Neue Propheten
15.02.2006 um 12:04
BARNABAS-EVANGELIUM
Ist es authentisch?
Seitdem das „wahre Evangelium Jesu gemäß dem Bericht seines Apostels Barnabas" in Form einer italienischen Übertragung Anfang des 18. Jahrhunderts die Bühne der Geschichte betrat, löste es, jedenfalls in jenen exklusiven Kreisen, denen es bekannt wurde, heftige Diskussionen aus. Das Spektrum der Ansichten erstreckt sich von „einzig wahres, unverfälschtes Evangelium" bis „plumpe Fälschung". Das Manuskript wurde zunächst als Geheimtip in elitären Kreisen weitergereicht und gelangte so in die Hände von John Toland, der in seinem einflußreichen Buch Nazarenus versuchte, zur historischen und religiösen Wahrheit in bezug auf Jesus den Nazoräer vorzudringen.
Die für die damalige Zeit revolutionären Einsichten Tolands, (keine Dreieinigkeit, Jesus als Mensch, Befolgung des Ritualgesetzes im Urchristentum), fanden bei der geistigen Elite Englands, wie z.B. Boyle, Halley oder Isaac Newton, der selbst jahrelange Recherchen zu diesem Thema anstellte, breite Zustimmung. Sie führten zur Bildung von &endash; zunächst wegen drohender Verfolgung geheimen &endash; unitarischen oder auch arianischen Christengemeinschaften, aus denen u. a. die Quäker hervorzuheben sind. Doch das ist Geschichte. Das Evangelium nach Barnabas wird von der modernen christlichen Gelehrtenwelt bisher mit erstaunlicher Souveränität ignoriert. Und dies obwohl wir dem Decretum Gelasianum aus dem 5. Jhdt. und anderen Kanonverzeichnissen zweifelsfrei entnehmen können, daß ein Evangelium dieses Namens in frühchristlicher Zeit existiert hat. Als Grund für dieses merkwürdige Totschweigen wird meistens angeführt, es handle sich um eine Fälschung von muslimischer Seite. Solches zu vermuten liegt für die christliche Seite nahe, wenn man bedenkt, daß nach diesem Evangelium Judas statt Jesus gekreuzigt wurde und Muhammed, Allâh segne ihn und schenke ihm Heil, von Jesus selbst als sein Nachfolger mit Namen erwähnt wird.
Luigi Cirillo, ein Schüler des berühmten Orienatalisten Henri Corbin und Autor der bisher einzigen wissenschaftlichen Studie zum Evangelim Barnabas, sieht die Dinge jedoch nach gründlichem Studium differenzierter. Er hält es für möglich, daß sich in dem heutigen Text Teile eines alten judenchristlichen Evangeliums erhalten haben.
Muslimische Fälschung?
Diese zunächst naheliegende Vermutung wirft bei näherem Hinsehen größere Fragen auf, als man sie beantworten kann.
An erster Stelle die folgende: Warum gibt es in Ev. Barn., so das offizielle Kürzel in der christlichen Theologie, so viele Stellen, die ein islamischer Gelehrter niemals geschrieben hätte? Daß der Autor, wenn schon kein Augenzeuge der Ereignisse, zumindest ein hochrangiger Gelehrter gewesen sein muß, folgt zwingend aus dem inhaltlichen Niveau der Schrift. Wie erklärt sich z.B. der Satz aus Jesu Mund, er sei nicht der Messias, wo doch der Qur'an selbst ihn an mehreren Stellen als Messias, Isa Sohn der Maria, bezeichnet, was jedem Qur'anschüler bekannt sein dürfte? Weiter benennt Jesus den kommenden Parakleten mit Mahomet, während der Qur'an davon spricht, daß er ihn den Aposteln als Achmed ankündigt. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, daß im aramäischen Johannesevangelium der Begriff Paraklet mit „Munhamanna" wiedergegeben ist und daß die traditionelle Interpretation dieses angekündigten „Geistes der Wahrheit" als der „heilige Geist" von der christlichen Forschung mittlerweile als unhaltbar zurückgewiesen wird. (vgl. dazu Otto Betz: Der Paraklet). &endash; Aus den Schriften der Kirchenväter ist zu erkennen, daß die älteste christliche Überlieferung den „heiligen Geist" mit dem Erzengel Gabriel gleichsetzte. &endash;
