Transferunion: WELT zensiert Artikel | Drucken |
17.11.2010
Nur wenige Stunden war am Dienstag Abend ein Artikel auf welt.de online, in der über die kommende Transferunion innerhalb der EU berichtet wurde. Ein einmaliger Vorgang und gleichzeitig ein böses Omen für das, was uns vielleicht noch in diesem Jahr bevorsteht.
Der "Welt"-Autor Günther Lachman berichtete am Dienstag Abend über eine drohende Transferunion. Der Artikel erschien auf www.welt.de - Titel: "Merkel will den Aufschwung vor den Iren retten". Doch dieser Artikel wurde kurz nach Erscheinen wieder einkassiert, zensiert:
http://www.welt.de/politik/ausland/article10970613/Merkel-will-den-Aufschwung-vor-den-Iren-retten.html Szenario: eigentlich bleibt angesichts der drohenden Staatsbankrotte an der Euro-Peripherie gar nichts mehr übrig, als dass Deutschland für die Schwachen zahlt. – Übrigens ein Szenario, welches von Euro-Kritikern von Anfang an so beschrieben wurde. Jetzt allerdings wird es offenbar ernst! Die Lage scheint so angespannt, dass der entsprechende Welt-Artikel von ganz oben zurück gepfiffen wurde. Nur wenige Stunden war der Bericht online. Jetzt ist er nicht mehr zu finden, noch nicht einmal im Cache von Google.
Was die WELT zensiert, können Sie hier bei MMnews lesen: Der Original-Report, in der www.welt.de welcher nur für wenige Stunden das Licht der Öffentlichkeit erblickte, bevor er wieder zurückgezogen wurde.
Der Vorgang wirft ein furchtbares Licht auf die Zukunft des Journalismus in der Euro-Zone. MMnews gelang es gerade noch rechtzeitig, eine Kopie des zensierten Artikels zu machen. Lesen Sie hier, was den Lesern auf welt.de vorenthalten wird. Kopieren Sie das Werk rasch, denn auch MMnews könnte es in Kürze untersagt werden, das Original zu veröffentlichen:
Hier der zensierte Originalartikel von welt.de:
Merkel will den Aufschwung vor den Iren retten
von Günther Lachmann
Angela Merkel fürchtet ein Scheitern des Euros und damit ein Scheitern Europas. Über die drohenden Folgen sprechen weder sie noch die Opposition.
In der vergangenen Woche bekam Kanzlerin Angela Merkel Besuch vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet. Den EZB-Chef trieb die Sorge um den Euro nach Berlin. Anlass der Stippvisite, von der kein öffentliches Aufhebens gemacht wurde, war die angespannte Lage der irischen, griechischen, portugiesischen und spanischen Staatsfinanzen. Deshalb, so heißt es in Berlin, sei auch Finanzminister Wolfgang Schäuble zu dem Gespräch hinzugebeten worden.
Trichets Botschaft an die Deutschen soll unmissverständlich gewesen sein. Es sei nunmehr unausweichlich, dass die Reichen für die Armen in Europa einstünden, soll er gesagt haben. Oder anders ausgedrückt, es werde Zeit für deutsche Hilfszahlungen an die vom Staatsbankrott bedrohten Länder.
Trichets Szenario muss Angela Merkel sorgenvoll gestimmt haben, sehr sorgenvoll sogar. Auch wenn sie nur ein kleines bisschen dieser Sorge auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe durchblicken ließ.
„Scheitert der Euro, scheitert Europa“, sagte die Kanzlerin in ihrer Rede. Der Euro sichere den Frieden. Sie sprach von der Aufgabe, eine neue Stabilitätskultur in Europa zu verankern. Aber wie dies geschehen soll, das sagte Merkel leider nicht.
Seit Triches Besuch im Kanzleramt kursieren nun Gerüchte, Merkel und Schäuble hätten mit ihm über weit mehr als nur Hilfszahlungen gesprochen. Von der Einführung einer Transferunion sei die Rede gewesen, also einer Art Finanzausgleich wie es ihn unter den Bundesländern gibt. Damit wäre Deutschland zu milliardenschweren Hilfszahlungen an bedürftige Länder verpflichtet. Will es das? Vielleicht bleibt ihm gar keine andere Wahl. Aber haben die Bürger nicht ein Recht darauf zu wissen, was da auf sie zukommt?
