Koran im wissenschaftlichen Visier
03.02.2007 um 11:04
Bislang dachte ich, der Islam sei eine relativ einfache Religion, im Sinne von einfach zuverstehen (Grundlage Koran und natürlich daran zu glauben) und einfach zu handhaben, imSinne von Lebensregeln die im Koran beschrieben sind. Nicht im Sinne von Einfältig (dashatte mir mal jemand vorgeworfen, so war das aber nicht gemeint). Aber durch die vielzahlder Hadithe, deren Unterschiede, der Sunna als Teil der Hadithe oder die Hadithe als Teilder Sunna mit einbezogen, oft in islamischen Staaten auch als Teil der Verfassung, stelleich fest, es ist sogar weitaus schwieriger als zB. im Christentum. Denn wenn die Bibelals Grundlage des christlichen Glaubens auch etwas schwieriger ist in seiner Gesamtheit,weil sie viele Bücher enthält unterschiedlichster Zeitepochen und Autoren, so ist sie insich schlüssig und ausreichend für die christliche Religion. Tritt man noch in eineKirche ein, hat man zusätzlich Kirchenlehre bzw. Kirchensatzungen zu befolgen. Allerdingswenn man zB. nicht regelmäßig zur Kirche geht, hat das keine direkten Folgen für dieMitgliedschaft. Die Kirchensatzungen sind somit eher Empfehlungen, eine Richtschnur,etwas im Glaubensleben an die Hand genommen werden, man kann sich daran orientieren, musses aber nicht. Grundlage bleibt die Hl. Schrift der Bibel, insbesondere das neueTestament mit der Lehre und Botschaft Jesu und seinen ersten Jüngern und Aposteln.
Im weiteren haben wir Christen eine weitestgehende Trennung von Kirche und Staat.Religiöse Grundsätze wie: Du sollst nicht töten sind auch Teil der staatlichen Gesetze,aber ohne religiösen Bezug, sondern im Sinne einer Human-Ethik. Somit ist gewährleistet,dass die staatlichen Gesetze für alle gelten, selbstverständlich auch für Ungläubige oderNichtgläubige oder Andersgläubige. In islamischen Staaten, wo es keine Trennung gibtzwischen Staat und Glaube, ist das islamische Gesetz vorherrschend für alle, gleich obsie nun Gläubig im Sinne von Muslimen sind, oder nicht.
Wie legitimiert sichaber so ein "Gottesstaat?" - In der Republik Jemen zB. heißt es, dass die Getze nicht imWiderspruch zum Koran und zur Sunna sein dürfen. Falls doch, müssen sie geändert werden.Ich würde sagen: Ein akzeptabler Kompromiss. Nur, warum wird hier die Sunna miteinbezogen? Reicht der Koran als solches nicht aus? Was steht denn höher? Die Offenbarungim Koran oder die überlieferten Hadithe? Und wegen der Vielzahl der Hadithe und derenUnterschiede ist es fast schon unmöglich sich daran überhaupt einigermaßen zuorientieren. Die Rechtsschulen sind somit gewisse Instanzen, die eine allgemeine Deutungoder Interpretation für die Gläubigen festlegen. Wenn aber nun ein Gläubiger zu eineranderen Deutung oder Interpretation kommt, hat man ein Problem. Oder wenn in einemanderen Land andere Interpretationen vorherrschen von den gleichen Hadithen. Welche sinddenn nun für den Gläubigen maßgebend? Vor allem für solche, die viel reisen ! Da muss mansich dann in diesem Land anders verhalten als in jenem Land, obwohl sich alle alsGläubige Muslime bezeichnen. Das ist schwierig !
Ich sehe eigentlich, dass ihrMuslime ganz ähnliche Probleme habt wie wir Christen. Denn neben dem offiziellenChristentum, das es so ja auch nicht gibt, aber sagen wir mal, dem Christentum nachkatholischer, orthodoxer und evangelischer Amtskirchenlehre gibt es daneben und gab esschon immer auch Abweichungen im Glaubensverständnis. Daraus resultieren auch die vielenKirchenspaltungen und Gruppierungen in Katholisch oder Orthodox, in Alt-Katholisch, inAnglikanisch, in Evangelisch, in Frei-Evangelisch, Evangelisch-Freikirchlich usw... Dieeinheitliche Linie des Christentums wurde vor allem durch das berühmte ersteKirchenkonzil erst überhaupt möglich, wo eine einheitliche Bibel begründet wurde alsMaßstab für ein offizielles Christentum als Orientierungsmaßstab. Schriften die bis dahinund bis heute noch Verwirrung hervorrufen und dem Grund-Kanon der Hl. Schriftenwidersprechen (die Apokryphen) wurden weitestgehend ausgesondert. Das hatte Vor- undNachteile, aber es schaffte zumindest eine gewisse Ordnung und einen Orientierungsmaßstabder in sich schlüssig war.
Bei der Hinzunahme der Hadithe und der Sunna zumKoran hat man da nicht auch genauso Schwierigkeiten? Der Koran spricht eine relativ klareund deutliche Sprache und müsste als Glaubensfundament für den Islam eigentlich völligausreichen. Aber durch die Hinzunahme der Hadithe und der Sunne wird es meines Erachtenswieder sehr undurchsichtig und kompliziert. Kann man daher nicht auch die Hadithe maldahingehend ordnen und sortieren in Wichtige Bestandteile als Orientierungsmaßstab undunwichtige, die vielleicht an sich interessant sind für diejenigen die sich vertiefendmit dem Islam auseinander setzen wollen, die aber für das Glaubenslebend weniger relevantsind? Oder hat man das schon vollzogen? Und warum nehmen die Hadithe oder die Sunna fürden muslimischen Gläubigen, also den Moslem einen so hohen Stellenwert ein? AlsAußenstehender könnte man fast meinen, sie haben gar einen höheren Stellenwert als derKoran selbst. Und das kann ja nicht gut sein. Denn wenn der Koran eine göttlicheOffenbarung ist, wie kann man dann noch etwas darüber stellen? VerbindlicheGlaubensregeln müssen doch im Koran verankert sein, wenn sie überhaupt eine legitimeGrundlage bilden wollen, sind sie hingegen aus sich selbst sprechend nur in den Hadithenzu finden, wieso sind sie als Sunna zB. Teil einer staatlichen Verfassung in islamischenLändern?
Vielen Dank für Euer Verständnis. Entschuldigung, wenn ich mich in eureGlaubensangelegenheiten einmische, klar, es geht mich nichts an, was habe ich als Christdamit zu tun, aber ich bin ein neugieriger Mensch, wissbegierig bin ich auch und derIslam interessiert mich auch noch...