Vor allem aber stellt das völlige Ignorieren von Johannes dem Täufer in dem außerordentlich umfangreichen und detailfreudigen Evangelium ein ernstes Problem sowohl für den christlichen als auch den islamischen Leser dar, erscheint doch das Verschweigen dieses so wichtigen Vorläufers Jesu, der im Qur'an als hochgelobter Prophet vorkommt und auch heute noch in der muslimischen Welt verehrt wird, aus islamischer wie auch aus christlicher Sicht völlig unmotiviert. Ferner sollte man erwarten, daß ein potentieller islamischer Fälscher wenigstens die bekanntesten Ereignisse berücksichtigt, die über Jesus im Qur'an Erwähnung finden. Also z.B. die Herabsendung eines Tisches vom Himmel, von dem die 5. Sure Al-Maida ihren Namen hat. Oder sein Sprechen bereits als Neugeborener, oder die Erschaffung von Vögeln aus Ton, bekannt auch aus der Kindheitserzählung des Thomas, oder die wunderbare Ernährung Marias durch einen Engel, die ja auch aus der frühchristlichen Schrift „Geburt der Maria" in christlichen Kreisen wohlbekannt ist ... Auch von den teilweise ergreifenden und tiefsinnigen Begebenheiten, die in Hadithen über das „Wort Gottes" erzählt werden, findet sich keine Spur.
Statt es sich leicht zu machen, erfindet unser „Fälscher" Gleichnisse und Geschichten, die qualitativ jeden Vergleich mit den kanonischen vier Evangelien aushalten, nur daß sie in keiner bekannten Schrift erwähnt werden. Auch finden sich zahlreiche Ähnlichkeiten mit der islamischen Überlieferung, aber eben keine Übereinstimmungen! So wird die Anzahl der Propheten im Islam mit 124000 beziffert, während das Ev. Barn. übereinstimmend mit der Johannesoffenbarung 144000 zählt. Im Qur'an‚ wie übrigens auch in der jüdischen Tradition, ist von 7 Himmeln die Rede, während das Ev. Barn. deren 9 kennt. Nun gibt es tatsächlich einige seltene Werke, die von 9 Himmeln sprechen. Gewöhnlich entsprechen nämlich die 7 Himmel den 7 klassischen Planeten, dazu kommen dann noch die Fixsternsphäre und der Thron Gottes (arab. Arsh ul azim). Daneben war in zahlreichen alten Kulturen bekannt, daß jenseits des Saturn 2 weitere Planeten kreisen, wie ja auch die Jupiter- und selbst die winzigen Marsmonde in vielen antiken Kulturen bekannt waren. Ferner heißt es in der Erzählung über Abraham, der Friede sei auf ihm, ein Engel habe dem Feuer befohlen, kühl zu werden, während im Qur'an ausdrücklich Gott selbst spricht: „O Feuer, werde kühl, und Friede über Abraham."
In den großen Qur'ankommentaren weist Abraham sogar vorher den Engel Gabriel zurück, was das persönliche Eingreifen Gottes überhaupt erst erforderlich macht. Warum sollte ein Fälscher, der ja schließlich seinem Werk den Anschein der Echtheit geben will, all diese Änderungen vornehmen?
Erklärungsnotstand
Um diese komplexe Situation überhaupt irgendwie plausibel zu machen, ohne die Authentizität weiter Teile des Werkes anerkennen zu müssen, greifen einige Gelehrte zu einer, nicht nur bizarren, sondern auch völlig unbegründeten Hypothese: Das Werk sei von einem zum Christentum gezwungenen, spanischen Juden (Marrano) verfaßt worden, der später Muslim wurde und sich mit seiner Schrift an der Inquisition rächen wollte. Abgesehen davon, daß auch dies keine Erklärung für die obengenannten Sachverhalte liefert, wann jemals ging erhabene Schönheit und Weisheit aus einem solch niedrigen Beweggrund hervor?
