@Spartacus TRENNUNG ZWISCHEN RELIGION UND POLITIK
Die Türkei ist der einzige islamische, laizistische Staat. In den christlich geprägten Ländern hatte die Kirche in der Vergangenheit einen sehr großen Einfluß auf die Königshäuser.
Ab der Französischen Revolution, genauer gesagt ab Napolean setzte sich langsam die Trennung zwischen Politik und Religion durch. Das dauerte jedoch das ganze 19. Jahrhundert, denn die hohen christlichen Würdenträger wollten ihren Einfluß auf die Regierungen nicht aufgeben, so wie sie es seit dem frühen Mittelalter gewohnt waren.
Der Koran wurde ja für alle Lebensbereiche verfasst: Schule, Politik, Familie....Die Bibel unterscheidet sich in diesem Punkt, sie bezieht sich nur auf moralische, soziale, spirituelle Bereiche. Ein Freund von mir ist Jurist in Kairo, wir treffen uns hin und wieder, wenn ich in seiner Heimat bin. Über dieses Thema sprachen wir sehr oft. Er sagte mir, daß der hohe islamische Klerus sehr wohl großen Einfluß auf die Politik nimmt. (in fast allen islamisch geprägten Ländern). Gerichtsbeschlüsse, neue Gesetze....all das muß mit dem Koran verglichen werden, sagte er mir. Die Religion hat in Ägypten einen sehr großen Einfluß auf die Regierung.
In den christlichen Ländern (außer Griechenland) hat die Kirche keinen Einfluß mehr auf die Politik. Sicherlich gibt es noch gewisse Namen wie "Christlich Soziale Union"....das bedeutet nur, daß diese Partei etwas stärker mit der Kirche verbunden ist. Das hat einzige und alleine den Zweck, um die gläubigen Christen in den Dorfgemeinden für die Wahl zu gewinnen. Einen Einfluß hat die Kirche auf die Politik schon lange nicht mehr. Griechenland ist eine Ausnahme, in diesem Staat hat das orthodoxe Christentum noch Einfluß auf die Regierung. In den übrigen Länder Mitteleuropas herrscht eine klare Trennung zwischen Religion und Staat. Die Kirche kann nur auf soziale oder moralische Themen Einfluß nehmen. Sie ist ein Ratgeber - die islamischen Gelehrten und hohe Würdenträger haben einen starken Einfluß auf ihre Regierungen. Sie können etwas verbieten, diese Macht hat die Kirche nicht mehr.
RENAISSANCE DES ISLAM
Ich erinnere mich noch an die folgenden Worte des Schah von Persien, das war Mitte der 70er Jahre. Er wollte mit seiner pro-westlichen Politik den Iran modernisieren, um die Armut im Land zu bekämpfen. (Die Armut wollen alle Regierungen bekämpfen, die Wege sind verschieden).
Der Schah erklärte bei einer Ansprache folgendes: "Wenn wir den Mullahs die Regierung überlassen, wäre der Iran wieder im Mittelalter. Sie glauben, wenn sie das Land nach alter shiitischer Tradition regieren, gebe es weniger soziale Probleme im Land. Doch wir würden unsere guten wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Ländern verlieren und das kann ich nicht verantworten!"
An seine Rede mußte ich wieder denken, als 78-79 die Demonstrationen gegen den Schah immer heftiger wurden, welche von shiitischen Gruppen unterstützt wurden. Als Khomeini 79 aus seinem Pariser Exil in den Iran kam und als die ersten Hinrichtungen gezeigt wurden, mußte ich wieder an seine Rede denken, die er kurz zuvor hielt.
Ende der 70er arbeitete ich auf Kreta und war öfters in Antalya bei meinem türkischen Hippie-Freund Machmout. Er hatte ein Hausboot. Damals gab es noch keine Hotels und Touristen. Was man aus dem Iran hörte, war schlimm. In den türkischen Medien sah man die Bilder aus Teheran und Gom. Danach fuhr ich mit dem Bus nach Kabul - eine deutsche Freundin wartete auf mich in Kabul. Wir fuhren weiter nach Indien.
Zu dieser Zeit lernte ich die Einheimischen in diesen Ländern besser kennen. Damals vor über 30 Jahren entstand mein Interesse für den Islam und den verschiedenen Traditionen.
Jahre später erfuhr ich, daß Khomeini von vielen islamischen Predigern und Gläubigen bewundert wurde. Sie lobten seinen Mut und er war der erste, der sich von den USA nicht beeindrucken läßt. Auch in der Türkei gab es einige Sympathisanten, sagte mir Machmut.
Wenige Jahre danach war der islamische Klerus mächtiger und einflußreicher in allen islamischen Länder. Die neue iranische Regierung unterstützte islam-freundliche Gruppen und natürlich auch die shiitische Gruppen außerhalb Persiens. Man merkte ein Umdenken, oder eine Kehrtwendung vieler Regierungen aus diesen Ländern, auch bei den Menschen. Für viele wurde Religion wieder wichtig. Daher kann man durchaus sagen, daß der Islam auch Einfluß auf die Politik wieder genommen hat. Weit mehr als in den christlichen Ländern.
Grüße aus Wien!