Der Koran hat Recht, die Bibel nicht?
21.10.2007 um 19:04
"""Eines verwundert mich: Muslime zweifeln die Authenzität der Evangelien an weil sich keine Originale mehr finden lassen und die ältesten Handschriften auf 30 -65 Jahre nach dem Ableben Jesu datiert werden"""
Die älteste Handschrift ist ein zudem zur Hälfte unkenntlicher Fetzen aus dem Johannesevangelium, danach gibt es erst wieder Handschriften ab ca. 100 bis 120 nach Christus.
Aber das ist nicht entscheidend. Entscheidens ist, dass es keine Überlieferungstradition der Bibel gibt. Die Evangelien haben auch keinen mündlichen Charakter, wenn dann wurden ohnehin nur die Inhalte sinngemäß weitertradiert und/oder notiert
"""Nun scheint das beim Koran aber nicht anders zu sein. Wird da dann nicht mit einem Doppelmaßstab gemessen?"""
Die Handschriften welche im Jemen gefunden werden, sollen zwischen frühestens 50 und 100 nach dem Tod des Propheten zu datieren sein. es handelt sich hier aber nicht nur um Fetzen, sondern um sehr viele längere Auszüge.
Aber wie gesagt - Das ist nicht entscheidend, auch wenn es Handschriften 5 Jahre nach dem Tod des Propheten gäbe, würden Gegner sagen, dass sie verfälscht sein könnten. Handschriften sind leichter verfälschbar als mündliche Zeugnisse - unter der Vorraussetzung, dass es genug Tradenten und Zeugen gibt wie dies bei der Koranüberlieferung der Fall war - abgesehen davon dass er als Stütze auch schriftlicfh notiert wurde. Aber die mündliche Überlieferung spielte in den ersten Generationen eine größere Rolle, sie ist bis heute sehr wichtig!
"""Erschwerend kommt auch noch hinzu dass die Evangelien keinen Anspruch auf Verbaloffenbarung Gottes erheben und somit die sinngemäße Wiedergabe der Lehre Jesu im Vordergrund steht, es wäre folglich nicht wesentlich ob jeder Ausspruch Jesu bis in kleinste Detail, wortgetreu wiedergegeben wurde, weil es ja um den sinngemäßen Inhalt geht"""
Das sehe ich gaaanz anders. Gerade bei den theologischen Fragen um den Status Jesu reicht mitunter die Verdrehung eines Wortes oder von ein paar Buchstaben, um komplett andere theologische Inhalte zu vermutteln.
Außerdem ist griechisch die Sprache der Evangelien, Aramäisch war aber die Sprache Jesu. Prophetisch Rede kann unmöglich komplett richtig in eine andere Sprache übertragen werden.
"""Der Koran hingegen erhebt den Anspruch darauf Wort für Wort von Gott offenbart worden zu sein, dann wäre die kleinste Wortänderung fatal. Und deshalb frage ich ja auch so provozierend nach einem Beweis dass der Koran 100%ig sicher überliefert wurde. Denn, ganz ehrlich: Ich zweifle an der mündlichen Überlieferung des Korans. Das ist so wie wenn man stille Post spielt"""
Du kannst daran zweifeln, das ist legitim und deine Sache
Aber wie "stille Post" war das ganz bestimmt nicht
BekChris@
"""Ich finde es schon sehr seltsam, “das koranische und damit islamische Prinzip“, wie Du es nennst und
dass das “ islamische Gesetz sich schrittweise in den 22/23 Jahren Offenbarungszeit entwickelte.“
Mohammed wäre doch sicher in der Lage gewesen, die Gesetze in kurzer Zeit zu empfangen und nicht in 22/23 Jahren immer mal wieder etwas und dann auch noch etwas sich veränderndes"""
Das Leben ist dynamisch, dem trägt der Koran Rechnung. Wäre alles auf einmal gekommen, hätte es nicht die Möglichkeiten gegeben, dass die Gefährtend es Prophethen MIT der Offenbarung lernen - learning by doing lässt Inhalte besser verinnerlichen
"Mose hat das Gesetz, die zehn Gebote auf einmal bekommen, das heißt, in den 40 Tagen auf dem Berg Horeb, auf dem Gott zu ihm gesprochen hat (siehe 2. Mose 20)"
Ja stimmt - worin besteht der Widerspruch, zumal es sich da nur um eine Art Grundgesetz handelte?
"""Komisch finde ich auch, dass Allah nach dem, was Du geschrieben hast, Mohammed nicht alles sagte und die Möglichkeit belies, dass die Muslime “ daraus Erkenntnisse ziehen, wie sie selbst Recht entwickeln können/müssen“.
