Europa wird zum Schreckgespenst
Von Jakob Augstein
Die Dänen führen wieder Grenzkontrollen ein, Frankreich fürchtet Flüchtlingswellen: Bei unseren Nachbarn greift die EU-Skepsis um sich - doch auch die Einstellung der Deutschen zu Europa ist erschreckend....
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,762049,00.html (Archiv-Version vom 14.05.2011)Wenn man die EU als Selbstbedienungsladen versteht, in dem es für jeden daheim abgeschobenen Idioten ein Pöstchen gibt (EU-Kommissare, Parlamentarier) oder es notfalls geschaffen wird, in dem über Dinge entschieden wird, die katastrophal sind, und sich bestenfalls am kleinsten gemeinsamen Nenner orientieren, wo alle vier Jahre eine lästige Wahl abgehalten wird, die letzten Endes KEINE Auswirkungen auf die folgende Gesetzgebung hat, wenn man mit ansehen muss, wie kriminelle Intriganten der anderen Länder plötzlich im eigenen Land was zu sagen kriegen, wenn zu keiner Zeit die wahre Qualifikation einer Person über die Position entscheidet, sondern stupides Proporzdenken, wenn man sich immer und immer wieder dem Willen der Menschen widersetzt, dann wird man auf Dauer scheitern!
Haben die Politiker etwa geglaubt, der freie Grenzverkehr wäre sowas wie das Opium fürs Volk? Mal eben nach Holland zum Tanken und ansonsten drüber wegsehen, welche Milliardensummen von den größten anzunehmenden Unfällen europäischer Politik in den Sand gesetzt werden? Glühbirnenverbot, Abschaffung des Meisterzwangs, Warnhinweise auf Lebensmitteln etc. sind ja nur die Spitze des Eisberges Brüsseler Debilität! Es geht in Brüssel (der Bürokratiehauptstadt Europas, die nicht mal in der Lage ist, ihr eigenes Völkchen zusammenzuhalten) um Provinzpossen und Begünstigungen, um Lächerlichkeiten bis hin zum regelmäßigen Umzug der gesamten Polit-Mischpoke nach Straßburg!
Ich bin im Grunde ein Verfechter des europäischen Kerngedankens, aber die Dekadenz der Volksvertreter und ihre Ignoranz gegenüber dem Souverän, der ja eigentlich wir sein sollten, ist unterträglich. Und wenn ein Volk mal die Chance erhält sich zu äußern, und dann wie zu erwarten dies auch nutzt (siehe EU-Verfassung), dann wundert man sich plötzlich in Brüssel und anderswo, denn direkte Antworten ist man in diesem Paradies schlicht nicht gewohnt. Wieso auch, aufgrund politischer Entscheidungen muss man in diesem Biotop keine Konsequenzen fürchten, wieso sollte da man fragen, ob die Entscheidungen gut ankommen oder nicht!
Dass jegliche Kritik an Europa nun als Erfolg von Rechtspopulismus ausgelegt wird, ist an Perfidie nicht zu überbieten, entschuldigt es doch somit den homo corruptus in Brüssel und verlegt den Ursprungsort des Unwohlseins nach außerhalb. Herr Augstein liegt so falsch mit seiner Interpretation, dass ich mich frage, ob sich heute wirklich jeder "Journalist" nennen darf! Man kann seine Meinung haben, aber damit, jeden, der eine andere Meinung hat, als "Rechten" zu beschimpfen, macht der Autor es sich wesentlich zu einfach! Im Gegenteil, es ist wohl allenfalls Faulheit, weil man sich dann nicht mehr differenziert mit dem "Gegner" auseinander setzen muss.
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Das bedeutet: Außer den Grünen sind alle deutschen Parteien mit dem rechten Virus infiziert. (Archiv-Version vom 14.05.2011)". Ist es nun also schon soweit mit der Political-Correctness gekommen, Herr Augstein?