Die zahlreichen gefälschten Evangelien, etwa der gnostischen Sekten, sind jedenfalls so substanzlos und voller Widersprüche, daß man es kaum über sich bringt, sie zu Ende zu lesen. Darüber hinaus müßte unser haßerfüllter Marrano auch das Decretum Gelasianum aus dem 5. Jhdt. gekannt haben, im dem erstmals von einem Barnabasevangelium die Rede ist, was für die das 15. Jhdt., gelinde gesagt, schwer zu glauben ist. Uberdies wäre er trotz seiner ausgezeichneten Hebräisch-, Griechisch- und Lateinkenntnisse so ungeschickt, sein Evangelium in venezianischem Dialekt des 15. Jhdts. zu verfassen. Falls man aber die spanische Schrift als die ursprüngliche ansehen will, warum dann die Vorgeschichte vom italienischen Mönch Fra Marino, der das Evangelium in den Privatgemächern Sixtus des V. entdeckt?
Barnabas, ein Apostel aus dem Kreise der Zwölf
Schlußendlich spricht aber auch die Apostelliste des Ev. Barn. gegen die Fälschungshypothese. Hier wird der Apostel Judas Thomas nur als Judas aufgeführt, während er in den übrigen Schriften, wohl wegen der Verwechslungsgefahr mit Judas Thaddäus oder Judas Ischariot, bald nur noch Thomas heißt. Ein Fälscher, welcher Herkunft auch immer, wäre doch wahrhaft besser gefahren, den Beinamen Thomas, der in 3 von 4 Evangelien benutzt wird, zu übernehmen, anstatt des ursprünglichen Namens Judas, den zudem im Mittelalter kaum mehr jemand kannte. Barnabas selbst nimmt in dieser Liste den Platz des, nur dem Namen nach bekannten, „Simon Zelotes" bzw. „Kanaanäus" der biblischen Evangelien ein.
Die neuere Forschung setzt diesen „großen Unbekannten" unter den Aposteln mit Simon, Sohn des Klopas, dem zweiten Bischof von Jerusalem gleich, von dem aber überliefert ist, daß er erst nach der Himmelfahrt des Meisters zum Apostelkreis stieß, was eine Zugehörigkeit zum Kreis der 12 wohl ausschließt! Wir sehen, daß die Identität dieses Kanaanäers, auch für die christlichen Forscher zum Problem wird. Dies ist für einen reinrassigen Juden, der, falls wir ihn mit jenem Sohn des Klopas identifizieren, sogar von König David abstammen soll, ein sehr seltsamer Beiname, sind doch die Kanaanäer in der Bibel ein verfluchtes Volk von Götzendienern. Man gestatte mir also die Frage, ob vielleicht Barnabas, etwa aufgrund seiner Gegnerschaft zu Paulus, nachträglich aus den Listen der 12 Apostel entfernt bzw. durch einen Unbekannten ersetzt wurde?
Die Zugehörigkeit von Barnabas zum Kreise der 12 wird jedenfalls, außer seiner Erwähnung mit „Barnabas Apostolus" bei einigen Kirchenvätern, auch durch ein Mosaik aus dem frühchristlichen Rom nahegelegt, auf dem u. a. die 12 Apostel einschließlich Barnabas mit Namensinschrift dargestellt sind. Die ausnahmsweise Erwähnung des Barnabas in dieser Liste kann vielleicht als Erinnerung an die besondere Bedeutung unseres Apostels für Rom gedeutet werden. In den Recognitionen des Petrusnachfolgers Clemens von Rom erfahren wir nämlich, daß Barnabas der erste Augenzeuge Jesu war, der nach Rom gelangte. In Rec. I,7 heißt es, nachdem die erste öffentliche Ansprache von Barnabas geschildert wurde:
„Der Mann, der so zu der Menge sprach, stammte aus dem Morgenlande, war ein Hehräer mit Namen Barnabas und behauptete, zum Kreise der Schüler jenes Goffessohnes zu gehören und dazu ausgesandt zu sein, daß er diese Botschaft denen, die sie hören wollten, verkünde... Denn es war mir [Clemens] klar, daß bei diesem Mann die Worte nicht bloß rhetorischer Aufputz waren, sondern daß er schlicht und ohne Umschweife darlegte, was er von dem Gottessohne gehört oder gesehen hatte." (Aus Schneemelcher: Neutestamentarische Apokryphen).
