Der Kreuzzug der Southern Baptist Convention
28.06.2006 um 14:37Der Kreuzzug der Southern Baptist Convention
Protestantisch-fundamentalistischeMissionare operieren mit Billigung der US-Militärbehörden im Irak.
"Wir werden Tod und Gewalt tragen in alle Himmelsrichtungen, um dieseswunderbare Land zu schützen und die Welt vom Bösen zu befreien" (George W. Bush)
Einige nehmen ihn sehr ernst, den "Kreuzzug gegen das Böse": "Ich binbereit zu sterben. Ich würde in den Irak gehen, [auch] wenn es den Tod bedeutet. Wirmüssen sie besiegen, sie wollen uns töten [...]. Und dann sollen alle Iraker Christenwerden, alle im Nahen Osten. Es ist ein spiritueller Krieg. Wir kämpfen gegen die Mächteder Dunkelheit". (1) Der dies sagt, ist kein gespenstischer Widergänger desTemplerordens, nicht einmal ein kampfeshungriger GI. Es spricht ein Zivilist, Mitgliedder Baptistischen Gemeinde von Broken Arrow - ein Missionar. Mit einer GruppeGleichgesinnter bereitet sich der junge Mann in einer kleinen, schmucken Holzkirchedarauf vor, hinauszuziehen, um das Wort Gottes zu verbreiten - allerdings (für diesmal)nicht in den Irak. Nach Mexiko.
"Es ist ein Religionskrieg",sekundiert ihm ein weiterer Glaubensgenosse: "Sie hassen nicht uns, sondern unseren Gott.Sie glauben an eine Lüge. Es gab schon viele falsche Götter wie Allah. Aber es bleibteine Lüge, das haben schon die Propheten gesagt". (2)
Die SouthernBaptist Convention (SBC), der die Gemeinde von Broken Arrow angehört, ist die größteprotestantische Glaubensgemeinschaft der USA. Mit über 15,9 Millionen Mitgliedernrangiert sie unmittelbar hinter den US-amerikanischen Katholiken, und mit insgesamt37.000 Kirchen hat sie ihnen den Rang bereits abgelaufen. (3) Im sogenannten "bible belt"[Bibelgürtel], in Texas, Georgia, North Carolina, Tenessee und Alabama, hat die SouthernBaptist Convention ihre Basis. Ihr Einfluss allerdings reicht weit über die südlicheProvinz hinaus. George Bush Sr. war aktives Mitglied der First Baptist Church of Dallas,der bis zum Jahr 2002 der erzreaktionäre protestantische Kirchenmann Wallie Amos Criswellvorstand. (4) George W. Bushs damaliger demokratischer Gegenkandidat Al Gore betet in derMount Vernon Baptist Church in Arlington (5), und George W. Bush Jr., der sich selbsteinen "reborn christian" [wiedergeborenen Christen] nennt, gibt sich alle Mühe, dermächtigen religiösen Lobbygruppe gefällig zu sein. Die beileibe nicht mittellose SouthernBaptist Convention profitiert seit seinem Amtsantritt von großzügigen staatlichenZuwendungen, und auch die Bemühungen der neokonservativen Nomenklatura um denPräsidenten, konfessionellen den Vorzug vor religionsungebundenen sozialenHilfsorganisationen zu geben, kommen gut an. (6) Über 60% der organisiertenProtestantinnen und Protestanten danken es ihm, einer Umfrage vom Mai 2003 zufolge, mitrückhaltloser Unterstützung seiner globalen Kriegspolitik - vor allem im Irak. (7)Bereits am 15. Juni 2002 bedankte sich der Präsident bei einer landesweiten Zusammenkunftder SBC in einer Fernsehansprache: "Laura und ich sind so dankbar für eure Gebete. Ichhabe sie in schweren Stunden gefühlt [...]. Ich weiß eure große Unterstützung unsererBemühungen im Krieg gegen den Terror zu schätzen. Genau wie ihr, verstehe auch ichFreiheit nicht als ein Geschenk Amerikas an die Welt. Freiheit ist das Geschenk desallmächtigen Gottes an alle Männer und Frauen dieses Planeten (Applaus)". (
