Ein Jahr danach: Der Karikaturenstreit
02.09.2007 um 18:07
Aber ich bin ja mal nicht so, und stelle einen Text darüber rein ;)
Die folgenden Ausführungen sollen helfen, die historische Bedeutung des Dschihad besser einordnen zu können.
Was das für uns heute bedeutet, wird hier eher nicht thematisiert.
Man könnte zahlreiche Verse wählen, aber dieser Text ist auf die Verse 90, 91 und 94 in Sura Al- Nisa und 1- 8 in Sura Al-Tauba konzentriert.
4. 90. (bekämft sie) Außer denen, die zu einem Volk kommen, mit denen ihr ein Bündnis habt, oder zu euch kommen, wobei ihre Brüste zu eng sind, um euch zu bekämpfen oder ihre eigenen Leute zu bekämpfen. Wenn Allah wollte, dann hätte er ihnen Macht über euch gegeben, gegen euch zu kämpfen. Wenn sie sich aber von euch abwenden, ohne euch zu bekämpfen, und euch den Frieden entgegenwerfen, so gibt es keinen Weg gegen sie vorzugehen!
Folgende Begebenheit wird als der Offenbarungsanlass für diesen Vers angegeben:
Als der Prophet s.a.s DieLeute von Badr und Uhud überwältigte, und einige in ihrem Umfeld den Islam annahmen, sagte Saraqa aus dem Stamm Mudlidsch: "Ich erfuhr, dass er Chalid Ibn Al-Walid zu meinem Volk schicken möchte (um es mit Waffengewalt zum Islam zu bewegen), da ging ich zu ihm und sagte: Ich bitte dich um eine bessere Lösung! Sie sagten: Sei Still!
Der Prophet sws sagte aber: Lasst ihn doch! (an ihn gewendet) Was willst du? Er erwiderte: Ich erfuhr dass du Chalid Ibn Al-Walid zu meinem Stamm Banu Mudlidsch schicken möchtest. Ich möchte dass du sie mir anvertraust. Wenn dein Volk (Die Kuraisch) den Islam annimmt, werden sie auch den Islam annehmen und in den Islam eintreten. Wenn sie ihn nicht annehmen, mach die Herzen deines Volkes nicht hart gegen sie. Da nahm der Prophet sws Chalid Ibn Al-Walid bei der Hand und sagte: Geh mit ihm, mach was er wünscht! Chalid schloss mt ihnen einen Friedensvertrag unter der Bedingung, dass sie sich nicht gegen den Propheten sws wenden, und dass sie denIslam annehmen, wenn Quraisch mit ihnen den Islam annehmen, und wer zu ihnen kommt, wird in den Vertrag mit einbezogen. Da sandte Allah den Vers herab ...
Ibn Kathir sagt, dass man den Vers sinngemäß folgendermaßen verstehen muss: „Außer welche zu einem Volk flohen, mit dem ihr in einem Friedensvertragsverhältnis (Sulh) steht, einen Waffenstillstand vereinbart habt oder mit denen ihr in einem Dhimmaverhältnis steht, dann gilt für diese Leute, welche sich in ihren Schutz begeben, was auch für sie gilt
Soweit so gut: Nun heißt es aber in diesem Vers, dass man sie NICHT bekämpfen darf, wenn sie zu Leuten/zu einem Stamm gehen , mit denen die Muslime in einem bestimmten Vertragsverhältnis stehen -> DANN dürfen auch SIE nicht bekämpft werden, da die Muslime innerhalb des Vertragsgebiets keine Kampfbefugnis haben.
Ein Friedensvertrag konnte in der islamischen Geschichte beliebig lang vereinbart werden, nach dem Vorbild des Friedensvertrags von Hudaibiyyagalten 10 Jahre als Höchstgrenze, dann wurde neu verhandelt.
Nach den Richtlinien des Friedensvertrag von Hudaibiyya im Jahre sieben nach der Hidschra konnte jeder Stamm wählen, zu welchem Bündnis er gehören möchte – zum Bündnis dem die Muslime vorstanden oder zum Bündnis welchem die damals noch polytheistischen Mekkaner vorstanden
Koran:
"Oder sie kommen zu euch, ihre Brüste sind zu eng geworden, um euch zu bekämpfen oder ihr Volk zu bekämpfen"
Sie bringen es nicht über ihr Herz, euch zu bekämpfen und sie haben nicht die Kraft, mit euch gegen eure eigenen Leute zu kämpfen
-> Sie sind weder mit noch für euch -> Sie sind auf jedem Fall davon ausgenommen und dürfen nicht bekämpft werden.
