Notgroschen für Berlin
13.05.2007 um 14:14Ein Notgroschen für Berlin – Länder sind skeptisch
Nur Regierung und Opposition in derHauptstadt loben den Vorschlag Günther Oettingers
Von Jens Mühling, Oliver Voß undUlrich Zawatka-Gerlach
Der Vorschlag des baden-württembergischenMinisterpräsidenten Günther Oettinger (CDU), der hoch verschuldeten Hauptstadt mit einem„Notgroschen“ zu helfen, stieß bei Regierung und Opposition in Berlin auf große Freude.Die Finanzminister anderer Länder reagierten dagegen zurückhaltend bis ablehnend.Oettingers Idee: Für jeden Euro Schulden, den Berlin selbst tilgt, legen Bund und übrigeLänder einen Euro drauf.
Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) fand diesen Vorschlag„grundsätzlich begrüßenswert“. Dieser Vorstoß sei besonders positiv zu bewerten, weil eraus dem Mund des Vorsitzenden der neuen Föderalismuskommission komme. Die von Oettingergeforderte Bedingung, erst einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, könne Berlin 2009,vielleicht schon 2008 erfüllen, sagte Sarrazin. Ob die Idee bundesweit mehrheitsfähigsei, müsse sich zeigen. Auch der PDS-Haushaltsexperte Carl Wechselberg sprach von einem„interessanten Vorschlag“.
Aber Sachsen lehnte brüsk ab. Ein solcher Notgroschenlaufe darauf hinaus, „die Folgen einer falschen Schuldenpolitik zu vergesellschaften“,sagte eine Sprecher des Finanzministeriums. Nordrhein-Westfalens Finanzminister HelmutLinssen (CDU) erklärte: „Jedes Land muss erstmal seine eigenen Finanzen ordnen.“ Und derFinanzminister von Schleswig-Holstein, Rainer Wiegard (CDU), nahm Oettingers Vorstoßoffenbar nicht so ernst: „Wir möchten dann gern anderthalb Euro vom Bundhaben.“
Skeptisch äußerte sich der rheinland-pfälzische Finanzminister IngolfDeubel (SPD). Es mache wenig Sinn, über einzelne Ideen zu sprechen. „Wir brauchen einKonzept zur Entschuldung aller öffentlichen Haushalte. Das liegt nicht mal in Ansätzenvor.“ Nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts könne die Problematik der übermäßigenVerschuldung einzelner Länder gelöst werden. Bremen erinnerte an die eigenen Schulden.„Es gibt mehrere Länder, die klamm sind“, sagte Hermann Pape, Sprecher des Senators fürFinanzen. Der kleine Stadtstaat könne keinen Notgroschen nach Berlin geben. „Es muss einKonzept her, dass alle Länder mit einer Haushaltsnotlage berücksichtigt.“
Auch derFraktionschef der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, der in der Föderalismuskommissionsitzt, forderte gestern eine Gesamtstrategie zur Entschuldung von Bund und Ländern.Trotzdem lobte er Oettingers Initiative als „gangbaren Weg“. Die Sensibilität inDeutschland, sich der Probleme Berlins anzunehmen, sei erkennbar gewachsen.
DerCDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger schrieb dem Parteifreund Oettinger einen Brief undlobte die „positive Berlin-Haltung des Chefs eines großen Geberlandes“. Es seibedauerlich, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit auf Oettingers Vorschlägenicht reagiere und keine eigene Strategie erkennen lasse, so Pflüger. Der Senat müsse inder bundesweiten Diskussion über ein Entschuldungskonzept Allianzen bilden. Die CDU seibereit, dabei zu helfen.
Auch der FDP-Fraktionschef Martin Lindner forderteWowereit auf, jetzt aktiv zu werden und gemeinsam mit willigen Ländern eine Arbeitsgruppezu bilden. „Wenn Wowereit eine mit Rosenwasser parfümierte Einladung dafür braucht, umden Hintern hochzukriegen, tun wir dies gern“, sagte Lindner dem Tagesspiegel. Es seieine Schutzbehauptung, zu sagen, für diese Gespräche sei allein dieFöderalismuskommission da.
Was soll denn für Berlin noch alles gemachtwerden? Die sollen erst mal lernen, mit dem Geld auszukommen, das zur Verfügungsteht.
Kann sich jemand an die kleine Briefmarke "Notopfer Berlin"erinnern?
Berlinwar, ist und bleibt immer ein Faß ohne Boden.