Wohin mit dem ganzen Geld?
06.07.2007 um 00:04
@ Ashert: Du solltest dir wirklich mal ein Buch über Volkswirtschaft zulegen. Und einsüber betriebswirtschaftliche Zusammenhänge gleich dazu.
Zur Vereinfachung einkleines, stark vereinfachtes Beispiel, wobei ich immer zwischen betriebswirtschaftlichenund Volkswirtschaftlichen Zusammenhängen wechsel:
Betriebswirtschaft:
MaxMüller ist Bauer. Er hat einen Hof, Vieh, Land und Geräte um sich selbst und seineFamilie mit Lebensmitteln zu versorgen. Nun, durch eine besonders ergiebiger Ernten hater genug Überschuss produziert um diesen zu verkaufen. Er ist somit zum Unternehmergeworden.
Volkswirtschaft:
Die Waren von Max Müller verkauft er am Markt. Dabeispielt Angebot und Nachfrage eine Rolle. Da an diesem Markt zur Zeit seine Waren starknachgefragt werden (wegen den Befürfnissen der Nachfrager), kann er einen guten Preis fürseine Waren erzielen.
Betriebswirtschaft:
Das Geld, das Max Müller für seineWaren bekommt reicht aus, um die Kosten, die ihm bei der Erstellung der Waren entstandensind (z.B. neues Arbeitsgerät, Saatgut, Steuern etc.) zu decken. Alles darüberhinausgehende ist der Gewinn.
Diesen Gewinn kann Herr Müller nun nach eigenemGutdünken verwenden. Das ist als Unternehmer sein gutes Recht. Er entschließt sich, dasGeld nicht in der nächsten Kneipe zu lassen sonder es zu investieren, um bei der nächstenErnte entweder noch mehr vom selben Gut oder ein anderes Gut anzubieten. Auch dieseEntscheidung liegt allein bei ihm als Unternehmer. Sie kann über Erfolg oder Pleiteseiner noch jungen Unternehmung entscheiden.
Volkswirtschaft:
Denn es ist nursehr schwer möglich, den zukünftigen Bedarf einer Volkswirtschaft (hier sein Heimatort)für ein Gut zu ermitteln. Da spielen so unterschiedliche Dinge wie Modeerscheinungen, dieAngebote der Konkurrenz, saisonale Bedarfsänderungen u.a. eineRolle.
Betriebswirtschaft:
Max Müller hat sich richtig entschieden. Er baut einneues Produkt an und kann dadurch seinen Gewinn weiter erhöhen. Auch diesen Gewinninvestiert er wieder, um seine Produktion zu steigern. Nun können er und seine Familiedie Arbeitsleistung, die zur weiteren Produktionssteigerung notwendig sind nicht mehrerbringen. Er muss also jemanden einstellen, der ihm hilft. Er ist jetzt also nicht nurUnternehmer sonder auch Arbeitgeber. Er erwirtschaftet jetzt noch mehr Umsatz. Nach Abzugseiner Kosten wie z.B. Arbeitsgerät, Saatgut und den Lohn für seine Arbeitgeber bleibtnun noch immer ein Gewinn. Diesen kann er wieder investieren, um seine Produktion weiterzu steigern oder er kann diesen Gewinn verkonsumieren oder sparen. Er entscheidet sichfürs sparen.
Volkswirtschaft:
Und er tut gut daran, denn die Nachfrage ändertsich, ein anderes Gemüse wird jetzt vom Markt bevorzugt. Seine Produkte werden nicht mehrso stark nachgefragt. Er muss den Preis senken, um sein Angebot absetzen zukönnen.
Dadurch sinkt natürlich auch sein Umsatz. Die gesamte Geldmenge in derVolkswirtschaft ändert sich nicht, sie verschiebt sich nur.
Betriebswirtschaft:
Der Umsatz ist eingebrochen, Max Müller muss aber trotzdemdavon die Kosten decken. War der Preis trotzdem noch höher als die Kosten pro Stück, hater immer noch einen Gewinn, musste er unterhalb der Herstellungskosten pro Stückverkaufen, kann er die Kosten nicht decken, er muss auf seine Rücklagen zurückgreifen,einen Kredit aufnehmen (Fremdkapital) oder Pleite gehen (Unternehmung weg, Haus weg, Hofweg etc.). Dies kann ihm auch passieren, wenn einer oder mehrere Kunden nicht oder nichtpünktlich zahlen.
Nach einigen erfolgreichen Ernten hat Max Müller seinen Betriebweiter ausbauen könne und weitere Rücklagen gebildet. Nun stößt er an eine Grenze, dennum noch weiter auszubauen, evtl. sogar die Produktion auf andere, nichtlandwirtschaftliche Güter auszudehnen, braucht er mehr Kapital. Dieses Kapital kann erentweder ansparen (Rücklagen bilden) oder einen Kredit aufnehmen (Fremdkapital). Für jededieser Entscheidungen trägt er als Unternehmer das volle Risiko, denn wenn er z.B. dieZinsen (das sind ja zusätzliche Kosten, die vom Gewinn abgezogen werden) nicht mehrzahlen kann ist er pleite, Ansparen kann zu lange dauern und ein Konkurrent macht ihmdeswegen das Geschäft kaputt. Sein Einkommen ist der Gewinn, den ererwirtschaftet.