Von der Beschaffenheit dieser "Freiheit" hat man in den oberen Etagen derSouthern Baptist Convention sehr dezidierte Vorstellungen: 1998 verfügte ein Gremiumführender Gemeindemitglieder (unter ihnen der bereits erwähnte W.A. Criswell), dass esPflicht der Ehefrau sei, sich "dankbar der Führung des Mannes zu unterwerfen". (9) AlsReaktion verließen mehrere protestantische Gemeinden die Convention. Ein Jahr zuvor, am18. Juni 1997, hatten Führer der SBC einen Boykott gegen die Walt Disney Companyverhängt, um die "anti-christliche und familienfeindliche Ausrichtung" der Firma zubekämpfen. Walt Disney hatte in den Reihen seiner Belegschaft eine Gesundheitsfürsorgefür gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. (10) Am 14. Juni 2002 bekräftigte einhochkarätiges Führungsgremium einen (allerdings für die Gemeinden nicht bindenden)Beschluss, nach dem Frauen für das Priesteramt ungeeignet seien. Gleichzeitig wurde dieUnterstützung der Todesstrafe betont. (11) Die Bibel gilt einem Großteil der in derSouthern Baptist Convention organisierten Gläubigen als das "unvergängliche Wort Gottes".(12) Ihr historischer Wahrheitsgehalt steht außer Frage. Der "allmächtige Gott derFreiheit"... für Mitglieder der SBC ist er der Gott des protestantischen Christentums -in seiner rigidesten Auslegung.
Kein Wunder, dass nach den Anschlägenvom 11. September einer Reihe führender protestantischer Kirchenmänner der Mund überging.Hatte sich George W. Bush unmittelbar nach den Anschlägen noch öffentlich vonanti-muslimischer Hetze distanziert, brauchten die protestantischen Eiferer bald keinenWiderspruch mehr zu fürchten. Reverend Jerry Falwell, führendes Mitglied der SBC, nannteMohammed in einer von CBS ausgestrahlten Talkshow einen "Terroristen". (13) Sein KollegeJerry Vines legte im Rahmen jenes Treffens, bei dem die Dankesrede des Präsidenten viaSatellit übertragen wurde, noch nach. Für ihn sei der Prophet nichts weiter als ein "vomTeufel besessener Pädophiler". (14) Reverend Franklin Graham, Sohn des TV-EvangelistenBilly Graham, dessen Organisation Samaritans Purse [Börse des Samariters] der SBCangeschlossen ist und gleichfalls Missionare in den Nahen Osten entsendet, erklärte, derIslam sei eine "sehr böse und hinterlistige Religion". (15) Höhepunkt deranti-muslimischen Hetze war bisher vermutlich der Auftritt des TV-Evangelisten PatRobertson bei Hannity Colmes. Praktisch mit Schaum vorm Mund eiferte Robertson gegenMohammed und den Islam: "Dieser Mann war ein absolut irrsinniger Fanatiker. Er war einRäuber und Marodeur. Und da behaupten Leute, diese Terroristen würden den Islamverzerren! Sie führen ihn aus! Ich meine, dieser Kerl [Mohammed] war ein Killer. Und zuglauben, seine Religion sei friedlich, ist einfach lächerlich. [...] Der Islam ist nichtsweiter als ein gigantischer Haufen Abfall". (16) Gute Vorraussetzungen demnach fürchristliche Missionare in einem überwiegend muslimischen Land...