Die ebionitisch überarbeiteten Homilien haben Barnabas an dieser Stelle durch einen Anonymus ersetzt. Anzeichen einer Retuschierung von Barnabasstellen (bereits durch Paulusschüler Lukas?) finden sich schon in der Apostelgeschiche. (Josef Barnabas = „Josef Barsabas genannt Justus und Matthias" Apg. 1,23 oder die fadenscheinige Bcgründung der Trennung von Barnabas und Paulus).
Der sogenannte Barnabasbrief (2. Jhdt.) mit seiner rein paulinischen Lehre ist übrigens nachweislich nicht vom Apostel Barnabas abgefaßt worden, dokumentiert aber dadurch, daß sich der Autor seines Namens bediente, ebenfalls das hohe Ansehen dieses Apostels in den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten, und diente vielleicht auch dem Nachweis der „paulinischen Rechtgläubigkeit" des Barnabas . Vor Allem aber aufgrund seiner hohen Position innerhalb der Jerusalemer Urgemeinde, die sich aus der Apostelgeschichte erschließen läßt, kann man kaum zweifeln, daß Barnabas zum erlesenen Kreis derjenigen gehörte, „deren Augen den Herrn gesehen haben". Wie sonst könnte er den Apostelkreis und insbesondere dessen Leiter, den orthodox jüdischen Jakobus Herrenbruder, überzeugt haben, Paulus in die Gemeinde aufzunehmen, dies trotz deren verständlicher Ressentiments gegen den vormaligen Christenverfolger.
Anzeichen für die tatsächliche Herkunft des Evangeliums nach Barnabas
Auffällig ist zunächst die Benennung Jesu, der Friede sei auf ihm, als „wahren Propheten", die eine Verbindung zu den judenchristlichen Klementinen nahelegt. (Verus Propheta). Allgemein läßt sich sagen, daß sich die Lehre des Barnabasevangeliums in ein judenchristliches Milieu, aus dem etwa die Klementinen hervorgegangen sind, harmonisch einfügt. Jedenfalls sind darin kaum Aussagen zu finden, die zur Lehre der sogenannte Kergymata Petrou oder der judenchristlichen AJ II-Quelle aus den Recognitionen im Widerspruch steht. Diese Quelle, zusammen mit der von Klemens verfaßten Reisen des Petrus kann mit hoher Wahrscheinlichkeit den Nazarenern zugeordnet werden, die nach Epiphanius direkt auf die Urgemeinde des Herrenbruders zurückgehen, die ja auch Adressat dieser Schriften war.
Zum Ersten liefert der Gegensatz, der sich nach dem Zeugnis der Klementinen zwischen den Anhängern Jesu bzw. des Täufers entwickelte und dessen Keim bereits in den kanonischen Evangelien sichtbar wird, eine Erklärung, warum der Täufer im Evangelium des Barnabas, im Gegensatz sowohl zum Qur'an, als auch zu den heidenchristlichen Schriften, mit keiner Silbe erwähnt wird. Die Klementinen berichten nämlich, daß Simon der Magier, seines Zeichens mächtigster Gegner des Petrus und somit der wahren Lehre, ein ehemaliger Johannesschüler war, der sich, nachdem er in Ägypten die Zauberei erlernt hatte, an die Spitze der verbliebenen Johannesjünger setzte. Wenn nämlich Barnabas sein Werk auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung der Urgemeinde mit der Magussekte schrieb, wollte er natürlich nicht noch durch breite Schilderung des Täufers die eigenen Reihen verunsichern und dem Feind Argumente liefern. Für eine Zeit nach dem Verschwinden der Magusirrlehre, die nach übereinstimmender Ansicht der Kirchenväter zugleich als Keimzelle der Gnosis anzusehen ist, läßt sich die Vernachlässigung des Vorgängers und Wegbereiters Jesu nicht mehr verstehen.
