Der Krieg der Un-Kulturen!
02.10.2006 um 08:58
Mohammeds Schwert
Der Papst, der Islam, die Gewalt und die Kreuzzüge
Kampfder kulturen?
dan past dieser text mehr oder weniger hier hinein wen auchnicht ist er trotzdem lesenswert.
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25.09.2006
Uri Avnery
Übersetzung Ellen Rohlfs
Seit den Tagen, als römische Kaiser Christen denLöwen zum Fraß vorwarfen, haben die Beziehungen zwischen Kaisern und Kirchenführern vieleWandlungen durchgemacht.
Konstantin der Große, der 306 – genau vor 1700 Jahren– Kaiser wurde, förderte die Ausübung des Christentums im Kaiserreiche, zu dem auchPalästina gehörte. Jahrhunderte später teilte sich die Kirche in einen östlichen(orthodoxen) und einen westlichen (katholischen) Teil. Im Westen erwarb der Bischof vonRom den Titel Papst und verlangte vom Kaiser, seine Überlegenheit anzuerkennen.
Der Kampf zwischen den Kaisern und Päpsten spielte in der europäischen Geschichteeine zentrale Rolle und spaltete die Völker. Es gab Höhen und Tiefen. Einige Kaisersetzten den Papst ab oder vertrieben ihn, einige Päpste setzen den Kaiser ab oderexkommunizierten ihn. Einer der Kaiser, Heinrich IV., "ging nach Canossa", stand dreiTage barfuß im Schnee vor der Burg des Papstes, bis der Papst sich herabließ, seineExkommunizierung aufzuheben.
Aber es gab auch Zeiten, in denen Kaiser undPäpste in Frieden miteinander lebten. Heute erleben wir solch eine Zeit. Zwischen demgegenwärtigen Papst Benedikt XVI. und dem gegenwärtigen Kaiser George Bush II. bestehteine wunderbare Harmonie. Die vor einer Woche gehaltene Rede des Papstes, die einenweltweiten Sturm auslöste, paßt gut zu Bushs Kreuzzug gegen den "Islamofaschismus" imKontext des "Kampfes der Kulturen".
In seiner Vorlesung an einer deutschenUniversität beschrieb der 265. Papst, was er als großen Unterschied zwischen Christentumund Islam ansieht: während das Christentum sich auf die Vernunft gründe, verleugne derIslam diese. Während die Christen die Logik in Gottes Handlungen erkennen, verleugnetendie Muslime jegliche Logik in den Taten Allahs.
Als jüdischer Atheist habe ichnicht die Absicht, mich auf den Streitboden dieser Debatte zu begeben. Es liegt weitaußerhalb meiner bescheidenen Fähigkeit, die Logik des Papstes zu verstehen. Aber ichkann eine Passage nicht übersehen, die auch mich betrifft, als Israeli, der in der Näheder Verwerfungszone dieses „Kampfes der Kulturen“ lebt.
Um den Mangel anVernunft im Islam zu beweisen, behauptet der Papst, daß der Prophet Muhammad seinenAnhängern befahl, seine Religion mit dem Schwert zu verbreiten. Nach Ansicht des Papstesist dies unvernünftig, weil der Glaube der Seele entstammt und nicht dem Körper. Wiekönnte das Schwert die Seele beeinflussen?
Um diese These zu unterstützen,zitierte der Papst ausgerechnet einen byzantinischen Kaisers, der natürlich zurkonkurrierenden Kirche des Ostens gehörte. Ende des 14. Jahrhunderts erzählte KaiserManuel II. Palaeologus von einem Streitgespräch, das er mit einem nicht namentlichgenannten persisch muslimischen Gelehrten geführt habe - sagte er zumindest (dasVorkommnis wird bezweifelt). In der Hitze des Gefechtes schleuderte der Kaiser (nachseiner eigenen Aussage) folgende Worte gegen seinen Kontrahenten:
"Zeige mirdoch, was Mohammad Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Unmenschlichesfinden wie seinen Befehl, den von ihm gepredigten Glauben durch das Schwert zuverbreiten."
Diese Worte geben Anlaß zu drei Fragen: a) Warum sagte der Kaisersie? b) Sind sie wahr? c) Warum hat der gegenwärtige Papst sie zitiert?
AlsManuel II. seine Abhandlung schrieb, war er das Oberhaupt eines sterbenden Imperiums. Erkam 1391 an die Macht, als dem einst so blühenden Kaiserreich nur noch wenige Provinzengeblieben waren. Auch diese wurden bereits von den Türken bedroht.