DieSouthern Baptist Convention hat aus ihrer ausgedehnten missionarischen Tätigkeit nieeinen Hehl gemacht. Stolz verkündet ihre Internetseite, keine andere religiöseOrganisation habe weltweit so viele christliche Missionare im Einsatz wie die SBC.Unterschieden wird nach 4857 sogenannten "home missionaries" [Heimat-Missionaren], die inden USA, in Kanada, aber auch in so "heimatlichen" Gefilden wie Costa Rica oder denVirgin Islands tätig sind, und 4137 "foreign missionaries" [Auslands-Missionaren], die inüber 130 weiteren Nationen verlorene Seelen zu erretten suchen. (17) Dass sich dieSouthern Baptist Convention, gemeinsam mit Organisationen wie Samaritans Purse oder derfundamentalistischen Protestantenorganisation Voice of the Martyrs [Stimme der Märtyrer],ungehindert im Nachkriegs-Irak betätigen kann, ist in der Geschichte derUS-amerikanischen Außenpolitik allerdings eine Neuerung. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991mussten sich Mitglieder von Samaritans Purse noch verantworten, als bekannt wurde, dassihre Mitglieder in Saudi-Arabien Bibeln statt Hilfsgüter verteilten. (1 Im April 2003geriet Präsident Bush jr. unter Druck: SBC und Samaritans Purse hatten an der GrenzeJordaniens einen wahren Massenaufmarsch glaubenseifriger Missionare initiiert, die daraufbrannten, im Gefolge US-amerikanischer und britischer Truppen die Bevölkerung des Irak zubekehren. (19)
Mittlerweile hindert niemand mehr die christlichenMissionare daran, im Irak ihre frohe Botschaft zu verkünden. "Die Imame haben Angst",sagt Steve Hardy von der Southern Baptist Convention: "Wenn sich das Christentum hierdurchsetzt, wird es sich überall im Nahen Osten verbreiten. Im Moment gibt es keinen Ort,der für uns strategisch wichtiger wäre als der Irak". (20) "Innerhalb der Kirche sind wirder Leib Christi", erklärt John Brady, Koordinator der SBC für den Mittleren Osten undNordafrika: "Durch uns will er wirken in diesem gepeinigten Teil der Welt [...] Jene ,die [in den Irak] gehen, werden die Freude haben, Gott zu dienen, und das Privileg, zusehen, wie er Wunder wirkt im Leben und in den Herzen der Menschen". (21)
Dem "Wunder der Bekehrung" helfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBC im Irakgerne etwas nach. Offiziell für rein humanitäre Hilfe zuständig (die SBC betreibtbeispielsweise ein Krankenhaus in Bagdad), nutzen sie die Lieferung von Hilfsgütern, umchristliche Erbauungsliteratur und Bibeln zu verteilen. Wer Hunger hat, kriegt beides:geistige und körperliche Nahrung. "Ein Team von Baptistischen Freiwilligen war inverschiedenen Regionen des Irak tätig, um Nahrung und Bibeln zu verteilen und die Saatdes Interesses zu säen, was Gott mit dieser Nation zu tun beabsichtigt", heißt es ineinem Bericht über die Tätigkeit der SBC im Irak vom 5. März 2004, der auf ihrer Homepageöffentlich zugänglich ist: "Acht Mitglieder der Porter Memorial Baptist Church inLexington und zwei der Greenup Baptist Association im östlichen Kentucky verbrachten imvergangenen Dezember zwei Wochen damit, 200 Neue Testamente auf arabisch und 650 Beutelmit Nahrung im Nordirak zu verteilen [...]. 'Man ist sehr interessiert', sagt Asa Greear,Leiterin der Arbeit von Greenup Association: 'Wenn ich Arabisch oder Kurdisch sprechenkönnte, hätte ich einige Möglichkeiten, meinen Glauben zu teilen'". (22)
