und dann gibt es auch noch verschiedene afrikanische Populationen, die uraltes genetisches Material aufweisen, welches alle anderen nicht haben, aber dennoch älter ist als der Sapiens himself - auch in Afrika gab es also mehr als einmal kleinere Vermischungen mit Nachbarspezies. Nur mit dem Neandertaler nicht? Noch so eine Unwahrscheinlichkeit.
subgenius schrieb:Übrigens wären Neandertaler und Mensch fertile würde es bedeuten das der Neandertaler ebenfalls ein Homo Sapiens wäre
Sag das nicht so, als wäre das ein Argument dagegen. Ich fürchte, wir laufen eh darauf hinaus, sämtliche Spezies ab Erectus-Ergaster zusammenzufassen - später Sieg der Multiregionalisten
;)Pertti