Das heißt, dass niemand der sich aktiv am Kampf gegen die Muslime beteiligen möchte und dies den Muslimen auch signalisiert (in diesem Fall sogar auf dem Schlachtfeld!) von den Muslimen vorsätzlich bekämpft oder getötet werden darf!
Dies giltselbstverständlich für alle Zivilisten, wenn es bereits für unwillige Gegner auf dem Schlachtfeld gilt! Ich verweise an dieser Stelle an die bekannte Hadith, dass im Dschihad alte Männer, Frauen und Kinder nicht vorsätzlich angegriffen werden dürfen und sogar Bäume nicht abgeschlagen werden dürfen.
Koran
Und wenn Allah wollte, dann hätte er sie gegen euch entscheiden lassen, dass sie euch bekämpfen. Allah machte für euch keinen Weg gegen sie vorzugehen!
Der Prophet s.a.s. verfuhr zum Beispiel so mit einigen Teilnehmern bei der Schlacht von Badr, welche bei der mit den Mekkanern in den Kampf zogen, aber eigentlich gar nicht richtig kämpfen wollten. Deswegen verbot der Prophet es sie zu töten und lehnte es ab, sie gefangen zu nehmen
Koran:
4. 91. Ihr werdet andere finden, die vor euch und vor ihren Leuten Sicherheit haben wollen. Sooft sie wieder zur Feindseligkeit verleitet werden, stürzen sie kopfüber hinein. Wenn sie sich also weder von euchfernhalten noch euch Frieden bieten noch ihre Hände zurückhalten, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr sie auffindet. Denn gegen DIESE haben Wir euch volle Gewalt gegeben.
Hier geht es historisch um mekkanische Leute, die in Medina wegen persönlichen Vorteilen und aus Sicherheit rein äußerlich zum Islam konvertierten, in Mekka dann aber wieder dem Glauben der Mekkaner anhingen, aber weder vom Islam noch von der Religion der Mekkaner überzeugt waren. Sie handelten jeweils nur aus persönlichem Eigennutz. Man muss dazu erwähnen, dass zwischen den Muslimen und den Mekkanern ein gespanntes Verhältnis bestand.
Im Gegensatz zu DEN Heuchlern, welche in Wahrheit dem Glauben der Mekkaner anhingen, aber um den Muslimen zu schaden, und persönlichen Vorteil zu ziehen, den Islam annahmen.
Da befahl der Prophet sie zu bekämpfen wenn sie sich weder von den Mekkanern distanzieren noch von den Muslimen fernhalten noch sich deutlich für Frieden entscheiden,sondern trotz ihren Beziehungen zu den Muslimen mit den Mekkanern kollaborieren.
-> Wer in einem islamischen Staat ein Doppelspiel betreibt, um sich sowohl bei den Muslimen lieb Kind zu machen, aber gleichzeitig mit den Gegnern der Muslime dasselbe macht, und mit ihm auf subtile Weise die Muslime bekämpft bzw. sich nicht von ihrer Feindseligkeit gegen die Muslime distanziert, muss zweifellos dazu aufgefordert werden, mit diesem Spielchen aufzuhören.
Hängepartien sind in Zeiten der Konfrontation nicht möglich. Wer meint den Muslimen UND ihren Feinden gefallen zu müssen, ohne sich festlegen zu wollen, der muss sich klar positionieren: Entweder oder! Es geht nicht an, dass sie euch gefallen wollen, aber gleichzeitig bekämpfen.
Bis zu einer gewissen Toleranzgrenze muss klar sein, wer mit und wer gegen die Muslime als Gemeinschaft in einem Staat ist.
Anmerkung von Ibn Kathir: Frieden schließt auch Waffenstillstand und Friedensvertrag mit ein, nicht nur dieGesinnung oder Neigung, Frieden anzubieten.
Koran:
4. 94:
Oh ihr Gläubigen wenn ihr auszieht auf Allahs Weg, dann macht klar (wen ihr bekämpft) und sprecht nicht zu jenem, der euch den Frieden entgegenwirft "Du bist nicht Mumin!" nur weil ihr auf irdischem Gewinn aus seid! Bei Allah ist doch reiche Beute. Eure Situation war doch vorher genauso, aber Allah war gnädig gegen euch. Deswegen macht klar (gegen wen ihr kämpft)! Allah kennt euer Tun!
