Verschwörung gegen den Islam !
23.02.2006 um 21:22
„Moschee der Notre-Dame von Paris” von Jelena Tschudina, - hat schon jemand von euch das Buch gelesen? Darin werden wohl sämtliche "Gefühle" bedient, die sich im Zusammenhang mit dem Bilderstreit ergeben können...;)
Eurabien 2048
Muslimische Machtergreifung: Ein Roman entzweit Rußland
Nun hat auch Rußland seinen Karikaturenstreit. In Wolgograd druckte die Zeitung "Gorodskije westi" eine Zeichnung, auf der Jesus Christus, Mohammed, Buddha und Jahwe gemeinsam im Fernsehen verfolgen, wie verfeindete Menschenhorden aufeinander losgehen. "Das haben wir euch nicht gelehrt", stand unter dem Bild, das einen gegen Rassismus und Neofaschismus gerichteten Kommentar illustrierte. An dem guten aufklärerischen Willen nahm nur Ravil Gainutdin Anstoß, der radikale Vorsitzende des russischen Rats der Muslime; der befand, die Karikatur beleidige Muslime, Christen, Buddhisten und Juden gleichermaßen.
Doch weder muslimische noch christliche Organisationen nahmen Anstoß. Journalisten lobten sogar den religiös versöhnlichen Geist, der aus der Zeichnung spreche. Gleichwohl wird die Zeitung "Gorodskije westi" geschlossen, die Staatsanwaltschaft leitet gar gegen den Chefredakteur ein Strafverfahren ein - eine Entscheidung, die außer der russischen zivilen Kammer auch der stellvertretende Bürgermeister von Wolgograd und selbst Sprecher der Russischen Orthodoxen Kirche als abwegig kritisierten. Den höchsten Willen hatte zuvor die Kremlpartei "Einheitliches Rußland" zum Ausdruck gebracht, die die Wolgograder aufrief, die "Gorodskije westi" zu boykottieren. In einer Zeit, da Rußland sich als Vermittler in den Konflikten mit Iran und Nahost etablieren will, antizipiert es muslimische Empfindlichkeiten mit vorauseilendem Eifer und akzeptiert im Innern nur schweigsamen Gehorsam. Eine unabhängige Stimme säkularer Vernunft wird da zur Provokation.
Als christliches Land gehört Rußland zu Europa, doch als illiberale Subordinationsgesellschaft steht es manchen islamischen Ländern näher. Nicht wenige orthodoxe Geistliche und "eurasisch" denkende Politiker betrachten den Islam und das orthodoxe Christentum als natürliche Verbündete im Kampf gegen das westliche Laisser-faire. Das fällt um so leichter, als der mohammedanische Glaube im russischen Vielvölkerreich seit Jahrhunderten verwurzelt ist. Neuerdings aber erkennt die russische Orthodoxie im Islam immer mehr auch die geistliche Konkurrenz, zumal der christliche Bevölkerungsanteil rapide schrumpft. Nachdem die orthodoxe Kirche Armee-Einheiten mit Kaplanen in Uniform zu bestücken ankündigte, verlangen islamische Organisationen auch ihre Vertreter in den Streitkräften. Die orthodoxe Geistlichkeit muß erkennen, daß die muslimischen Führer ihr an Radikalität überlegen sind. Gegen die fürs Frühjahr geplante Schwulenparade protestierten in schöner Eintracht orthodoxe Christen, Pfingstler und Muslime, weil das der Sündenpropaganda gleichkomme. Der Obermufti der muslimischen Zentralverwaltung Rußlands, Talgat Tadschuddin, fügte dem hinzu, Mohammed verlange, Homosexuelle umzubringen.
Reklame für den eigenen Glauben mache man am besten durch vorbildliches Verhalten, kommentierte der Publizist Dmitri Bykow den europäischen Karikaturenstreit. Auch der orthodoxe Ideologe Andrej Kurajew, der es eigentlich gern sehen würde, wenn sich Christen von Muslimen eine Portion religiösen Eifers aneignen würden, befand, mit ihren Ausschreitungen hätten die Verteidiger des Islams dänischen Karikaturisten im Grunde recht gegeben. Unterdessen hat die Sanftmut der Europäer ihre christlichen Wurzeln weitgehend gekappt. Dem politisch korrekten Dekorum ist die Aufgabe zugewachsen, für das spirituelle Vakuum auf dem Kontinent als Stabilisator zu dienen.
Daß dieses Unterfangen aussichtslos ist, sieht man aus der russischen Randperspektive auf die europäische Kultur besonders deutlich. Die Künstlergruppe AES arbeitet schon zehn Jahre lang an einem derb provozierenden Fotomontageprojekt, das Architekturwahrzeichen westlicher Metropolen islamisch überbaut imaginiert. Und schon vor einem Jahr veröffentlichte die russische Kinderbuchautorin Jelena Tschudina einen Roman, der im Genre eines antiutopischen Pop-Märchens das "Eurabische" Szenario ausmalt, vor welchem Botho Strauß mit seiner Diagnose von der "Vorbereitungsgesellschaft" warnt.
Unter dem Titel "Moschee der Notre-Dame von Paris" antizipiert Tschudinas Roman das Jahr 2048. Mit dickem, keine Überzeichnung scheuendem Pinselstrich extrapoliert die Autorin, die sich als schlechte, aber entschiedene Christin bekennt, die Folgen des aktuellen Entchristlichungsprozesses in Europa, den sie als Fußnoten im Text gegenwärtig hält - von der europäischen Verfassung, die sich von der christlichen Verankerung lossagt, der Überzeugung, heilige Feldzüge könne es prinzipiell nicht geben, über Bekehrungsstatistiken bis hin zum Fehdemord am islamkritischen Filmregisseur Theo van Gogh. In der Horrorvision der russischen Sympathisantin von Oriana Fallaci machen sich die Wahhabiten den Kontinent untertan, nachdem der Papst 2031 abdankt. Zur Jahrhundertmitte leben die Europäer unter der Scharia. Sie tragen islamische Namen, islamische Kleidung, arbeiten für arabische Kleriker, die ihre schönsten Töchter zu Nebenfrauen nehmen. Europas Kunstsammlungen, Kirchenschätze, Musikinstrumente sind bilderstürmerischen Pogromen zum Opfer gefallen. Der Vatikan wurde geschleift und demonstrativ zur Müllhalde verwandelt. