@babykecks babykecks schrieb:Kurz darauf begann der Niedergang des Morgenlandes und der Aufstieg des Abendlandes? Ich vermute wegen liberaler Ideen und von entfesselter (Religion) Bildung?
Das sind so historische Klischees die weit verbreitet sind.
Nach kulturellen Revolutionen wird gerne die These aufgestellt, dass die Revolution das schlechte beseitigt habe und für die Erfolge und den neuen Wohlstand verantwortlich sei.
Das sollte man aber kritisch hinterfragen.
Wann begann denn der Aufstieg der muslimischen Kultur. Wann haben sich arabische Stämme zu einer großen Nation mit viel Wohlstand und politischem Einfluss entwickelt?
Doch nicht wegen ein paar liberalen Denkern.
Die liberalen hätten in den einzelnen arabischen Stämmen in der Wüste kaum etwas bewirken können. Erst die militärische Vereinigung der Stämme und die Expansion in politisch und wirtschaftlich bedeutende Regionen (Bagdad, Damaskus, Konstantinopel, Ägypten) hat die Rahmenbedingungen geschaffen.
Das war mit dem Aufstieg im Abendland nicht anders. Das kam nicht mit den Denkern der Aufklärung. Die Grundlagen wurden wie bei den Muslimen schon davor geschaffen.
Der Aufstieg kam bereits in der Kolonialzeit, als Europa sich gar nicht von muslimischen Eroberern unterschied.
Das osmanische Reich war der letzte bedeutende Erbe der muslimischen Macht. Doch die Osmanen überlebten den Konkurrenzkampf nicht und schieden aus dem Wettrennen des Kolonialismus aus.
Die europäischen Nationen gingen als Sieger hervor und häuften wie die Muslime vorher, riesige Reichtümer.
Erst in solcher Umgebung konnte eine kulturelle Revolution stattfinden.
Neben den Eroberungen sind auch wirtschaftliche Faktoren nicht zu vergessen. Einhergehend mit dem Verfall der muslimischen Blütezeit gab es auch wirtschaftliche Veränderungen die die Muslime nicht selbst zu verantworten hatten, wie etwa der Ausfall des Vorteils vom Handel zwischen Europa und Asien. Man kaufte von Asien und verkaufte an Europa.
Der Gewürzhandel hatte eine ähnliche Bedeutung wie der heutige Ölhandel. Und das lief lange Zeit über Muslime. Bis die Europäer Afrika umschifften und immer mehr Kolonien in Asien hatten.
Oder die Folgen der Gold Inflation in Europa (von zu viel Gold aus den Kolonien) auf die osmanische Wirtschaft.
Durch liberales Denken kann man solche Entwicklungen nicht aufhalten, sie tragen aber entscheidend dazu bei, ob etwas im Niedergang ist oder im Aufstieg ist.
Ist in dieser Animation gut zu erkennen, die Muslime schieden mit dem osmanischen Reich aus dem Spiel aus.
Zu beachten ist, dass die ehemaligen Kolonialländer Europas bis heute wirtschaftlich und politisch an seine ehemaligen Kolonialherren gebunden sind.
Europa schöpft bis heute den wirtschaftlichen und politischen Vorteil dieser Geschichte.
Ob kulturelle Revolution im Morgenland oder Abendland. Es ist utopisch zu glauben, dass ein paar Denker einen zivilisatorischen Aufstieg tragen können.
Mal davon abgesehen, dass bestimmte gesellschaftliche Voraussetzungen da sein müssen, damit es überhaupt genug schlaue Köpfe gibt und die sich auch durchsetzen können.
Mag ja toll klingen, wenn man glaubt das der Mensch alles im Griff hat und alles von ihm abhängt.
Die Realität sieht etwas anders aus.
Es gibt ungleich entwickelte Völker und Zivilisationen weil es überall ungleiche Ausgangssituationen gab.
Zweifelhaft ob man solche Dinge auf einen Satz wie "dann kamen die ultra konservativen und sorgten für ein Verfall und Rückschritt der Muslime" reduzieren kann.
Oder "ja dann wussten wir es besser als die Kirche und mit unseren schlauen Denkern der Aufklärung kam der Aufstieg des Abendlands".
So dachten vielleicht damals die unbelesenen Leute die nicht den Zugang zur den heutigen Geschichtsbüchern hatten.
Ähnlich wie in der Religion bilden sich dann einfache Erklärungen um komplexe Vorgänge zu erklären.