Die Befürchtung, islamistische Gruppen, die ohnehin bis zu den Knien im Blut stehen,könnten die Anwesenheit explizit anti-muslimischer Missionare zum Vorwand nehmen, ihrenTerror auf die bisher relativ unbehelligte, 500.000 Mitglieder starke christlicheGemeinde des Irak auszudehnen, wird lapidar beiseite gerückt. "Ja, unsere Tätigkeit kannfür einige den Tod bedeuten, das wissen wir", meint Tom White, Sprecher von Voice of theMartyrs: "Aber die Ewigkeit im Himmel zu verbringen statt in der Hölle - das ist doch einguter Deal! Selbst wenn es vielleicht zu körperlicher Bestrafung hier auf der Erdeführt". (23)
Die enge Zusammenarbeit von Militärs und Missionaren imIrak gießt Öl in das Feuer der Gewalt und bestätigt muslimische Eiferer im gesamtenMittleren Osten ihrerseits darin, sich in einem "Glaubenskrieg" zu befinden. Dass nichtan jedem der fast 16 Millionen Mitglieder der Southern Baptist Convention einfundamentalistischer Frömmler verloren gegangen ist, sollte dabei kaum der Erwähnungbedürfen. Die Kritik an der erzkonservativen Agenda ist innerhalb der Organisationscharf, und gekämpft wird mit harten Bandagen. Selbst in den Irak mögen viele mit denbesten Absichten reisen, um bitter nötige humanitäre Hilfe zu leisten. IslamistischeGruppen wie etwa der algerische Front Islamique du Salut (FIS) bedienen sich bei ihrer"Glaubenswerbung" weitaus blutigerer Methoden als ihre christlichen Kollegen. Gleichviel:der Einfluss eines reaktionären, endzeitorientierten Protestantismus in den USA reichtbis in höchste Kreise von Armee und Politik. Der hochdekorierte General William Boykin,der auf Anweisung Präsident Bushs im Pentagon die Jagd auf Osama bin Laden koordiniert,bekräftigte - ausgerechnet bei einem Vortrag in der Baptistenkirche von Broken Arrow - imFrühjahr 2004 vor einem begeisterten Publikum noch einmal den Grundgedanken desUS-amerikanischen "Kreuzzugs":
"Es geht nicht um Osama bin Laden -der Feind steht im Reich des Spirituellen". Und an die Musliminnen und Muslime überall inder Welt gewandt fügte er hinzu: "[Euer] Gott ist ein falscher Gott, ein Götze". (24)
Quelle: http://www.graswurzel.net/292/sbc.shtml
Protestantisch-fundamentalistischeMissionare operieren mit Billigung der US-Militärbehörden im Irak.
"Wir werden Tod und Gewalt tragen in alle Himmelsrichtungen, um dieseswunderbare Land zu schützen und die Welt vom Bösen zu befreien" (George W. Bush)
Einige nehmen ihn sehr ernst, den "Kreuzzug gegen das Böse": "Ich binbereit zu sterben. Ich würde in den Irak gehen, [auch] wenn es den Tod bedeutet. Wirmüssen sie besiegen, sie wollen uns töten [...]. Und dann sollen alle Iraker Christenwerden, alle im Nahen Osten. Es ist ein spiritueller Krieg. Wir kämpfen gegen die Mächteder Dunkelheit". (1) Der dies sagt, ist kein gespenstischer Widergänger desTemplerordens, nicht einmal ein kampfeshungriger GI. Es spricht ein Zivilist, Mitgliedder Baptistischen Gemeinde von Broken Arrow - ein Missionar. Mit einer GruppeGleichgesinnter bereitet sich der junge Mann in einer kleinen, schmucken Holzkirchedarauf vor, hinauszuziehen, um das Wort Gottes zu verbreiten - allerdings (für diesmal)nicht in den Irak. Nach Mexiko.
