@Afterlife“ Oder haben wir Angst davor und wollen der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen.“Das denke ich, trifft es am besten…
:)Das Theodizeeproblem ergibt sich also aus folgenden Annahmen:
A. Es gibt einen Gott, dieser ist personal und hat die Welt erschaffen.
B. Dieser Gott ist allmächtig, allwissend und gütig.
C. Jemand, der gut (gütig) ist, würde nach Möglichkeit etwas, was schlecht oder böse ist, nicht tun und es verhindern, wo er kann oder es ganz eliminieren.
D. Es gibt Übel in der Welt.
Eine Theodizee wäre demnach die Rechtfertigung Gottes angesichts der Übel der Welt. Die große Relevanz des Problems ergibt sich daraus, dass dies sowohl ein logisches als auch ein moralisches Problem mit weit reichenden Implikationen ist.
Eine solche Rechtfertigung müsste sich auf fünf Stufen gegen skeptische Einwände behaupten:
1. Die Annahmen der Theologen beruhen auf bestimmten Prämissen. Jede dieser Prämissen ist frag-würdig im doppelten Wortsinn, m. A. nach ist die skeptische Position hier stärker. Eine Widerlegung einer einzigen theistischen Prämisse lässt die Theodizee scheitern.
2. Angenommen, alle Einwände gegen die skeptische Position aus 1. könnten entkräftet werden, dann gibt es Einwände gegen diese Rechtfertigung selbst. Auch hier müsste jeder einzelne skeptische Einwand widerlegt werden (wie auf Stufe 1., ein Scheitern auf einer Stufe macht alle folgenden Stufen überflüssig und lässt das Theodizeeproblem ungelöst).
3. Angenommen, die Rechtfertigung gelingt trotz aller Einwände auch auf Stufe 2., dann müsste ein Theist auch die Umkehrung der Argumentation entkräften. Diese sieht so aus: Wie kann man angesichts des Guten in der Welt die Boshaftigkeit Gottes rechtfertigen? Das geht i. d. R. (in den meisten Fällen) mit exakt derselben theistischen Argumentation (man muss nur 'gut' und 'böse' austauschen). Der Theist hat jetzt drei Möglichkeiten:
a. Er kann die Rechtfertigung des Bösen widerlegen. Damit ist zugleich seine Begründung der Theodizee gescheitert, denn zum einen ist ein Argument, welches A "beweist" und Non-A gleichzeitig ungültig (sog. Universalargumente), zum anderen lässt sich die Begründung nun gegen ihn verwenden.
b. Er kann die Rechtfertigung des Bösen akzeptieren, weil es keine guten Argumente dagegen gibt - dann könnte er aber nie mehr sicher sein, nicht einen bösen Dämon anstelle eines guten Gottes anzubeten.
c. Die häufigste Variante ist die Flucht in den Irrationalismus, alle nicht passenden Argumente werden verworfen, gleichgültig, wie sie begründet sind.
4. Sollte die Argumentation die Stufe 3. wider aller Erwartung überstehen, dann kann eine Rechtfertigung nur darin zu bestehen, dass die Übel der Welt unvermeidbar sind und Gott keine bessere Welt hätte erschaffen können. Wenn man diese Argumentation anerkennt, dann ist damit zugleich die Existenz des Paradieses widerlegt (und die Hoffnung auf eine 'ausgleichende Gerechtigkeit'), also der Kernpunkt der christlichen Botschaft erweist sich als ungerechtfertigt. Wenn man an dem Glauben, es gäbe ein Paradies trotzdem festhält, dann stellt sich die Frage, warum Gott die Bedingungen nicht gleich so gestaltet hat wie im Paradies - da er es nicht getan hat, muss man ihm Boshaftigkeit unterstellen (Unfähigkeit kann es jedenfalls nicht mehr sein). Wenn man trotzdem immer noch daran festhält, muss man zugestehen, dass es auch im Paradies jederzeit wieder die Möglichkeit einer Vertreibung geben könnte. Da bleibt nur Raum für eine völlig irrationale Hoffnung ...
5. In der letzten Instanz müsste man die Aufrechnung von Leid gegeneinander rechtfertigen (dies gilt nicht für Argumentationen, die die Existenz von Leid überhaupt bestreiten, was meist nicht gemacht wird). Ferner müsste das Leid noch gegen den Einwand verteidigt werden, dass es uns zugefügt wird, ohne uns zu dazu gefragt zu haben, d. h. wir konnten nichts dazu sagen, ob wir diese Rechtfertigung für uns zugefügtes Leid akzeptieren.
Die meisten bekannten Theodizeen scheitern schon an der ersten Stufe, spätestens aber auf der dritten. Es scheint ein bisschen widersinnig zu sein, angesichts der Übel der Welt tatsächlich nach einer Rechtfertigung für Gott zu suchen.
http://www.dittmar-online.net/religion/theodizee/index.html