Volkswirtschaft:
Durch die stetige Produktionssteigerungen vonMax Müller wurden insgesamt mehr Waren produziert als in den Jahren davor. Damit der Wertdes Geldes nicht steigt (Deflation), muss der Inhaber der Währungshoheit (bei uns dieEZB) die Geldmenge um die Mehrproduktion erhöhen, denn eine Deflation ist sehr schlechtfür das weitere Wirtschaftswachstum.
Betriebswirtschaft:
Der Betrieb von MaxMüller ist weiter gewachsen. Er hat weitere Produkte in sein Sortiment aufgenommen undneue Märkte erschlossen (Nachbarorte etc.). Damit trifft er auch auf neue Konkurrenten.Er selbst arbeitet nicht mehr aktiv in der Produktion, sondern ist den ganzen Tag mit derDelegation der Aufgaben und dem treffen der Entscheidungen beschäftigt. Um auch weiterhingegen die Konkurrenz bestehen zu können, muss sein Betrieb weiter wachsen. Um dies zuerreichen, braucht er mehr Kapital, jedoch möchter er dieses nicht über Kreditefinanzieren (er hat ja noch welche aus den Vorjahren am laufen) und Ansparen dauert zulange. Also wandelt er seinen Betrieb in eine Aktiengesellschaftum.
Volkswirtschaft:
Er verkauft Anteile an seinem Unternehmen an der Börse,behält aber selbst die Mehrheit der Aktien. Dadurch bekommt er Kapital. Die Käufer seinerAktien wollen aber für das von Ihnen eingesetzte Kapital auch Geld sehen (Dividende), undzwar mehr als die normalen Sparzinsen auf der Bank. Auch hier regelt Angebot undNachfrage den Preis der Aktie. Dieser Preis ist nicht identisch mit dem Nennwert derUnternehmensanteile (z.B. 50,- € vom Unternehmenskapital = 1 Aktie, die wird an der Börsefür 60,- € gehandelt).
Betriebswirtschaft:
Max Müller ist nun Geschäftsführerseiner eigenen Aktiengesellschaft. Als Geschäftsführer ist er nun Angestellter seinerUnternehmung und haftet nicht mehr mit seinem Privatvermögen. Allerdings ist er demAufsichtsrat und der Aktionärsversammlung verpflichtet, die seine Aktionenüberwachen.
Max Müller hat zwar die Aktienmehrheit, kann aber nicht nach eigenemGutdünken schalten und walten. Denn die anderen Aktionäre wollen jedes Jahr einenordentlichen Gewinn sehen. Ferner müssen ja auch noch Rücklagen gebildet werden. Und daMax Müller über die Hälfte aller Aktien hat, kann er zwar den Unternehmenskurs bestimmen,die anderen Aktionäre können aber jede seiner Entscheidungen blockieren, sobald sie über25 % der Aktien kontrollieren und sich einig sind (Sperrminorität). Dadurch können dieAktionäre z.B. Einfluss auf die Führung eines Unternehmens nehmen. Dem normalen Aktionärist hauptsächlich an der nächsten Dividende gelegen, oder an dem Gewinn, den er beiVerkauf der Aktie erzielen kann. Ist der Aktionär jedoch ein Konkurrent, kann er dieFirma praktisch Handlungsunfähig machen.
Antriebsfeder für das Handeln von MaxMüller ist zu allererst sein Streben nach Selbstverwirklichung, danach erst kommt derGewinn. Das seiner Aktionäre das Streben nach mehr Gewinn. Denn Gewinn bedeutet mehrfinanzielle Sicherheit und mehr Konsum.
Volkswirtschaft:
Der Gewinn derAktionäre wird aber jetzt nicht gehortet und der Wirtschaft entzogen. Wenn es in weitereAktien investiert wird, ermöglicht es diesen Unternehmen weiteres Wachstum. Liegt es aufder Bank, kann die Bank dieses Geld als Kredite wieder auf Unternehmerseite in denWirtschaftskreislauf bringen. Wenn der Gewinn verkonsumiert wird, fliesst er auch wiederin die Volkswirtschaft. Wenn nun die Unternehmer einen Großteil des Kapitals in einerVolkswirtschaft besitzen, geht es den anderen entsprechend schlechter. Später sind dieUnternehmen selbst davon betroffen, da sie keine Produkte mehr verkaufen können und somitkeinen Umsatz mehr generieren.
Dem entgegenzuwirken ist Aufgabe des Staates undder Gewerkschaften. Den Gewerkschaften ist an einem möglichst hohen Einkommen ihrerMitglieder gelegen während dem Staat ein Gleichgewicht am Herzen liegt. Dem Aktionär istnatürlich an seinem Gewinn gelegen (s.o.). Dem Unternehmer (Einzelunternehmen undPersonengesellschaften) bedeutet dieser Gewinn sein Einkommen, denn diese Unternehmerbeziehen KEIN Gehalt. Jede monatliche Überweisung auf sein Konto stellt einenvorweggenommenen Gewinn dar.
War jetzt ein bisschen viel, aber ich hoffe, ichkonnte zumindest einen kleinen Einblick in volkswirtschaftliche undbetriebswirtschaftliche Zusammenhänge geben.