Interpretationen zu Steiners Aussagen; Frage: "War Rudolf Steiner ein "völkischer Antisemit"?
".....................Anders als Theodor Fritsch, Alfred Rosenberg oder Max Bewer, die einen "arischen Christus" propagierten, sah Steiner in Jesus von Nazareth einen hochstehenden jüdischen "Eingeweihten", der während der Jordan-Taufe den Christus-Geist in sich aufgenommen habe.(102) Im Unterschied zur Argumentationsweise der Rassenantisemiten, die einen manichäischen Antagonismus von "arischer" und "jüdischer" Rasse" konstruierten, erblickte Steiner zudem gerade in den "Ursemiten" die Begründer der "arischen Wurzelrasse", deren Angehörige vor allem die "Denkkraft" entwickelt hätten.(103) Steiner deutete die Weltgeschichte auch nicht wie Arthur Comte de Gobineau als Arena von "Rassenkämpfen" oder wie Alfred Ploetz als Laboratorium eugenischer Zuchtexperimente, sondern sah in ihr einen Prozess allmählicher Emanzipation von "Gattungsmerkmalen" wie Rasse, Vererbung oder Geschlecht. Dem Selbstverständnis ihres Urhebers nach bildete die Anthroposophie somit einen Gegenentwurf zur zeitgenössischen naturalistischen Anthropologie, welche die vermeintliche genetische Determination des Menschen zur Richtschnur ihres Denkens und Handelns bestimmte und in letzterem oft ein Zielobjekt rassenhygienischer Manipulation und Selektion erblickte.(104) Es werde dahin kommen, so prognostizierte Rudolf Steiner bereits 1907, "dass alle Rassen- und Stammeszusammenhänge wirklich aufhören. Der Mensch wird vom Menschen immer verschiedener werden. Die Zusammengehörigkeit wird nicht mehr durch das gemeinsame Blut vorhanden sein, sondern durch das, was Seele an Seele bindet. Das ist der Gang der Menschheitsentwicklung".(105)
In dem völkischen Konstrukt einer "Volksgemeinschaft" erblickte er einen gefährlichen Rückfall in atavistische Bewusstseinsformen, dem er seit 1917 seine politische Utopie einer "Dreigliederung des sozialen Organismus" entgegensetzte, die er als Beitrag zur Fortbildung der parlamentarischen Demokratie verstand. Das so genannte Dreigliederungskonzept sah eine Entmachtung des ethnisch definierten Nationalstaates durch die Entflechtung der Bereiche Staat, Bildungswesen und Wirtschaft vor.(106) "Ein Mensch", so urteilte Steiner 1917 im Hinblick auf die Ursachen des Ersten Weltkrieges, "der heute von dem Ideal der Rassen und Nationen und Stammeszugehörigkeiten spricht, der spricht von Niedergangsimpulsen der Menschheit. Und wenn er in diesen so genannten Idealen glaubt, fortschrittliche Ideale vor die Menschheit hinzustellen, so ist das die Unwahrheit. Denn durch nichts wird sich die Menschheit mehr in den Niedergang hineinbringen, als wenn sich die Rassen-, Volks- und Blutsideale fortpflanzen."(107) Stattdessen sei es notwendig, dass die anthroposophische Bewegung " … gerade im Grundcharakter dieses Abstreifen des Rassencharakters aufnimmt, dass sie nämlich zu vereinigen sucht Menschen aus allen Rassen, aus allen Nationen, und auf diese Weise überbrückt diese Differenzierung, diese Unterschiede, diese Abgründe, die zwischen den einzelnen Menschengruppen vorhanden sind."(108)
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Die zuerst von Julia Iwersen (116) verbreitete, dann von Helmut Zander (117) und Micha Brumlik (118) reproduzierte Kolportage, Steiner habe "die Juden" für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verantwortlich gemacht und sei somit als Multiplikator antisemitischer Verschwörungsmythen in Erscheinung getreten, zeigt immerhin, wie ausgeprägt selbst unter seriösen Wissenschaftlern die Bereitschaft ist, sich im Umgang mit devianten Strängen der jüngeren Religions- und Ideengeschichte eher auf Vorurteile zu verlassen denn auf ein sorgfältiges Studium einschlägiger Quellen: Den Kontext der betreffenden Aussage bildete eben nicht die von Iwersen postulierte Schuldzuweisung an Juden, sondern eine Kritik an dem europäischen Nationalismus, der zum Ersten Weltkrieg geführt habe. Den Zionismus nahm Steiner von dieser Kritik nicht aus, sofern dessen politische Programme mit dem europäischen Nationalismus konvergierten. (119)
Die "Protokolle der Weisen von Zion", in denen sich der judeophobe Verschwörungsmythos idealtypisch verdichtete, wies Steiner ausdrücklich als "Fälschung" politisch reaktionärer Kreise zurück. (120) In der Verbreitung der so genannten Dolchstoß-Legende erblickte er den Versuch deutscher Militärs, die Verantwortung für die Niederlage im Ersten Weltkrieg auf politisch missliebige Gruppen abzuwälzen, zu denen vor allem Juden und Kommunisten gehörten. (121) Eine unfreiwillige Pointe liegt freilich darin, dass der frühe Apostat des katholischen Kirchenchristentums und spätere Neognostiker Steiner den antisemitischen Verschwörungsmythos seiner Zeit zu entkräften suchte, indem er bei einem anderen – damals nicht minder populären – Konspirationsglauben Zuflucht nahm: Die "Protokolle" werden nicht den Juden, sondern den Machinationen fortschritts- und demokratiefeindlicher Jesuiten angelastet."
Nachzulesen:
http://www.antisemitismus.net/deutschland/steiner-7.htm (Archiv-Version vom 09.12.2004)Steiner hat sich damals mit viel zu vielen Dingen beschäftigt, war äusserst schwatzhaft und bot (bietet) demzufolge eine große Angriffsfläche:
"Der Christus ist kein Volksgott, ist kein Rassengott, der Christus ist überhaupt nicht der Gott irgendeiner Menschengruppe, sondern der Christus ist der Gott des einzelnen Menschen, insofern dieser einzelne Mensch nur ein Angehöriger der gesamten Menschheit ist".
In dem völkischen Konstrukt einer "Volksgemeinschaft" erblickte er einen gefährlichen Rückfall in atavistische Bewusstseinsformen, dem er seit 1917 seine politische Utopie einer "Dreigliederung des sozialen Organismus" entgegensetzte, die er als Beitrag zur Fortbildung der parlamentarischen Demokratie verstand. Das so genannte Dreigliederungskonzept sah eine Entmachtung des ethnisch definierten Nationalstaates durch die Entflechtung der Bereiche Staat, Bildungswesen und Wirtschaft vor.(106) "Ein Mensch", so urteilte Steiner 1917 im Hinblick auf die Ursachen des Ersten Weltkrieges, "der heute von dem Ideal der Rassen und Nationen und Stammeszugehörigkeiten spricht, der spricht von Niedergangsimpulsen der Menschheit.
*****Das so genannte Dreigliederungskonzept sah eine Entmachtung des ethnisch definierten Nationalstaates durch die Entflechtung der Bereiche Staat, Bildungswesen und Wirtschaft vor.***** - Was halten wir heute davon?
Gruß
Die Reihenfolge ist:
Regnerisch kühl, Schaufensterbummel, Hundekot.