"Es ist ein Religionskrieg",sekundiert ihm ein weiterer Glaubensgenosse: "Sie hassen nicht uns, sondern unseren Gott.Sie glauben an eine Lüge. Es gab schon viele falsche Götter wie Allah. Aber es bleibteine Lüge, das haben schon die Propheten gesagt". (2)
Die SouthernBaptist Convention (SBC), der die Gemeinde von Broken Arrow angehört, ist die größteprotestantische Glaubensgemeinschaft der USA. Mit über 15,9 Millionen Mitgliedernrangiert sie unmittelbar hinter den US-amerikanischen Katholiken, und mit insgesamt37.000 Kirchen hat sie ihnen den Rang bereits abgelaufen. (3) Im sogenannten "bible belt"[Bibelgürtel], in Texas, Georgia, North Carolina, Tenessee und Alabama, hat die SouthernBaptist Convention ihre Basis. Ihr Einfluss allerdings reicht weit über die südlicheProvinz hinaus. George Bush Sr. war aktives Mitglied der First Baptist Church of Dallas,der bis zum Jahr 2002 der erzreaktionäre protestantische Kirchenmann Wallie Amos Criswellvorstand. (4) George W. Bushs damaliger demokratischer Gegenkandidat Al Gore betet in derMount Vernon Baptist Church in Arlington (5), und George W. Bush Jr., der sich selbsteinen "reborn christian" [wiedergeborenen Christen] nennt, gibt sich alle Mühe, dermächtigen religiösen Lobbygruppe gefällig zu sein. Die beileibe nicht mittellose SouthernBaptist Convention profitiert seit seinem Amtsantritt von großzügigen staatlichenZuwendungen, und auch die Bemühungen der neokonservativen Nomenklatura um denPräsidenten, konfessionellen den Vorzug vor religionsungebundenen sozialenHilfsorganisationen zu geben, kommen gut an. (6) Über 60% der organisiertenProtestantinnen und Protestanten danken es ihm, einer Umfrage vom Mai 2003 zufolge, mitrückhaltloser Unterstützung seiner globalen Kriegspolitik - vor allem im Irak. (7)Bereits am 15. Juni 2002 bedankte sich der Präsident bei einer landesweiten Zusammenkunftder SBC in einer Fernsehansprache: "Laura und ich sind so dankbar für eure Gebete. Ichhabe sie in schweren Stunden gefühlt [...]. Ich weiß eure große Unterstützung unsererBemühungen im Krieg gegen den Terror zu schätzen. Genau wie ihr, verstehe auch ichFreiheit nicht als ein Geschenk Amerikas an die Welt. Freiheit ist das Geschenk desallmächtigen Gottes an alle Männer und Frauen dieses Planeten (Applaus)". (
Von der Beschaffenheit dieser "Freiheit" hat man in den oberen Etagen derSouthern Baptist Convention sehr dezidierte Vorstellungen: 1998 verfügte ein Gremiumführender Gemeindemitglieder (unter ihnen der bereits erwähnte W.A. Criswell), dass esPflicht der Ehefrau sei, sich "dankbar der Führung des Mannes zu unterwerfen". (9) AlsReaktion verließen mehrere protestantische Gemeinden die Convention. Ein Jahr zuvor, am18. Juni 1997, hatten Führer der SBC einen Boykott gegen die Walt Disney Companyverhängt, um die "anti-christliche und familienfeindliche Ausrichtung" der Firma zubekämpfen. Walt Disney hatte in den Reihen seiner Belegschaft eine Gesundheitsfürsorgefür gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. (10) Am 14. Juni 2002 bekräftigte einhochkarätiges Führungsgremium einen (allerdings für die Gemeinden nicht bindenden)Beschluss, nach dem Frauen für das Priesteramt ungeeignet seien. Gleichzeitig wurde dieUnterstützung der Todesstrafe betont. (11) Die Bibel gilt einem Großteil der in derSouthern Baptist Convention organisierten Gläubigen als das "unvergängliche Wort Gottes".(12) Ihr historischer Wahrheitsgehalt steht außer Frage. Der "allmächtige Gott derFreiheit"... für Mitglieder der SBC ist er der Gott des protestantischen Christentums -in seiner rigidesten Auslegung.