Alles was mir nicht passt wird als "krank" diffamiert.
Warum nicht gleich eine Einweisung fordern oder noch besser die endgültige Gedankenkontrolle.
Tja. das ist nun mal die Domäne der Linken: Moralische Überlegenheit gepaart mit absoluter Unfehlbarkeit. Der Linke ist nicht nur Volkspädagoge und weiß was gut für alle anderen ist, er duldet auch keine Kritik an seiner ins religiöse gesteigerten Vision des Neuen Menschen, der in Liebe und Frieden mit allen anderen Menschen lebt und eine kulturelle Blue-Box erschafft auf den Böden der ehemaligen Nationalstaaten, in der vorzugsweise die Edlen Wilden des Orients eine Projektionsfläche für ihre Folklore zugestanden bekommen, am besten sogar erlösend das Nazivolk ablösen sollen.
Wenngleich es zur Vermeidung von Konflikten - wie etwa wenn Björn Thorben von Muhammad sein neues Iphone im bereichernden Dialog unsanft entrissen bekommt, der Linke ganz monkulterell unter seinesgleichen weilen möchte und seinen Nachwuchs nicht in der Gesamtschule, sondern doch eher in einer Privatschule im ebenfalls monokultuerellen Stadtrand gedeihen lässt...
Augstein bemerkt zwar zu Recht, dass der Rechtspopulismus in Europa Zulauf erhält, ihm fällt dazu aber nichts ein als eine Diskreditierung der Anliegen ein, die den Rechtspopulisten Zulauf verschaffen. Es ist genau diese Haltung in Medien und Politik, die den Populisten Zulauf verschafft. Ihnen fällt zu den Problemen nichts ein, außer sie schlicht zu leugnen und die Vertreter gewisser Thesen als rechtsradikal zu denunzieren. Augstein nennt 4 Thesen, von denen 3 in keiner Weise eine rechte Position ausmachen:
1. 70 Prozent der Befragten finden, Deutschland gibt zu viel Geld nach Europa.
2. Knapp die Hälfte verlangt, dass die Zuwanderung nach Deutschland drastisch reduziert werden muss.
3. 38 Prozent sind der Meinung, der Islam passe nicht zu unserem Lebensstil und sei eine Bedrohung unserer Werte.
4. Und 30 Prozent fordern ein "unabhängiges Deutschland ohne den Euro, in das keine Europäische Union hineinregiert".
Lediglich die zweite Aussage, die in Richtung "Ausländer raus" geht, lässt sich in eine rechte Ecke stellen. Den anderen Aussagen liegen legitime Anliegen zugrunde.
Dass die EU nicht richtig funktioniert, sollte inzwischen jeder kapiert haben. Was uns aber Linksliberale und Grüne predigen, ist mehr von einer Medizin zu verabreichen, die ganz offensichtlich dem Patienten schadet. Die Untergrabung der nationalen Souveränität durch supranationale Behörden, eine Gemeinschaftswährung, die der unterschiedlichen Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten keine Rechnung trägt - all diese Entwicklungen mit Skepsis zu betrachten, wäre die Aufgabe eines kritischen Journalisten. Gerade die Linksliberalen sind in europapolitischen Fragen in einen banalen Idealismus verfallen, der sich um die harten ökonomischen Realitäten, Finanzmärkte, Wechselkurse, Außenhandelsdefizite und so weiter überhaupt nicht schert und nach dem Motto verfährt, dass nicht sein kann was nicht sein darf. War die Linke nicht ursprünglich materialistisch und kritisch?
