USA Judenfeindlich?
16.02.2009 um 17:42
Treitschke hat lange vor den Nazis auf den Punkt gebracht, was den Antisemiten umtreibt: "Die Juden sind unser Unglück!". "was, wenn ich das abstreite?" - 'Mazel Tov, der ist ja doch normal' könnte man dann ausrufen. So einfach wird's einem dann doch nicht gemacht, die gewohnte Gehirnblähung kam dann hinterher: "Was, wenn ich mir den schwarzen Mann, den Moslem oder die Frau in dieser 'Rolle' vorstellen kann?" Sicher, aufgezählte Gruppierungen eignen sich auch hervorragend zur Dämonisierung. Aber: auf der einen Seite meint der weiße Nazi zu wissen das hinter der Schwarzenemanzipation der Jude steckt, der planmäßig den "ethnobiologischen Gehalt" der "Weißen" untergraben will. Farrakhan und seine Truppe wissen andersherum ganz genau, wer Schuld am Elend der Schwarzen hat, wer hinter Sklaverei und Ausbeutung steckt und wer heute noch den Schwarzen am Zeug flicken will und im White House die Drähte zieht, was seine rassistische 'Nation of Islam' so symphatisch wie ihr deutsches Pendant, die NPD, macht. Die Apologeten der islamischen Zwangsmoral wissen ihrerseits darüber Bescheid, das hinter den Verderbten der Verderber steht, die Hure und der Schwule nur Metastasen der im Hintergrund wuchernden Krebszelle sind. Einig sind sie sich in der Verdinglichung ihres Wahns; aufgrund differenter Gründe reicht das aber doch noch nicht für ein bierseliges Stammtisch-Stell-Dich-ein.
Jedenfalls hat der israelische Jude dem infantilen Teutonen einen Satz vor die Füße geknallt, der mehr sagt, als der Sermon den letzterer immer wieder auskotzt: "Und Juden sind die Sündenböcke d Welt". Der (moderne) Antisemitismus (natürlich gibts da immer landesstypische Abweichungen, je nach Marotte, Genre, Macken der Bewohner eben) kam mit der bürgerlichen Gesellschaft auf; entstand als Antwort der kapitalistisch deformierten Subjekte auf die Verheerungen der universalisierten Warenvergesellschaftung: simplifiziert wird damit die Welt gedeutet, die Schuld am Elend personalisiert und das ganze Leid, die Wut und der Hass in ihr (also der Denkform Antisemitismus) artikuliert, sich ein konkretes Ziel gesucht. Das Kapitalverhältnis wird nicht als gesellschaftliches ausbuchstabiert, das die Individuen restlos subsumiert und sie integriert, es wird auf ein manichäisches Gut und Böse Denken runtergebrochen, verdinglicht im Juden.
Was man so alles über die internationalisierten Tauschbeziehungen zu wissen weiß, wird direkt an den Juden adressiert, auf ihn projiziert: er ist die Verkörperung von: Abstraktheit, Internationalität, Wurzellosigkeit. Er lebt parasitär von anderer Arbeit, zieht im Hintergrund seine gewohnten Machtspielchen ab, zersetzt nebenbei noch die Werte.
Da er gerade im Angebot war, konnte man ihn auch für den Rest der Schranken einreißenden und Umwälzenden kapitalistischen Ökonomie verantwortlich machen. Verstädterung, das Auflösen traditioneller Moral, archaischer Geschlechterbeziehungen (wozu auch die Frauenemanzipation zählt) und überkommener Werte, ja Vereinzelung und wenigstens einem Hauch von individueller Freiheit? Zu verbuchen hat das nicht der Schwarze oder die Frau, der Moslem schon gar nicht, sondern - erraten -: der Jude. Was ist mit Parlamentarismus, Presse, Psychoanalyse, 1789, 1917, Demokratismus, Liberalismus, und Kommunismus allgemein? Selbe Adresse.
Der Antisemit kämpft seine Schlacht gegen den Juden aber nicht als schnöder Rassist, der einen "Untermenschen" konzipiert, den er ausgrenzen will, sondern als seelisch schwer gestörter gegen einen "Übermenschen": ihre Macht ist nicht nur unendlich, ihre Krakenarme reichen über den ganzen Globus und jeder tanzt nach ihrer Pfeife - nein, nicht genug, sie müssen auch noch Schönheit, Luxus, Kultur, Intellektualimus und das Glück verkörpern.
Auf den ersten Blick gleich ein Paradoxon, selbstverständlich nur für den Antisemiten selbst nicht: der lebt frei von jeglicher Wirklichkeit in seiner Innenwelt, wandelt mit schlafwandlerischer Sicherheit an jeder Kritik einfach vorbei. Er setzt sich selbst als das gute Gegenprinzip, um dann zur "Notwehrtat" zu schreiten, seine Wut endlich an dem Hassobjekt auszuleben und den Vernichtungswunsch zu exekutieren; die Differenz zwischen dem projizierten und der tatsächlichen Verfassung des Objektes kann er nicht nachvollziehen, ebenso wenig wie die kritische Selbstreflexion - dann käme ihm sein Wunschobjekt der Vernichtung abhanden. Den Antisemiten über sich selbst Aufklärung zu verschaffen ist sinnlos; so sinnlos wie seine Taten und Worte, die der Welt nicht einen Funken Hoffnung spenden, sie einer Aufhebung der kapitalen Vergesellschaftung nicht einen Schritt näher bringen.
"schweres thema
egal was man sagt kann eim übel genomm werdn"
Halt dich doch beim nächsten mal etwas kürzer ;)