Schwere Krise Deutschland /China wegen Dalai Lama
25.09.2007 um 11:20
Nach den Loblieder des Dalai Lama war Aum Shinrikyo
innerhalb kürzester Zeit zu einer der reichsten Sekten der Welt aufge-
stiegen, Anfang 1993 verfügte der Guru über ein Vermögen von rund 140
Millionen US-Dollar. Unter dem Schutz von Gesetzen, die anerkannten
religiösen Gemeinschaften quasi Steuerbefreiung gewähren, errichtete
Asahara daraus ein gigantisches Wirtschaftsimperium. Dutzende profitab-
ler Firmen wurden gegründet beziehungsweise aufgekauft, darunter
Export- und Import-Gesellschaften, Restaurants, eine Computerdiscount-
kette, ein Krankenhaus, eine Fabrik für Präzisionsmaschinen; daneben
betrieb er Fitneßzentren, Schönheitssalons, einen Partner- sowie einen
Wahrsageservice und zahllose weitere Geschäfte. In Japan und Übersee
erwarb er an die dreihundert Immobilien. 1995, nur sechs Jahre nach jener
einträglichen Empfehlung durch den Dalai Lama, belief sich das Vermö-
gen der Sekteaufrund eine Milliarde US-Dollar.
Mit diesem Geld organisierte Asahara die vorhergesagte Apokalypse.
Kein Horrorfilm kann übertreffen, was im Reich von Aum Shinrikyo
Wirklichkeit wurde. Schon seit Mitte 1990 wurde in geheimen Labors an
der Herstellung biologischer Kampfstoffe gearbeitet. In erster Linie züch-
tete man Kulturen mit Botulismus-Erregern, deren Typ A, ein vielfaches
toxischer als Strychnin, als tödlichste aller biologischen Substanzen gilt.
Daneben experimentierte man mit dem hochinfektiösen Milzbrand-Erre-
ger und versuchte sich an dem tödlichen Ebola-Virus aus Zaire. Man
stellte gewaltige Mengen an LSD und Amphetaminen her, produzierte
Sprengstoffe wie TNT und baute eine computergesteuerte Fabrik zur
Massenproduktion automatischer AK-47-Gewehre, der Standardwaffe der
russischen Annee. Die Blaupausen für die Gewehre lieferten Verbindun-
gen, die Asahara in Moskau geknüpft hatte. Aufseiner ersten Reise nach
Rußland im Frühjahr 1992 spendete er Radio Moskau einen Betrag von
700.000 US-Dollar: fortan wurde zweimal täglich eine halbe Stunde
Aums ,,Absolute Wahrheit des Heiligen Himmels'' ausgestrahlt. Daneben
sponserte er zahlreiche Forschungsinstitute, die nach dem Zusammen-
bruch der Sowjetunion unter mangelnder finanzieller Ausstattung zu
leiden hatten, mit enormen Geldbeträgen. Auch mit Spitzenpolitikern
rund um Vizepräsident Alexander Ruzkoj traf er zusammen, wobei wie-
derum großzügige Spendengelder flossen. Bald standen Asahara in Ruß-
land Türen und Tore offen, Aum Shinrikyo konnte Filialen im ganzen
Land etablieren. 1993 verfügte die russische Gliederung der Sekte bereits
über zehntausend Mitglieder, 1995 waren es dreißigtausend. In Rußland
fanden sich aus dem Nachlaß der Sowjetunion zahllose unterbezahlte oder
Arbeitslose Speziaisten für Massenvernichtungsmittel,Physiker, Chemi-
ker, Biologen, Atomwissenschaftler, die Asahara für sich einzuspannen
wußte. Kurz nach seinem ersten Rußland-Besuch begann man in den
Labors der Sekte mit Nervengift-Versuchen. Aum Shinrikyo bediente sich
auch auf dem Waffen-Schwarzmarkt Rußlands: um 700.000 US-Dollar
kaufte man einen Kampfhubschrauber, der, in Einzelteile zerlegt, über die
Slowakei, Österreich und die Niederlande nach Japan verschifft wurde.