Ebenso materialismusvergessen reagiert die idealistische Linke auf die Kritik am politischen Islam. Vergessen ist, dass Karl Marx die Kritik der Religion als Voraussetzung aller Kritik begriffen hat. Heute ist nicht die Linke Vorreiter bei der Kritik an Parallelgesellschaften, religiösen Hasspredigern, Zwangsehen, Kopftuchzwang, Unterdrückung der Frau, Diskriminierung Homosexueller und Drohungen und Gewalt gegen Abtrünnige, Diskriminierung nichtmuslimischer Schüler an Schulen mit hohem Anteil islamischer Schüler. Zu all diesen Problemen fällt diesen Idealisten nichts ein, als Khomeinis politischen Kampfbegriff der Islamophobie zu verwenden, den dieser zur Abdichtung seines fundamentalen Verständnisses des Islam gegen jede Kritik eingeführt hat.
Dass die linke, insbesondere die idealistische, heute nicht mehr Vorreiter der Kritik falscher Verhältnisse, sondern Apologet des Bestehenden ist, dass sie noch jeden Unsinn der mehr Schaden als Nutzen bringt, ideologisch rechtfertigt, macht die stumpfsinnige Rechte erst attraktiv.
Zu viele Leute haben das Gefühl, dass nur die Populisten dagegen etwas ausrichten können. Wenn man sich das mediale Tribunal gegen Sarrazin ansieht, dann erklärt nur das die hohe Zustimmung zu ihm und seinen teilweise unsinnigen Thesen. Die meisten Leute werden dieses schlechte und langatmige Buch nicht gelesen haben, sie haben gedacht, dass einer, über den die Medienmeute so herfällt, Recht haben muss. Da haben sie sich geirrt. Aber das Gespür, dass etwas falsch läuft, stimmt.
Augsteins Denkstereotype ist typisch für die unfaire, abqualifizierende Herabwürdigung Andersdenkender. Da werden Millionen Leute in die rechte Ecke gestellt und fast schon kriminalisiert, weil sie absolut legitime, verfassungskonforme, friedliche, national orientierte Interessen befürworten.
Das visionäre Luftschloß "EU" ist anscheinend leider gescheitert! Aber nicht, weil einige bornierte EU-Bürger das nicht wollten, sondern weil es von den Verantwortlichen vollkommen falsch konstruiert wurde und wider besseren Wissens über die Köpfe der Leute hinweg als "alternativlos" durchgeboxt wurde.
Das wir seit 10 Jahren - wie auch in den 30 Jahren davor - ein unabhängiges, wirtschaftlich starkes Deutschland mit hervorragenden, unproblematischen Beziehungen zu unseren Nachbarn und internationalen Wirtschaftspartnern sein könnten, DAS WAR die Alternative.
Also, Herr Augstein, sie vergessen dass eben der entfesselte Journalismus die Bürger auch über die Systemschwächen der EU aufklärt. Wenn ich jeden 3. Tag mit Bockmist aus Brüssel konfrontiert werde, so sammelt sich dieser wie ein Depot-Gift in meinem Gedächtnis. Daraus entwickelt sich eine pauschale Ablehnung wie diese:
Wir zahlen zu viel Geld für zu wenig Leistung. Und man kann Lieschen Müller nicht damit kommen, dass die EU wirtschaftliche Vorteile für die Deutschen beschert. Ich bin weder Bauer noch Eigentümer eines Industrie-Unternehmens. Ich suche meinen Nutzen und finde ums Verrecken keinen. Und mein Lebensstandard sinkt kontinuierlich. Dies, Herr Augstein,
verbittert, ohne aus einem Liberalen einen Braunen zu machen.
Meine Sicht der Dinge mag ein wenig kurzsichtig sein, oder vielleicht auch egoistisch. Aber sie ist systemkonform und entspricht jenem Bild, das mir über 40 Jahre präsentiert wurde mit dem Auftrag, mitzumachen, ohne nachzudenken.
Meinetwegen können Sie und ihresgleichen nun noch 30% Dumpfbacken ins Feld führen. Aber gehen Sie nicht davon aus, Sie hätten damit "die Deutschen" am Wickel. Das gesellschaftliche Strickmuster ist etwas komplexer, als Sie und ihre Kohorte zu glauben scheinen.