Kein Wunder, dass nach den Anschlägenvom 11. September einer Reihe führender protestantischer Kirchenmänner der Mund überging.Hatte sich George W. Bush unmittelbar nach den Anschlägen noch öffentlich vonanti-muslimischer Hetze distanziert, brauchten die protestantischen Eiferer bald keinenWiderspruch mehr zu fürchten. Reverend Jerry Falwell, führendes Mitglied der SBC, nannteMohammed in einer von CBS ausgestrahlten Talkshow einen "Terroristen". (13) Sein KollegeJerry Vines legte im Rahmen jenes Treffens, bei dem die Dankesrede des Präsidenten viaSatellit übertragen wurde, noch nach. Für ihn sei der Prophet nichts weiter als ein "vomTeufel besessener Pädophiler". (14) Reverend Franklin Graham, Sohn des TV-EvangelistenBilly Graham, dessen Organisation Samaritans Purse [Börse des Samariters] der SBCangeschlossen ist und gleichfalls Missionare in den Nahen Osten entsendet, erklärte, derIslam sei eine "sehr böse und hinterlistige Religion". (15) Höhepunkt deranti-muslimischen Hetze war bisher vermutlich der Auftritt des TV-Evangelisten PatRobertson bei Hannity Colmes. Praktisch mit Schaum vorm Mund eiferte Robertson gegenMohammed und den Islam: "Dieser Mann war ein absolut irrsinniger Fanatiker. Er war einRäuber und Marodeur. Und da behaupten Leute, diese Terroristen würden den Islamverzerren! Sie führen ihn aus! Ich meine, dieser Kerl [Mohammed] war ein Killer. Und zuglauben, seine Religion sei friedlich, ist einfach lächerlich. [...] Der Islam ist nichtsweiter als ein gigantischer Haufen Abfall". (16) Gute Vorraussetzungen demnach fürchristliche Missionare in einem überwiegend muslimischen Land...
DieSouthern Baptist Convention hat aus ihrer ausgedehnten missionarischen Tätigkeit nieeinen Hehl gemacht. Stolz verkündet ihre Internetseite, keine andere religiöseOrganisation habe weltweit so viele christliche Missionare im Einsatz wie die SBC.Unterschieden wird nach 4857 sogenannten "home missionaries" [Heimat-Missionaren], die inden USA, in Kanada, aber auch in so "heimatlichen" Gefilden wie Costa Rica oder denVirgin Islands tätig sind, und 4137 "foreign missionaries" [Auslands-Missionaren], die inüber 130 weiteren Nationen verlorene Seelen zu erretten suchen. (17) Dass sich dieSouthern Baptist Convention, gemeinsam mit Organisationen wie Samaritans Purse oder derfundamentalistischen Protestantenorganisation Voice of the Martyrs [Stimme der Märtyrer],ungehindert im Nachkriegs-Irak betätigen kann, ist in der Geschichte derUS-amerikanischen Außenpolitik allerdings eine Neuerung. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991mussten sich Mitglieder von Samaritans Purse noch verantworten, als bekannt wurde, dassihre Mitglieder in Saudi-Arabien Bibeln statt Hilfsgüter verteilten. (1 Im April 2003geriet Präsident Bush jr. unter Druck: SBC und Samaritans Purse hatten an der GrenzeJordaniens einen wahren Massenaufmarsch glaubenseifriger Missionare initiiert, die daraufbrannten, im Gefolge US-amerikanischer und britischer Truppen die Bevölkerung des Irak zubekehren. (19)
Mittlerweile hindert niemand mehr die christlichenMissionare daran, im Irak ihre frohe Botschaft zu verkünden. "Die Imame haben Angst",sagt Steve Hardy von der Southern Baptist Convention: "Wenn sich das Christentum hierdurchsetzt, wird es sich überall im Nahen Osten verbreiten. Im Moment gibt es keinen Ort,der für uns strategisch wichtiger wäre als der Irak". (20) "Innerhalb der Kirche sind wirder Leib Christi", erklärt John Brady, Koordinator der SBC für den Mittleren Osten undNordafrika: "Durch uns will er wirken in diesem gepeinigten Teil der Welt [...] Jene ,die [in den Irak] gehen, werden die Freude haben, Gott zu dienen, und das Privileg, zusehen, wie er Wunder wirkt im Leben und in den Herzen der Menschen". (21)