Zu diesemZeitpunkt hatten die ottomanischen Türken bereits das Donauufer erreicht. Sie hattenBulgarien und den Norden Griechenlands erobert und zweimal von Europa gesandteEntlastungsheere besiegt, die das östliche Kaiserreich retten sollten. Am 29. Mai 1453,nur wenige Jahre nach Manuels Tod, eroberten die Türken seine Hauptstadt Konstantinopel -das heutige Istanbul - und setzten dem Kaiserreich ein Ende, das mehr als tausend Jahregedauert hatte.
Während seiner Herrschaft hatte Kaiser Manuel II. dieHauptstädte Europas besucht und versucht, Unterstützung zusammenzutrommeln. Er versprach,die Kirche wieder zu vereinigen. Zweifellos schrieb er seine religiöse Abhandlung, um diechristlichen Länder gegen die Muslime aufzustacheln und sie zu einem neuen Kreuzzug zubewegen. Das Ziel war praktisch ausgerichtet, die Theologie diente der Politik.
In diesem Sinn paßt das Zitat genau zu den Erfordernissen des gegenwärtigen KaisersGeorge Bush II. Auch er will die christliche Welt gegen die hauptsächlich muslimische"Achse des Bösen", einigen. Außerdem klopfen die Türken wieder an die Türen Europas,dieses Mal friedlich. Es ist allgemein bekannt, daß der Papst die Kräfte unterstützt, diegegen den Eintritt der Türkei in die Europäische Union sind.
Steckt irgendeineWahrheit in Manuels Behauptung?
Der Papst selbst hat Vorsicht angemahnt. Alsseriöser und namhafter Theologe konnte er es sich nicht leisten, geschriebene Texte zuverfälschen. Deshalb gab er zu, daß der Koran ausdrücklich verbietet, den Glauben mitGewalt zu verbreiten. Er zitierte die 2. Sure, Vers 256 (seltsam fehlbar für einen Papst- er meinte den Vers 257) der lautet: "In Glaubenssachen darf es keinen Zwang geben".
Wie kann man eine so unzweideutige Feststellung ignorieren? Der Papst behaupteteeinfach, daß dieses Gebot vom Propheten zu Beginn seiner Karriere festgelegt worden sei,als er noch schwach und ohnmächtig war, aber später die Anwendung des Schwertes im Dienstdes Glaubens befohlen habe. Solch einen Befehl gibt es im Koran nicht. Mohammed rief zwarzur Anwendung des Schwertes in seinem Krieg gegen feindliche Stämme - christliche,jüdische und andere – in Arabien auf, als er seinen Staat aufbaute. Aber das war einpolitischer und kein religiöser Akt; grundsätzlich ein Kampf um Gebiete, nicht um dieVerbreitung des Glaubens.
Jesus sagte: "An ihren Früchten werdet ihr sieerkennen." Die Behandlung anderer Religionen durch den Islam, muß mittels eines einfachenTests beurteilt werden: Wie haben sich die muslimischen Herrscher mehr als tausend Jahrelang verhalten, als sie die Macht hatten, "den Glauben mit dem Schwert zu verbreiten"?
Nun, sie haben es einfach nicht getan.
Viele Jahrhunderte langherrschten Muslime über Griechenland. Wurden die Griechen Muslime? Versuchte jemand auchnur, sie zu islamisieren? Im Gegenteil, christliche Griechen besetzten die höchsten Ämterin der ottomanischen Regierung. Die Bulgaren, Serben, Rumänen, Ungarn und andereeuropäische Nationen lebten zeitweise unter ottomanischen Herrschaft und hielten an ihremchristlichen Glauben fest. Keiner zwang sie, Muslime zu werden und alle blieben gläubigeChristen.
Die Albaner konvertierten zwar zum Islam und auch die Bosniaken. Aberniemand behauptet, daß dies unter Zwang geschehen sei. Sie nahmen den Islam an, umVergünstigungen der Regierung zu erlangen und sich der Früchte zu erfreuen.
1099 eroberten die Kreuzfahrer Jerusalem und massakrierten willkürlich seinemuslimischen und jüdischen Einwohner, im Namen des sanften Jesus. Zu jener Zeit, 400Jahre nach der muslimischen Besetzung Palästinas, waren die Christen noch die Mehrheit imLande. Während dieser langen Periode wurden keine Anstrengungen unternommen, ihnen denIslam aufzuzwingen. Erst nach der Vertreibung der Kreuzfahrer aus dem Land begann dieMehrheit der Bewohner damit, die arabische Sprache und den muslimischen Glaubenanzunehmen – und sie sind die Vorfahren der meisten heutigen Palästinenser.