Desweiteren zeigte man sich sehr interessie_ an Gewehren mit Laser-
linsen, Minen und Handgranten; auch an T-72-Panzern und einem MiG-
29-Jagdbomber. Wie sich später herausstellte, stand auch ein 15-Millio-
nen-Dollar-Angebot für Nuklearsprengstoffim Raume.
In der japanischen Sektenzentrale beschäftigten sich hochqualifizierte
Wissenschaftler mit der Herstellung einer Strahlenwaffe. 1993 kaufte
Aum eigens eine 200.000-Hektar-Farm in Australien, um dort nach Uran
zu schürfen. DasVorhaben scheiterte zwar, auf der abgelegenen Ranch
konnte man dafür ungestört die neue Sarin-Produktion testen: Eine Herde
Schafe verendete unter heftigen Krämpfen. Wenige Monate später er-
folgte im japanischen Matsumoto der erste ,,Test'' an Menschen.
Im Sommer 1994 verfügte der Hitler-Bewunderer Asahara über ein
Arsenal an Waffen und Kampfstoffen, um ganze Landstriche zu entvöl-
kern. Er begann, mit Hilfe einer Litanei antisemitischer Texte aus dem
Dritten Reich, gegen die Juden zu hetzen - zu denen er auch Kaiser Aki-
hito, Bill Clinton und Madonna zählte -, die sich verschworen hätten,
Japan zu vernichten. Um dies zu verhindern, so kündete er seinen Anhän-
gern, sei es nötig, sofort die Macht zu übernehmen. Der Plan zum Staats-
streich trug den Namen ,,Tag X''. Ein Spezialistenteam von Aum-Kämp-
fern sollte in die Hauptstadt Tokio einmarschieren, deren Bevölkerung
man zuvor durch einen verheerendenLuftangriff mit Sarin ausgelöscht
hätte. Die Asahara-Truppe sollte die Errichtung einer Theokratie verkün-
den und Asahara zum neuen Führer der Nation ausrufen. Für den Einsatz
trainierte eine paramilitärische Abteilung der Sekte im Gebirge den Nah-
kampf.
Das entscheidende Signal Armageddons kam unvorhergesehen. Am
17. Januar 1995 erschütterte ein mächtiges Erdbeben die Stadt Kobe in
Zentraljapan, bei dem fünfeinhalbtausend Menschen starben. Asahara
erklärte das Beben zu einem Angriff der USA mit einer,,seismischen
Waffe'' und tat kund: ,,Es bleibt uns keine andere Wahl als der Kampf.''
Nachdem die Polizei für den 21. März 1995 eine landesweite Razzia in
allen Einrichtungen der Sekte angekündigt hatte, beschloß Asahara den
Angriff. Als Ziel wurde der große U-Bahnhof Kasumigaseki im Zentrum
Tokios anvisiert. Über dem Bahnhof befinden sich wichtige Regierungs-
und Verwaltungsgebäude, vor allem auch diePräsidien von Stadt- und
Staatspolizei; Kasumigaseki gilt als das ,,Herz des japanischen Staates''.
Am 20. März, kurz nach acht Uhr morgens, brach hier das Inferno los.
Im April 1996 wurde Aum Shinrikyo offiziell verboten, bis zum Som-
mer 1997 konnten mehr als hundert der 138 verhafteten Führungskader
der Sekte zu teils hohen Gefängnis- oder Geldstrafen verurteilt werden. In
den Hauptverfahren um die Giftgasanschläge und die Morde an den Ab-
trünnigen und Kritikern waren die Urteile Mitte 1999 noch nicht gespro-
chen; nur in einem Fall war gegen ein führendes Aum-Mitglied die
Todesstrafe verhängt worden.