Märtyrertradition, die aber über viele Jahrhunderte nicht wirklich relevant war. Im Qur’an taucht das Wort Märtyrer in dem Sinne, wie wir es verwenden, nicht auf. Im frühen Islam war die islamische Gemeinschaft eine Minderheit und unter Unterdrückung, und damals trat der Märtyrer auf, der für seinen Glauben starb, der unter Folter nicht bereit war von seinem Glauben abzulassen. Man kann dann sehen, wie in dem Augenblick, wo der Islam sich durchsetzt und ausweitet, diese Art von Martyrium keine Rolle mehr spielt und zunehmend durch das Kämpfermartyrium ersetzt wird, also der Kämpfer, der in der Schlacht stirbt. Aber das Martyrium als religiöses Konzept spielte in der islamischen Geschichte lange Zeit keine so herausragende Rolle wie im Christentum. Es spielte insbesondere im sunnitischen Islam keine allzu große Rolle. Man kann daher keineswegs sagen, dass eine direkte Linie zum modernen Selbstmordattentat führe. Wo die Martyriumsidee eine herausragende Rolle gespielt hat, war im schiitischen Islam; angefangen mit dem Martyrium der Imame und speziell Imam Hussains. Seither spielt es im schiitischen Islam eine zentrale Rolle. Und viele Bilder, die bei den modernen Terroristen auftauchen, stammen aus dem schiitischen Glauben, obwohl dieser aus Sicht dieser Extremisten ja viel schlimmer ist als das Christentum. Die frühen Islamisten, die Muslimbrüder, haben sehr wohl an den islamischen Märtyrer angeknüpft, an die Märtyrer, die in der Frühzeit des Islam unter Folter starben, wie viele Muslimbrüder in Ägypten auch. Sie fanden sich in diesem Märtyrerbild sozusagen wieder. Nun sieht man den Übergang zum Kämpfermartyrium unter Zuhilfenahme von einigen Bildern aus der schiitischen Tradition. Diese ganze Bildersprache stammt oft gerade nicht aus dem sunnitischen Islam. Und im schiitischen Islam haben diese Bilder eine völlig andere Bedeutung. Es gibt eine Linie im schiitischen Märtyrerkult, die zu den Minenkindern im irakisch-iranischen Krieg geführt hat. Das heißt nicht, dass jeder schiitische Gläubige dies für vertretbar hält, aber man kann sehen, dass es eine Linie gibt, die zu so einer Perversion führen kann. Aber sie führt vom schiitischen Glauben nicht linear zu den Selbtmordattentaten. Wenn wir uns nun die frühen Selbstmordattentate in der arabischen Welt anschauen, sehen wir, dass diese nicht von Schiiten stammen, sondern von säkularen Kreisen, aus kommunistischen Gruppierungen. Diese
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