welches interesse die deutschen behörden wohl an der löangen haft hatten
Verhinderte Freilassung im Herbst 2002
Auf Grund der fehlendenTerrorismusbeweise lassen die USA im Oktober 2002 durchblicken, Kurnaz freilassen zuwollen. In Deutschland stößt die Ankündigung jedoch auf wenig Gegenliebe. Bei einerBesprechung Ende Oktober im Bundeskanzleramt fällt die Entscheidung: Der gebürtige Bremersoll nicht nach Deutschland zurückkehren, weil ein Guantanamo-Heimkehrer einSicherheitsproblem sein könnte. Da auch die Türkei ihren Staatsbürger nicht aufnehmenwill, bleibt Kurnaz in US-Haft. Erst im Januar 2006 kommt Bewegung in die Sache, alsBundeskanzlerin Angela Merkel den Fall bei ihrem Antrittsbesuch in Washington anspricht.Seitdem verhandelten deutsche und US-Diplomaten über die Freilassung des "Bremer Taliban"und seine Rückkehr.
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5842116_REF1_NAV_BAB,00.htmlKurnaz wirft Deutschen Folterung vor
© Marcus Vogel
Der "BremerTaliban" Murat Kurnaz berichtet über seine Gefangenschaft in US-Gefängnissen
Derals "Bremer Taliban" bekannt gewordene Murnat Kurnaz ist offenbar auch von deutschenSoldaten misshandelt worden. Dem stern schildert Kurnaz die Folterungen in einemUS-Gefängnis in Afghanistan.
Murnat Kurnaz berichtet in einem Interview mit demstern erstmals über seine Entführung und den anschließenden vierjährigen Aufenthalt inUS-Gefängnissen in Afghanistan und Guantánamo. Demnach wurde er nach seiner Verschleppungnach Afghanistan in einem geheimen US-Gefängnis anscheinend auch von deutschenElitesoldaten misshandelt.
"Ich war noch keine zwei Wochen dort, da wurde ichabends hinter zwei Lastwagen geführt. Es hieß, zwei deutsche Soldaten wollten mich sehen.Sie trugen Camouflage-Uniformen, das Tarnmuster war aus kleinen Punkten zusammengesetzt,wie vom Computer gemacht, und sie trugen die deutsche Flagge am Ärmel. Ich musste michhinlegen, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Der eine zog mich an den Haaren hoch.'Weißt Du, wer wir sind?' Der wollte angeben. 'Wir sind die deutsche Kraft.' Er hatjedenfalls meinen Kopf auf den Boden geschlagen, und die Amerikaner fanden das lustig",sagt Kunaz in dem Interview.
Bei den deutschen Soldaten handelt es sich nachRecherchen des stern aller Wahrscheinlichkeit nach um Angehörige der Elite-Einheit KSK,Kommando-Spezialkräfte, damals die einzigen deutschen Soldaten im afghanischen Kandahar.
Kurnaz wurde 2001 verschleppt
Der heute 24-jährige Schiffsbauer aus Bremenwar am 1. Dezember 2001 im pakistanischen Peshawar auf dem Weg zum Flughafen, wo erseinen Heimflug antreten wollte, an einem Checkpoint aus dem Shuttlebus gezogen und nachKandahar in eines der berüchtigten US-Geheimgefängnisse verschleppt worden. Dort wurde ernach seinen Angaben von Angehörigen des US-Militärs gefoltert, unter anderem mitElektroschocks.
Nach zwei Monaten in dem Foltergefängnis in Afghanistan wurdeKurnaz von US-Militärs in das Gefangenenlager nach Guantánamo gebracht. Dort wurde Kurnazauch von Beamten des Bundesnachrichtendienstes (BND) und mehrmals von einem Mitarbeiterdes Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) besucht und vernommen.
Gegenüber derPKG, dem Geheimdienstkontrollgremium des Bundestages, hatten der damalige BND-Chef AugustHanning, heute Sekretär im Bundesinnenminister, sowie BfV-Präsident Heinz Fromm nur eineneinzigen Guantánamo-Besuch ihrer Beamten bei Kurnaz eingeräumt, und zwar im September2002.
Damals waren die Verhörexperten von BND und BfV zu der Überzeugunggekommen, dass Kurnaz völlig unschuldig sei. Bei Murat Kurnaz deute "nichts" auf"Kontakte zu Taliban- oder al-Qaeda-Strukturen" hin, heißt es dazu in einem geheimenRegierungsbericht. Die "US-Seite hat sich dieser Bewertung angeschlossen". Trotzdemnahmen die Deutschen dem Mann aus Bremen die Zusage ab, nach seiner Freilassung alsSpitzel im Islamistenmilieu zu arbeiten.
Nach Information des stern erwog derBND sogar, ihn im Inland zu "nutzen", der Verfassungsschutz plante eine "gemeinsameOperation mit dem US-Partnerdienst", wie es in einem Geheimbericht heißt. Die Amerikanerwaren von der Idee, Kurnaz als V-Mann zu nutzen, ebenfalls angetan und sagten zu, denBremer "bis November nach Deutschland zurück zu bringen".
BND-Chef plädiert fürEinreisesperre
Im Kanzleramt in Berlin beurteilte man diese Pläne jedoch "sehrkritisch". Als die Amerikaner nachfragten, ob der türkische Staatsbürger nach Deutschlandoder in die Türkei gebracht werden sollte, plädierte BND-Chef August Hanning am 29.Oktober 2002, wie aus Regierungsunterlagen hervorgeht, "für eine Einreisesperre fürDeutschland". Vertreter von Kanzleramt und Innenministerium "teilten diese Auffassung".
Kurnaz wurde daraufhin weiter in Guantánamo unschuldig gefangen gehalten,gefoltert und regelmäßig verhört auch von dem deutschen Verfassungsschutzbeamten Dr. K.,Leiter im Referat Ausländer-Fundamentalismus.
http://www.stern.de/politik/deutschland/573096.html?nv=ct_mt