Zum Zweiten liefert der, von den Theologen als AJ II -Quelle bezeichnete, Abschnitt der Klementinen (Recognitionen) eine Erklärung, für die bereits eingangs aufgeworfene Frage, wieso Jesus im Ev. Barnabas sagen kann, er sei nicht der Messias. In diesem bedeutenden Gespräch zwischen Jakobus dem Herrenbruder und den Schriftgelehrten geht es um die Frage, welcher Messias Jesus denn nun sein soll. Denn wie uns schon das Johannesevangelium ( Joh. 1,19-28) berichtet, erwarteten die Juden dieser Zeit aufgrund der heiligen Schriften drei Retter. Einen Elias, einen Messias vom Stamme Davids und schließlich den Messias der Endzeit, den „Propheten wie Moses" aus Deut. 18,18.
Exakt die gleiche dreifache Messiaserwartung hegte auch die Qumransekte, so daß wir davon ausgehen können, daß dies zur Zeit Jesu die Standardauslegung der heiligen Schriften im Judentum war. Wie aus der AJ II-Quelle hervorgeht, unterschied man zwischen dem davidischen Messias, der in Bethlehem geboren würde, und dem Christus ethernus, dem ewigen Messias der Endzeit. Wenn also Jesus im Barnabasevangelium antwortet „Ich bin nicht der Messias", so will er damit sagen, daß er nicht der Christus ethernus ist, auf den der Fragende abzielte. Dieser hatte nämlich tatsächlich auf Deut. 18.18 Bezug genommen, indem er nach dem Messias, der im Buche Moses erwähnt ist, fragte. Wie man sieht, sind die ursprünglichen Teile der Recognitionen in der Lage, uns Erklärungen für die beiden schwierigsten Probleme des Barnabasevangeliums zu liefern. Da diese Schriften im Mittelalter nahezu verschollen waren &endash; selbst heute sind sie über Theologenkreise hinaus nur wenigen bekannt &endash;, läßt sich dieser Sachverhalt nicht mit einer Fälschungstheorie, noch weniger aber mit Zufall erklären.
Andererseits weist unser heutiges Barnabasevangelium im Gegensatz zur letzten überlieferten Version der Klementinen keine gnostischen Motive, wie z. B. Dualismus, Szygienpaare, Schöpfer & Demiurg, Archonten... auf. Es predigt vielmehr reinen Monotheismus und befindet sich in weitgehender Übereinstimmung mit der jüdischen Orthodoxie zur Zeit Jesu. Von allen uns bekannten damaligen Sekten paßt die Lehre des Barnabasevangeliums am besten zu den Nazaräern (vgl. Epiphanins: Panarion Kap. 29) und wäre somit in seiner Urform dem Nazaräerevangelium gleichzusetzen.
Äußerst bemerkenswert ist auch, daß Jesus am Beginn seines Wirkens laut Ev. Barn. eine heilige Schrift namens „Evangelium" offenbart wird, die ihm als leuchtender Spiegel direkt ins Herz gesandt wird. Auch hier ist wieder die Ähnlichkeit mit der islamischen Lehre bei gleichzeitig nicht zu leugnender Originalität hervorzuheben, denn diese besondere Art der Übermittlung hat weder Ähnlichkeit mit der Sinaioffenbarung an Moses noch mit der Offenbarung des Qur'an am Berge Hira bei Mekka. Diese dem Sohn der Maria geoffenbarte Schrift wird übrigens sowohl im Qur'an als auch im Talmud als „Injil" bzw. „Ingil" erwähnt. Wichtig ist auch die Ablehnung der Lehren des Paulus sowie das klare Bekenntnis zum Gesetz des Moses.
Geradezu beispiellose Einblicke in bisher unbekannte Teile der jüdischen Geschichte liefern uns die Geschichten von den ursprünglichen, den „wahren Pharisäern". Es liegt auf der Hand, in dieser, vom Propheten Elia gegründeten, mönchischen Gemeinschaft die Keimzelle der Essener zu sehen.