Sowohl die Regierungsparteien als auch die Opposition verlieren darüber nicht viele Worte. Beinahe wöchentlich präsentieren Union und FDP im Gleichschritt mit den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten grandiose Wachstumsprognosen und sinkende Arbeitslosenzahlen. Wie aber dieses deutsche Wachstumswunder vor der an den Rändern der Währungsunion aufziehenden Katastrophe geschützt werden kann, das sagt den Menschen niemand. Oder kann es gar nicht geschützt werden?
Bestimmt suchen kleine, sogenannte Expertenkreise in gut abgeschirmten Hinterzimmern nach Lösungen. Womöglich wird die Kanzlerin tagtäglich informiert. Aber worüber? Darüber, dass die Experten auch nicht weiter wissen?
Die zuständigen Fachpolitiker der SPD sprechen von einem „sensiblen“ Thema. Sie seien „hoch alarmiert“ angesichts der Meldungen aus den anderen EU-Ländern. „Wir bekommen aber nicht alle Zahlen“, sagen sie.
Dabei liegen doch alle Zahlen auf dem Tisch. Weder die Iren noch die Griechen oder die Portugiesen machen ein Geheimnis daraus. Als Merkel auf dem CDU-Parteitag ihr Bekenntnis zum Euro ablegte, kündigte der portugiesische Außenminister Luis Amado an, sein Land müsse die EU verlassen, wenn die schwerwiegenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten seines Landes nicht gelöst werden könnten.
Bekannt ist auch, wie tief die deutschen Banken in dem Schlamassel drinstecken. Rund 140 Milliarden Dollar haben sie den Iren in der Vergangenheit leichtfertig hintergeworfen. Griechenland, Italien, Portugal und Spanien bekamen ebenfalls großzügig Kredite. Insgesamt sind es 530 Milliarden Euro. Jetzt bangen sie darum, ob sie auch nur einen Bruchteil des Geldes jemals wiedersehen, denn das Gespenst vom Staatsbankrott geht um.
Angela Merkel weiß es, und sie verknüpft ihr Schicksal mit dem Euro. Das heißt, sie will die Eurozone so erhalten, wie sie ist. Das aber gelingt nur mit den bereits genannten milliardenschweren Hilfszahlungen.
Wer sich dafür entscheidet, muss auch sagen, wie Deutschland solche Hilfszahlungen erwirtschaften kann. Das Land ist selbst hochverschuldet. Wie soll es mit dieser Situation umgehen? Unbeantwortet ist zudem die Frage, wie die EU künftig wirtschaften will, ob und wie die Rolle der Finanzwirtschaft neu definiert wird.
Seit Monaten gehen Zehntausende in Deutschland auf die Straße. Sie protestieren, weil sie sich bevormundet fühlen. Sie demonstrieren gegen Entscheidungen, die ihren demokratischen und wirtschaftspolitischen Vorstellungen widersprechen. Die Menschen artikulieren ihren Unmut über eine Politik, die es ihrer Meinung nach nicht mehr versteht, die Stimmungen und Bedürfnisse der Gesellschaft aufzunehmen.
Angela Merkel mag diese Demonstrationen nicht. Sie sieht darin eine Verweigerungshaltung und warnt von einer Dagegen-Republik. Sie spricht den Menschen die Fähigkeit ab, das unausweichlich Notwendige zu akzeptieren. Auf diese Weise werde der Fortschritt gebremst und der Wohlstand des Landes aufs Spiel gesetzt.
Auch die heraufziehende Schuldenkatastrophe in Europa bedroht den Wohlstand. Sie begann vor über einem Jahr. Die Anzeichen, dass einige Länder ich nicht länger standhalten können, mehren sich.
Obwohl sie dies weiß, wiegt die Bundesregierung ihre Bürger sicher in der Hoffnung auf eine Jahre andauerndes, kräftiges Wachstum. Im Vertrauen darauf planen die Menschen ihre Zukunft, kaufen Häuser und verschulden sich.
Wie groß wird die Enttäuschung sein, wenn die Katastrophe tatsächlich auch über Deutschland hereinbricht, die Wirtschaftskraft erlahmt und der Staat weitere Schulden machen muss. Wenn Steuern und Abgaben steigen, der Wohlstand aber sinkt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dann noch mehr Menschen als heute auf die Straße gehen gegen eine Politik, in die sie jeden Glauben und jedes Vertrauen verloren haben. Könnte ihnen dann ernsthaft jemand widersprechen?
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