Bürgerkrieg in Syrien
08.08.2016 um 18:34STANDARD: Welche Regionen in Syrien sind derzeit von Hilfslieferungen abgeschnitten? Südhoff: Die IS-Gebiete fast vollständig, und darüber hinaus hatten wir bis vor kurzem zu 18 weiteren belagerten Gebieten praktisch überhaupt keinen Zugang. Jetzt können wir diese 18 Gebiete zumindest punktuell versorgen. Das ist aber immer eine Frage des Verhandelns. STANDARD: Verhandeln mit wem? Südhoff: Mit der Assad-Regierung, teils mit Rebellen. Alle Parteien nutzen ja den Hunger als Waffe. Wir verhandeln aber nicht mit dem IS: Dort könnten wir Hilfsgüter nur an der Grenze der belagerten Gebiete übergeben, das akzeptieren wir nicht. Zumindest gibt es aber jetzt Luftbrücken in zwei vom IS kontrollierte Städte.http://derstandard.at/2000041036885/Alle-Parteien-nutzen-den-Hunger-als-Waffe
STANDARD: Wie laufen die Verhandlungen mit Syriens Regime? Südhoff: Es ist ein Vor und Zurück. Wir müssen immer wieder durch Checkpoints fahren, Papiere und Ladung vorzeigen, und es kann immer passieren, dass sich jemand wichtig macht und den ganzen Konvoi zurückschickt. Dann müssen wir es am nächsten Tag wieder versuchen. STANDARD: Wie groß ist der Anteil der Menschen in Syrien, die sich noch selbst versorgen können? Südhoff: Sehr klein. Mindestens zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Es ist schrecklich.
Nach dem, was nebst Regimegewalt auch "Rebellengruppen" an Schrecken, Plünderung, Vertreibung und Shariaeinrichtung der willkürlichen Art angerichtet haben, haalelluja.
Nusra-Front gefährlicher als IS Säkulare Syrer finden diese Argumentation fatal: Anders als bei den erzkonservativen tribalen Paschtunen in Afghanistan und Pakistan sei in der Levante ein strenger Salafismus diesen Stils historisch völlig fremd. So einen Islam habe es in Syrien nie gegeben. Für den Westen sei das ein Lackmustest, sagt ein Syrer dem STANDARD: "Gilt im Westen vielleicht nur derjenige als Terrorist, der im Westen Attentate verübt – wer in Syrien Menschen terrorisiert und umbringt, ist keiner? Ist der Westen bereit, eine jihadistische Herrschaft über Syrien zu tolerieren?" - derstandard.at/2000042115011/Al-Kaida-legt-in-Syrien-eine-Falle-fuer-den-Westenhttp://derstandard.at/2000042115011/Al-Kaida-legt-in-Syrien-eine-Falle-fuer-den-Westen
In Aleppo entscheidet sich Syriens Schicksalhttp://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.aleppo-in-aleppo-entscheidet-sich-syriens-schicksal.64062836-3053-49df-ab6f-d5b37e0c9f3f.html
Von Birgit Cerha 08. August 2016 - 15:13 Uhr
Die Rebellen haben sich zusammengeschlossen und so offensichtlich die Belagerung der Stadt durchbrochen, doch der erbarmungslose Kampf geht weiter. Das Leben von Hunderttausenden von Zivilisten ist nach wie vor in Gefahr.
Alle Syrer hassen Assad? Ein schwuler Student aus der Hafenstadt Latakia verteidigt den Diktator. Seine Geschichte.http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Die-Revolution-ist-laengst-tot/story/30934969
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«Diese dreckige kleine Sekte»
Als der alawitische Assad-Clan die Macht übernahm, bildete diese Gruppenidentität einen entscheidenden Stabilitätsfaktor für das Regime. Gleichzeitig bleiben die Alawiten dadurch an das Assad-Regime gebunden. Viele sehen in ihm den einzigen Garanten für ihre Sicherheit. Assefs Bewunderung und Unterstützung für Präsident Bashar al-Assad speist sich auch daraus. Viele radikale Sunniten wiederum sehen Alawiten als Repräsentanten der verhassten Macht, als Ungläubige, die nicht zur islamischen Gemeinschaft gehören.
Der ägyptische Sheikh Mohammad al-Zoghbi rief unlängst in einer TV-Predigt zur Vernichtung der Alawiten auf: «Allah! Tötet diese dreckige kleine Sekte. Allah! Zerstört sie. Allah! Sie sind die Agenten der Juden. Tötet sie alle. Das ist ein heiliger Krieg.» Im kollektiven Gedächtnis vieler Sunniten bleibt auch das Massaker von Hama 1982 gegen die aufständischen Muslimbrüder, bei dem Hafez al-Assad vor allem auf alawitische und kurdische Armee-Einheiten zurückgriff.
"Ihr im Westen denkt, alle Syrer hassen Assad. Aber das ist nicht so. Wenn es so wäre, hätte unser Präsident längst aufgeben müssen. Auch ein grosser Teil der Sunniten stand hinter ihm. Die Rebellen wollen kein freies, säkulares Land, sie wollen ein rein muslimisches Land, ein zweites Saudiarabien. Es sind nicht mal Syrer, die unter ihnen kämpfen, sondern islamistische Gangs aus aller Welt. Was haben all diese Europäer, Türken, Tunesier, Tschetschenen oder Saudis in meiner Heimat zu suchen? Diese bezahlten Terroristen zerstören unsere Kultur. Syrien hat mich zu dem gemacht, der ich bin. Ich liebe mein Land. Deshalb wollte ich es nicht verlassen, solange es geht. Da draussen wäre ich wie ein Vogel, der aus einem Käfig entkommen ist, doch mit gebrochenen Flügeln. Aber dann: Welche Chancen gibt es für mich hier noch, ein würdevolles Leben zu führen?"