Dem "Wunder der Bekehrung" helfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBC im Irakgerne etwas nach. Offiziell für rein humanitäre Hilfe zuständig (die SBC betreibtbeispielsweise ein Krankenhaus in Bagdad), nutzen sie die Lieferung von Hilfsgütern, umchristliche Erbauungsliteratur und Bibeln zu verteilen. Wer Hunger hat, kriegt beides:geistige und körperliche Nahrung. "Ein Team von Baptistischen Freiwilligen war inverschiedenen Regionen des Irak tätig, um Nahrung und Bibeln zu verteilen und die Saatdes Interesses zu säen, was Gott mit dieser Nation zu tun beabsichtigt", heißt es ineinem Bericht über die Tätigkeit der SBC im Irak vom 5. März 2004, der auf ihrer Homepageöffentlich zugänglich ist: "Acht Mitglieder der Porter Memorial Baptist Church inLexington und zwei der Greenup Baptist Association im östlichen Kentucky verbrachten imvergangenen Dezember zwei Wochen damit, 200 Neue Testamente auf arabisch und 650 Beutelmit Nahrung im Nordirak zu verteilen [...]. 'Man ist sehr interessiert', sagt Asa Greear,Leiterin der Arbeit von Greenup Association: 'Wenn ich Arabisch oder Kurdisch sprechenkönnte, hätte ich einige Möglichkeiten, meinen Glauben zu teilen'". (22)
Die Befürchtung, islamistische Gruppen, die ohnehin bis zu den Knien im Blut stehen,könnten die Anwesenheit explizit anti-muslimischer Missionare zum Vorwand nehmen, ihrenTerror auf die bisher relativ unbehelligte, 500.000 Mitglieder starke christlicheGemeinde des Irak auszudehnen, wird lapidar beiseite gerückt. "Ja, unsere Tätigkeit kannfür einige den Tod bedeuten, das wissen wir", meint Tom White, Sprecher von Voice of theMartyrs: "Aber die Ewigkeit im Himmel zu verbringen statt in der Hölle - das ist doch einguter Deal! Selbst wenn es vielleicht zu körperlicher Bestrafung hier auf der Erdeführt". (23)
Die enge Zusammenarbeit von Militärs und Missionaren imIrak gießt Öl in das Feuer der Gewalt und bestätigt muslimische Eiferer im gesamtenMittleren Osten ihrerseits darin, sich in einem "Glaubenskrieg" zu befinden. Dass nichtan jedem der fast 16 Millionen Mitglieder der Southern Baptist Convention einfundamentalistischer Frömmler verloren gegangen ist, sollte dabei kaum der Erwähnungbedürfen. Die Kritik an der erzkonservativen Agenda ist innerhalb der Organisationscharf, und gekämpft wird mit harten Bandagen. Selbst in den Irak mögen viele mit denbesten Absichten reisen, um bitter nötige humanitäre Hilfe zu leisten. IslamistischeGruppen wie etwa der algerische Front Islamique du Salut (FIS) bedienen sich bei ihrer"Glaubenswerbung" weitaus blutigerer Methoden als ihre christlichen Kollegen. Gleichviel:der Einfluss eines reaktionären, endzeitorientierten Protestantismus in den USA reichtbis in höchste Kreise von Armee und Politik. Der hochdekorierte General William Boykin,der auf Anweisung Präsident Bushs im Pentagon die Jagd auf Osama bin Laden koordiniert,bekräftigte - ausgerechnet bei einem Vortrag in der Baptistenkirche von Broken Arrow - imFrühjahr 2004 vor einem begeisterten Publikum noch einmal den Grundgedanken desUS-amerikanischen "Kreuzzugs":
"Es geht nicht um Osama bin Laden -der Feind steht im Reich des Spirituellen". Und an die Musliminnen und Muslime überall inder Welt gewandt fügte er hinzu: "[Euer] Gott ist ein falscher Gott, ein Götze". (24)
Quelle: http://www.graswurzel.net/292/sbc.shtml