Welche politische Einstellung habt ihr und warum?
13.07.2018 um 11:27
Ich würde mich als links bezeichnen.
Konjunktiv.
Ich glaube das führt jetzt zu weit, also würde zu ausführlich werden und ich will das eigl. auch nicht ins Internet schreiben, aber ganz grundsätzlich habe ich einen Blick von links auf die Welt.
Ich glaube z.B. dass ein Menschenrecht wie Asyl niemals erlöschen kann und nicht numerisch begrenzt ist. Und finde Abschiebungen von Verbrechern, weil sie Verbrechen begangen haben, falsch. Verbannung ist kein Rechtsmittel unseres Staates und das ist gut so.
Ich finde das Bildung der wichtigste Grundpfeiler unserer Gesellschaft sein sollte und das viel mehr in Bildungsgerechtigkeit investiert werden müsste. Das man mit allen Mitteln versuchen sollte Schule in Deutschland zu einem einheitlichen, hohen Niveau zu bringen, wozu es vor allem sehr viel Geld bräuchte; den Konzepte sind vorhanden.
Ich bin auch für gezielte Maßnahmen gegen Rassismus, was auch strukturellen Rassismus wie Chancenungleichheit meint und bin mir vollkommen im Klaren, dass das uns Weißen weh tun würde und müsste, damit sich wirklich was ändert.
Ich halte es für die Pflicht aller in Deutschland lebenden Menschen sich gleichermaßen für das Andenken an die Shoah einzusetzen und dieses mit Anstand zu bewahren. Denn wir alle profitieren heute von diesem Land, von dem dieser unglaubliche Zivilisationsbruch ausging. Das kann nie überwunden werden, das wird immer bleiben. Das ist eine Verantwortung, die wir alle haben, unabhängig davon wo unsere Großeltern damals waren.
Auf der anderen Seite finde ich Laizismus nach französischem Modell erstrebenswert, finde Kreuze in Behörden ebenso fehl am Platze, wie ich Hijab bei Lehrerinnen als unausweichbares Symbol gegenüber der Klasse falsch finde.
Außerdem wünsche ich mir einen starken Staat, der mir garantiert angstfrei, sprich frei von Angst vor Gewalt, leben zu können und der gleichermaßen Verstöße schnell und klar sanktioniert.
Und ich halte Pazifismus für etwas, das sich eine Gesellschaft leisten können muss, etwas das ein Luxus ist, den wir hier uns hier im Westen gönnen. Und bin mir nicht sicher, ob Deutschland das kann mit seiner Stellung, seiner Macht, seiner Verantwortung. - da habe ich allerdings keine abgeschlossene Meinung zu, ich bin lediglich nicht kategorisch, was manche schon überfordert.
Und wenn eine Politikerin sagt, es gebe keine deutsche Kultur jenseits der Sprache, denn ist das dermaßen verkürzt und polemisch, dass mich wirklich ärgert, dass lediglich die unanständige AFD kritisiert, statt diese Äußerung auch von demokratischer Seite aus als absolut unterkomplex zu erklären.
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Ich sage "links" im konjunktiv. Weil ich mich aus fast allen politischen Diskursen verabschiedet habe, außer z.B. hier bei Allmystery und bei einigen wirklich engen Freund_innen.
Viele Menschen halten heute keine andere Meinung mehr aus. Ich disqualifiziere mich für viele Linke vom demokratischen Diskurs indem ich Dogmen breche, durch eine abweichende Meinung und Fragen, die sich mir stellen oder auch nur ein Zuhören an gewissen Stellen;
als ich noch bei FB war, habe ich eines Tages die EMMA geliked. So wie ich dort auch die FAZ und die TAZ geliked hatte, nicht weil ich immer alles genau so sehe wie TAZ und FAZ (beides geht schlicht nicht), sondern weil ich mich vielseitig informiere und einfach alles lese, was mir vor die Augen kommt.
Daraufhin hat eine kleine Gruppe von ehemaligen Mitstudentinnen, mit denen ich mal in der Uni ein Projekt gemacht habe, mich nach gegenseitiger Absprache (wie ich vermute) als Freund gelöscht. Eine von denen hatte das wohl angezeigt bekommen und die anderen darauf aufmerksam gemacht, so erkläre ich mir das. Bis dahin hatten wir uns noch oft getroffen, um etwas trinken zu gehen oder ein Picknick zu machen und sowas in der Art.
Ich habe das bemerkt, weil meine Freundesliste immer recht überschaubar war und nach dem Grund gefragt. Hab keine Antwort bekommen.
Erst als ich eine von ihnen mehrere Monate später auf einer Party traf und nach dem Grund des Kontaktabbruchs fragte, erklärte sie mir in wenigen Worten, dass ich rassistische Seiten unterstützen und damit legitimieren würde mit Verweis auf die EMMA. Ich kam ganz schnell in eine Rechtfertigungssituation, doch sie lies mich eiskalt abblitzen in einer Art, wie ich das mit echten Faschisten tun würde, mit denen ich keinerlei Gemeinsamkeiten sehe.
Das ist nur eine Anekdote, beschreibt aber für mich ganz gut die Stimmung die ich wahrnehme und immer wieder erlebe.
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Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass viele Menschen, nicht in meinem direkten Umfeld, aber im Internet, vollkommen ins zynische, ja unmenschliche abgedriftet sind und mit Aggression und Feindseligkeit auf jede Art von ethischer oder humanistischer Argumentation reagieren. Das bestürzt mich und macht mir wirklich Angst. Die Geschichtsvergessenheit insbesondere stößt mich ab. Bei der AFD und dem gesamten Umfeld.
Gleichzeitig habe ich aber das Gefühl, dass viele Linke den Feind untereinander ausmachen, anstatt bei den echten Faschisten.