Esgibt auch keinen Beweis für einen Versuch, den Juden den Islam aufzuzwingen. Wieallgemein bekannt ist, erlebten die Juden Spaniens während der muslimischen Herrschafteine Blütezeit, wie sie sie nirgendwo anders beinahe bis in unsere Zeit erlebten. Dichterwie Yehuda Halevy schrieben arabisch, genau wie der große Maimonides. Im muslimischenSpanien waren Juden Minister, Dichter, Wissenschaftler. Im muslimischen Toledo arbeitetenchristliche, muslimische und jüdische Gelehrte zusammen und übersetzten die antikengriechischen philosophischen und wissenschaftlichen Texte. Das war wirklich das GoldeneZeitalter. Wie hätte das nur möglich sein können, hätte der Prophet die "Verbreitung desGlaubens mit dem Schwert" verordnet?
Was dann geschah, ist aber nochaufschlußreicher. Als die Katholiken Spanien von den Muslimen zurückerobert hatten,begannen sie eine Herrschaft des religiösen Terrors. Juden und Muslime wurden vor einegrausame Wahl gestellt: entweder zum Christentum zu konvertieren, massakriert zu werdenoder das Land zu verlassen. Und wohin flohen die hunderttausenden von Juden, die sichweigerten, ihren Glauben aufzugeben? Fast alle von ihnen wurden mit offenen Armen in denmuslimischen Ländern aufgenommen. Die sephardischen ("spanischen") Juden siedelten in derganzen muslimischen Welt von Marokko im Westen bis zum Irak im Osten, von Bulgarien(damals ein Teil des ottomanischen Reiches) im Norden bis in den Sudan im Süden.Nirgendwo wurden sie verfolgt. Sie kannten nichts wie die Folterungen der Inquisition,die Flammen der Ketzerverbrennungen, die Pogrome, die schrecklichen Massenvertreibungendurch, die in fast allen christlichen Ländern bis zum Holocaust stattfanden.
Warum? Weil der Islam ausdrücklich jede Verfolgung der "Völker des Buches" verbotenhat. In der islamischen Gesellschaft war ein besonderer Platz für Juden und Christenreserviert. Sie hatten zwar nicht völlig die gleichen Rechte, aber beinahe. Sie mußteneine besondere Steuer bezahlen, waren aber vom Militärdienst befreit – eine Übereinkunft,die vielen Juden sehr willkommen war. Es wurde gesagt, daß muslimische Herrscher vorjedem Versuch – selbst mit sanfter Überzeugung - Juden zum Islam zu konvertieren,zurückschreckten, weil das den Verlust von Steuern nach sich zog.
Jederehrliche Jude, der die Geschichte seines Volkes kennt, kann nicht anders, als gegenüberdem Islam große Dankbarkeit zu empfinden, da er die Juden 50 Generationen lang geschützthat, während die christliche Welt die Juden verfolgte und viele Male „ mit dem Schwert“versuchte, sie von ihrem Glauben abzubringen.
Die Geschichte über die"Verbreitung des Glaubens mit dem Schwert" ist eine üble Legende, eine der Mythen, die inEuropa während der großen Kriege gegen die Muslime - die Rückeroberung Spaniens durch dieChristen, der Kreuzfahrten und die Zurückschlagung der Türken, die beinahe Wien eroberthätten - wuchsen. Ich habe den Verdacht, daß auch der deutsche Papst ehrlich an dieseMärchen glaubt. Das bedeutet, daß das Oberhaupt der katholischen Kirche, der selbst einnamhafter Theologe ist, sich nicht die Mühe gemacht hat, die Geschichte andererReligionen zu studieren.
Warum äußerte er diese Worte in der Öffentlichkeit?Und warum jetzt?
Man kann sie jetzt nur vor dem Hintergrund des neuen Kreuzzugsvon Bush und seinen evangelistischen Unterstützern sehen mit seinen Wahlsprüchen vom"Islamofaschismus" und "dem globalen Krieg gegen den Terror" – nachdem "Terrorismus" einSynonym für Muslime geworden ist. Für Bushs Steuerer ist dies ein zynischer Versuch, dieHerrschaft über die Öl-Ressourcen der Welt zu rechtfertigen. Nicht zum ersten Mal in derGeschichte, wird ein religiöses Mäntelchen über die Nacktheit wirtschaftlicher Interessengebreitet; nicht zum ersten Mal wird der Feldzug eines Räubers zu einem Kreuzzug.
Die Rede des Papstes paßt zu diesen Bemühungen. Wer kann die unheilvollen Folgenvoraussehen?