Vorschlag zur historischen Einordnung der Grundschrift des Barnabasevangeliums
Eusebius zitiert in seiner Kirchengeschichte den großen Gelehrten Origenes dahingehend, daß das erste Evangelium von Matthäus in hebräischer Sprache verfaßt wurde, von dem die späteren Versionen „mehr oder weniger genaue Übersetzungen" darstellten. Der noch frühere Papias (um 130 n. Chr.), selbst noch Apostelschüler, spricht von einem aramäischen Original, welches „andere übersetzten, so gut sie es eben konnten". Dieses Original, welches offenbar erheblich umfangreicher war als das heutige Matthäusevangelium, wurde von frühchristlichen Gelehrten unter den Namen „Hebräer und Nazaräerevangelium" zitiert, um bestimmte Lehren zu stützen, die in den kanonischen Evangelien unerwähnt geblieben waren. Man zählte es zu den wahren Evangelien, obwohl es anscheinend hauptsächlich von Judenchristen benutzt wurde. Wenn man nun noch weiß, daß die Recognitionen Barnabas mit Matthias identifizieren und Matthias und Matthäus im Aramäischen exakt denselben Namen darstellen, drängt sich der Verdacht auf, daß die Grundschrift des Barnabasevangeliums identisch mit dem, seit dem 4. Jhdt. verschollenen, aramäischen Matthäusevangelium ist. Zufällig (!) sollen Barnabas wie auch Matthias im selben Jahr 56 n. Chr. gesteinigt worden sein. Von dem wirklichen Matthäus-Levi, dem Zöllner, wird uns berichtet, daß er schon ab 42 n. Chr. in Äthiopien missionierte, was die Abfassung eines Evangeliums durch ihn auch nicht wahrscheinlicher macht. Auch die Auffindung einer aramäischen Handschrift des Barnabasevangeliums in Uludere bei Hakkari, Südanatolien (Türkye vom 25.7.1986), einem Gebiet, das lange Zeit unter judenchristlichem Einfluß stand, fügt sich gut in die These: Barnabasevangelium = Urmatthäusevangelium ( = Nazaräerevangelium).
Auf diese Weise erklärt sich auch die Geschichte der Widerauffindung des zu Tode gesteinigten Barnabas um ca. 480 n. Chr. Aufgrund eines Traumes fand damals Anthemios, Erzbischof von Zypern, den unverwesten Leichnam des Apostels unweit von Salamis (Zypern) mit seinem ebenfalls erhaltenen Evangelium auf der Brust. Spätere Versionen bezeichnen dieses Buch als Matthäusevangelium, welches aber, zumindest in seiner heutigen Form, zu Lebzeiten des Apostels (*56 n. Chr.) noch gar nicht existierte. Spätere Zuschreibungen des ersten hebräisch/aramäischen Evangeliums zum Zöllner Matthäus erklären sich so aus einer Verwechslung desselben, aufgrund von Namensgleichheit, mit Matthias = Barnabas, dem wirklichen Autor.
Das eigenhändig geschriebene Buch aus dem Grab des Apostels, welches später nach Konstantinopel in den Schatz des Kaisers gelangte, ist das älteste schriftliche Evangelium, von dem wir Nachricht haben. Selbst die winzigen Matthäusfragmente in England, oder die Markusfragmente von Qumran datieren etwas später. Es muß, wie nahezu alle byzantinischen Reliquienschätze, bei der Plünderung von Konstantinopel durch die Krenzfahrer 1204 n. Chr. in den Westen gelangt sein und ist seit dieser Zeit verschollen. Daß es, wie so viele byzantinische Kirchenschätze, letztlich in den Vatikan gelangte, ist zumindest wahrscheinlich.
Daraus folgt aber, daß die Auffindung eines Barnabasevangeliums in den Privatgemächern des Papstes, wie es uns das Vorwort der spanischen Ausgabe unseres Evangeliums berichtet, alles andere als absurd ist.
Sollte das Evangelium aus dem Grab des Barnabas heute noch existieren, so wäre es das wichtigste Dokument über Jesus selbst und würde aufgrund seines unüberbietbaren Alters sowie Abfassung durch einen Augenzeugen der Ereignisse schlagartig zur Referenz, an der sich alle anderen Quellen messen müßten. Der damit verbundene Paradigmenwechsel im Christentum sowie die damit verbundene Festlegung von Regeln, die im Nebel der heutigen relativen Unwissenheit bequemerweise offen bleiben können, mag der Grund dafür sein, daß auch weiterhin das Interesse an der Wahrheit genauso gering bleibt wie das „wahre Evangelium" verborgen.
Ein...alter Dan Brown???
-Der Verstand ist wohl fähig Erkenntnisse des Wahren aufnehmen, (und) das Herz aber - die volle Wahrheit -