"Mit Kopftuchträgerinnen redet keiner"
Autor Feridun Zaimoglu will seinen Platz inder Islamkonferenz für eine Frau räumen
taz: Herr Zaimoglu, Sie sind Mitgliedder Islamkonferenz und haben angeboten, Ihren Stuhl zu räumen. Warum?
FeridunZaimoglu: Bei der Konferenz wird der Islam in zwei Lager geteilt. Es gibt dieKonservativen Muslime - die Bösen -, und es gibt die Islamkritikerinnen - die Guten. Diediskutieren über junge, muslimische Frauen, die freiwillig ein Kopftuch tragen. Aber mitden Kopftuchträgerinnen redet keiner. Das ist finde ich schäbig.
taz:Warum findeteine Islamkonferenz ohne Kopftuchträgerinnen statt? Immerhin ist die Kopftuchdebatte einvieldiskutiertes Thema.
Darüber kann ich nur spekulieren. Wir haben es hier mitAufklärungsspießern und orthodoxen Spießern zu tun. Eine selbstbewusste, kopftuchtragendeFrau passt nicht in deren Weltbild. Denn es sind überwiegend selbstständige Frauen, diesich nicht als Fingerpuppen ausnutzen lassen.
taz:Gibt es denn jemand Bestimmtes,dem Sie Ihren Platz gerne anbieten würden?
Es gibt keine spezielle Kandidatin, dieich nominieren möchte. Aber wenn sich eine fromme Muslimin bei mir meldet, über die sichalle Parteien die Münder zerreißen, dann räume ich sofort meinen Platz. Sie hat eingrößeres Recht, an der Konferenz teilzunehmen, als ich.
taz:Aber wenn Sie aus derIslamkonferenz ausscheiden, könnten Sie nicht mehr aktiv in der Debattemitmischen.
Ich bin kein Parteigänger, kein religiöser Eiferer - ich bin einSchriftsteller. Ich bin Schriftsteller, der sich einen letzten Rest an Fairness undGerechtigkeit beibehalten hat.
taz:Haben die anderen Teilnehmer der Islamkonferenzdas nicht?
Ich kann es nicht ertragen, wenn man sich parteigängerisch verhält.Auch die sogenannten Frauenrechtlerinnen denunzieren junge Kopftuchträgerinnen. Es solltenicht um die eigene Selbstdarstellung gehen, aber darum geht es leider. Das ist eineSchande.
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