Der wahrscheinlichste Offenbarungsanlass macht die Bedeutung des Verses klar:
Ein Mann von Banu Salim, der seine Schafe austrieb, traf auf eine Gruppe von Gefährten des Propheten sws. Da töteten sie ihn absichtlich und kamen mit der Herde zum Propheten. Daraufhin wurde der Vers offenbart
-> Mumin ist hier nicht zwingend der tatsächlich Gläubige, sondern wer sich
dazu verpflichtet hat, mit den Muslimen in Frieden und Sicherheit zu leben und dies den Muslimen mit dem Friedensgrußanzeigt.
Die Gefährten hatten auf dem Weg zum Dschihad diesem Mann, der nur seine Schafe weidete getötet, um sich seine Schafe zu ergattern, also im Streben nach irdischem Gewinn. Der Koranvers verurteilt sie dafür scharf!
Auch hier gilt: Wer sich im Kampfgebiet nicht am Kampf gegen die Muslime beteiligt und ihnen sogar wohl gesonnen ist, muss unter allen Umständen geschützt werden!
Andere Version über den Offenbarungsanlass zu diesem Vers (verkürzte Übersetzung):
Der Prophet schickte Mulhima Bin Dschathama (kann sein dass die Vokalisation falsch ist) mit ein paar Leuten los. Da trafen sie Amir Bin Al- Ibd. Er grüßte sie islamisch denn sie hatten sich zur Zeit der Unwissenheit vor dem Islam sehr gemocht. Da tötete ihn Mulhim mit einem Pfeil. Die Nachricht erreichte den Propheten sws schnell. Da kam Mulhim in einer doppelten Burda (Obergewand) und setzte sich vor den Propheten damit dieser für ihn um Vergebung bitte. Der aber sagte: Allah vergibtdir nicht! (...)
Nach nicht einmal sieben Tagen verstarb er. Sie vergruben ihn, aber die Erde gab ihn wieder heraus. Sie gingen zum Propheten sws und berichteten ihm das. Er sagte: „Die Erde nimmt an, wer schlechter ist als euer Freund, aber Allah will euch vor euch davor warnen zu versehren, was euch verwehrt ist!“ (...)
Angenommen die Hadith ist authentisch - dann hat Allah bis zu seinem Tod diesem nicht einmal dafür vergeben, dass er einen Unbeteiligten auf dem Weg in den Dschihad tötete!
In diesem Vers trägt das Verb "Tabayyanu" welches ich mit "dann macht klar (wen ihr bekämpft) herausragende Bedeutung:
Tabayyanu heißt in etwa: Nachprüfen, klar machen, differenzieren/unterscheiden, innerhalb von Grenzen handeln
Alle diese Bedeutungen sind in dem Vers enthalten.
Eure Situation war doch vorher genauso, aber Allah war gnädig gegen euch
Hier warnt der Koran die Muslime in der Zeit des Propheten sws ihre eigeneschwierige Situation in der mekkanischen Zeit zu vergessen. Damals mussten SIE ihren Glauben in der Öffentlichkeit verschweigen.
Fazit nur für die Verse 90, 91 und 94 in Sure 4:
-> Alleine aus den oben geschilderten Erklärungen kann man folgern:
Man darf nur bekämpfen, mit wem keinerlei Vertragsverhältnis oder Waffenstillstand besteht. Zivilisten und sogar Feinde welche eigentlich gar nicht kämpfen wollen, dürfen auf keinem Fall vorsätzlich bekämpft oder getötet werden!
Wer von den erbittersten Feinden die Gunst von einem Staat gewinnt, der im Frieden mit den Muslimen lebt, ist vor den Muslimen zu verschonen, da die Muslime keinerlei Hoheitsrechte auf dem Gebiet eines Staates haben, mit dem ein Friedensvertrag oder Waffenstillstand besteht -> Hier handelt es sich um die mittelalterliche Einteilung in Dar Al- Islam und Dar Al- Harb. Man kann darüber diskutieren, ob sich dieses System heute überhaupt irgendeine Relevanz hat, da die relativklaren Verhältnisse der damaligen Zeit immer mehr verwischt werden -> Es gibt heute Staaten mit überwältigender islamischer Bevölkerungsmehrheit, in denen die Muslimas in öffentlichen Einrichtungen kein Kopftuch tragen dürfen, im "Kafir-Staat" Deutschland dürfen sie das (wenn auch mit Einschränkungen).
-> Jeder der Verse über Friedensangebote oder Kriegsmotivation hat seinen Platz – ebenso wie bei den historischen Anlässen zu den Koranversen hängt das von den Umständen ab!
Die letzte Aussage ist besonders wichtig, denn einige Muslime vertreten die Meinung, dass Vers 5 in Sura Al-Tauba alle vorherigen Vertragsverhältnisse ungültig gemacht habe.