Warum lässt Allah den Muslimen so viel Freiheit in der „Entwicklung“ von Erkenntnissen“, wo doch ansonsten viele Kleinigkeiten geregelt sind ?"""
Weil wir Menschen uns nicht dem Fatalismus hingeben sollen, sondern selbst unseren Hintern bewegen sollen. Wir sind dafür geschaffen, Gott mit unserem ganzen Wesen zu dienen
"""Du schreibst weiter:
Die Idee der schrittweisen Umsetzung, der Politik der kleinen Schritte, ist im Islam auf der Grundlage dieses Prinzip bei der Offenbarung des göttlichen Rechts verankert.
Nur Muslime welche die Grundprinzipien der Rechtsfindung und Anwendung ignorieren, gehen von einem starren Rechtsverständnis aus"""
"""Ich verstehe das so, dass die Muslime Allahs Gesetze so interpretieren und schrittweise so umsetzen können“, wie es gerade in die Zeit passt. Diesen Eindruck kann man auch aus Deinen Beiträgen bekommen"""
Nein das islamische Recht unterscheidet klare Pflichten und Verbote und "verhandelbare" Gesetze.
Die 5 Pflichten oder die bekannten Verbote sind nicht verhandelbar, viele Einzelfragen sind Auslegungssache
Wann das Gesetz umgesetzt wird, hängt natürlich AUCH von äußeren Umständen ab. Das islamische Gesetz war bis ins 20. jahrhundert nie weltfremd
Der Prophet sagte sinngemäß: "Das Erlaubte ist klar, das Verbote ist klar, und was dazwischen ist ist mehrdeutig/nicht eindeutig. Dann befragt euer Herz"
Er stimmte einem in den Jemen entsandten Richter unter den Gefährten zu, dass er zuerst nach dem Koran, dann nach der Sunna und schließlich nach seinem eigenen Rechtsempfinden Recht sprechen solle
"""Du schreibst von „rechtlicher Bedeutung aufgehoben“ und weiter „sind aber noch von rechtlicher Bedeutung“. Wer soll sich da, außer einigen, die dieses jonglieren mit Geboten können, noch auskennen ?
Wer hat bestimmt, „dass ein Vers keine allgemeine Bedeutung mehr“ hat ?
Wer von den einfachen und unstudierten Muslimen soll da noch klar kommen mit aufgehobenen Versen, in denen trotzdem noch eine „rechtliche Bedeutung“ steckt ?
Ein wahres Verwirrspiel in ,meinen Augen, so dass der einfache Muslim völlig dem Hodscha und seiner Interpretation ausgeliefert ist"""
Man kann den Koran auch alleine lesen, aber natürlich braucht man einen Lehrer, wenn man sich mit dem Thema "Recht im Koran" genauer beschäftigen will.
Was dagegen Glaubensfragen betrifft, kann sich jeder selbst im Koran erarrbeiten. Das ist auch sein Hauptzweck. Er beschäftigt sich weniger damit, wie man im Einzelnen Gesetze umsetzen muss, sondern um die übergeordnete Idee. Daher sind Angaben über die Scharia im Koran immer bruchstückhaft.
Die praktische Umsetzung hat uns im Wesentlichen der Prophet s.a.s. gelehrt
"""Dass ein Muslim zehn Feinden gegenüber bestehen kann und auf der gleichen Seite gegenüber zwei Feinden bestehen kann, verstehe ich nicht.
Ich denke, der Koran wurde durch Uthmann aus sieben vorhandenen zu einem „koordiniert“, wieso dann zweierlei Aussagen „auf der gleichen Seite“?"""
Um nachvollziehen zu können, welche Erleichterungen uns Allah schenkt
"""Deine weiteren Ausführungen finde ich katastrophal, was sich da angeblich Allah und die Ausleger des Koran einfallen ließen:
Es gibt Verse die in ihrer rechtlichen Bedeutung aufgehoben, meistens aber nur eingeschränkt wurden.
Damit zeigt uns Allah, der beste aller Lehrer, dass sich die Scharia immer und überall erst entwickeln muss und kein starres Gebilde ist.
Wir können anhand dieser Verse nachvollziehen, wie es zu den endgültigen Rechtsbestimmungen gekommen ist
Es tut mir leid, doch ich finde sowohl den Koran, als auch Deine (in Ehren gehaltenen) Bemühungen über den Koran zu informieren, eine einzige Katastrophe und ein herumeiern um den heißen Brei"""
Dein überlegenes Getue schön und gut - aber wo ist hier ein Argument :D
versteckt ???