@BefenBereits im März berichtete der Journalist Seymour Hersh in einem in demMagazin New Yorker veröffentlichten Artikel, daß die US-Regierung ihre Strategie für denmittleren Osten dahingehend verändert hat, Sunniten in der Region zu unterstützen, um soletztlich den Iran - und andere Shiiten, namentlich die Hizb Allah im Libanon - zuschwächen.
In einem Interview in der Sendung "Your World Today" des Senders CNNInternational stellte Hersh nun eine direkte Verbindung zwischen diesem Strategiewechselund den derzeit im Libanon stattfindenden Kämpfen von Regierungstruppen mit der "Fatahal-Islam" her.
Diese werde indirekt - über dem Umweg der libanesischen Regierungund Saudia-Arabiens - von den USA unterstützt, so Hersh. Grundlage sei ein geheimesAbkommen zwischen dem US-Vizepräsidenten Richard "Dick" Cheney, Elliott Abrams, demstellvertretenden "Berater für Nationale Sicherheit" der USA und dem saudischen PrinzenBandar bin Sultan, dem "Berater für Nationale Sicherheit" von Saudi-Arabien. Demzufolgeunterstützt Saudi-Arabien insgeheim die Fatah al-Islam, um so ein Gegengewicht zur HizbAllah zu schaffen. Die USA ihrerseits unterstützen die libanesische Regierung mit Geldernund Militärhilfe im Gesamtwert von rund einer Milliarde US-Dollar, wovon ein Teilwiederum der Fatah al-Islam zufließe, da auch die libanesische Regierung unterPremierminister Fouad al-Siniora daran interessiert ist, die Hizb Allah zuschwächen.
Ein derartiges Vorgehen seitens der USA ist keineswegs neu, hier seinur an die Unterstützung - beziehungsweise den Aufbau - der Taliban zur Bekämpfung dersowjetischen Armee in Afghanistan und die Unterstützung Saddam Husseins im Krieg gegenden Iran erinnert.
Auf die Frage der Verstrickung der USA in die Unterstützung derFatah al-Islam sagte Hersh: "Nun, die USA sind tief verstrickt. Die sist eine verdeckteOperation, die Bandar mit uns durchführte. Und vergessen Sie nicht, wenn Sie sicherinnern, gerieten wir in den Krieg in Afghanistan bekanntlich durch die UnterstützungOsama bin Ladens, der Mujaheddin dort Ende der 80er Jahre, zusammen mit Bandar und Leutenwie Elliott Abrams, das Konzept, daß die Saudis uns versprachen, die Jihadistenkontrollieren zu können, also wandten wir damals viel Zeit und Geld auf, die VereinigtenStaaten Ende der 80er Jahre benutzten und unterstützten die Jihadisten, um uns zu helfendie Russen in Afghanistan zu schlagen und sie wandten sich gegen uns. Und wir haben dasgleiche Muster, als hätten wir gar nichts gelernt. Es ist das gleiche Muster die Saudiszu benutzen, um Jihadisten zu unterstützen, die Saudis versichern uns, daß sie dieseGruppen kontrollieren können, die Salafisten und alle anderen, Gruppen, wie jene, diesich jetzt Kämpfe mit der Regierung in Tripolis liefert."
"Der Feind unseresFeindes ist unser Freund, die Jihadisten-Gruppen im Libanon sind auch dazu da, gegen NasrAllah, Hizb Allah vorzugehen. Die Hizb Allah, wenn Sie sich erinnern, hat im vergangenenJahr Israel besiegt - gleichgültig, ob die Israelis dies zugeben wollen - also haben wirdie Hizb Allah, eine bedeutende Bedrohung für die Amerikaner - sehen Sie, dieamerikansiche Rolle ist derzeit sehr einfach. Condoleezza Rice, die Außenministerin, wardahingehend sehr gesprächig. Wir sind jetzt damit beschäftigt, Sunniten wo immer möglichgegen die Shiiten zu unterstützen, gegen die Shiiten im Iran, gegen die Shiiten imLibanon, das ist Nasr Allah und so weiter. Das Spiel heißt also, man könnte es fast...die Araber nennen es Fida - Bürgerkrieg. Wir sind jetzt damit beschäftigt, an einigenOrten, insbesondere im Libanon, religiöse Gewalt zu erzeugen", so Hershweiter.
Die übliche Behauptung, Syrien stecke hinter der nun im Libanonausgebrochenen Gewalt, wies Hersh entschieden zurück. "Wenn das wahr wäre, daß Syrien,das der Hizb Allah sehr nahe steht - und von der Bush-Regierung scharf kritisiert wird,weil es ihr so nahesteht - auch diese Gruppen unterstützt - salafistische Gruppen, dieder Hizb Allah sehr feindlich gegenüberstehen - das macht keinerlei Sinn, das istvollkommen unlogisch. Was es einfach ist, ist ein geheimes Programm, an dem wir uns mitden Saudis als Teil eines größeren Programms beteiligen, um alles in unserer Machtstehende zu tun, um die Verbreitung des shiitischen Glaubens, die shiitische Weltaufzuhalten und es hat uns einfach in den Hintern gebissen, wie es schon in derVergangenheit geschehen ist", sagte Hersh.
Die Moderatorin Hala Gorani fragteHersh daraufhin, warum es logischer wäre, wenn die USA zumindest indirekt eine derartextremistische Organisation unterstützen, wenn dies für Syrien so widersinnig wäre. Hershantwortete darauf: "Nun, Sie erwarten Logik von der Regierung der Vereinigten Staaten.Aber das ist in Ordnung. Wir vergessen das jetzt mal. Grundsätzlich ist es sehr einfach:Diese Gruppen sehen - als ich in Beirut war, um Interviews hierfür durchzuführen, sprachich mit hochrangigen Beamten der Siniora-Regierung, die zugaben, daß der Grund dafür, daßsie die radikalen jihadistischen Gruppen wie jene, die jetzt in Tripolis kämpft,tolerierten, war, daß sie sie als Schutz vor der Hizb Allah ansahen. Die Angst vor derHizb Allah in Washington, insbesondere im Weißen Haus, ist heftig. Sie glauben einfach,daß Hassan Nasr Allah absolut plant, hier in Amerika Krieg zu führen und dazu auch in derLage sei. Ob daß wahr ist, ist eine andere Frage. Aber es gibt eine höchste, absolutüberwältigende Angst vor der Hizb Allah und wir wollen nicht, daß die Hizb Allah eineaktive Rolle in der Regierung des Libanons spielt und das ist unsere Politik, letztlich,die Siniora-Regierung zu unterstützen, trotz ihrer Schwäche gegenüber der Koalition. Dasist nicht nur Siniora, sondern auch Herr Aoun, der ehemalige militärische Anführer desLibanons. Sie sind in einer Koalition, die wir absolut verabscheuen."
Dierücksichtslose Durchsetzung von US-Interessen - oder was die Regierung der USA dafür hält- hat also einmal mehr zum Tod von bisher über 100 Menschen im Libanon geführt. Nochweitaus schwerwiegender dürfte allerdings die nur zu naheliegende Schlußfolgerung sein,daß die USA auch den Bürgerkrieg im Irak fördern, wie hier schon mehrfach beschrieben.Die Zahl der dieser "Politik" geschuldeten Opfer dürfte in den letzten Jahrzehnten -ungeachtet Vietnam - in die Millionen gehen.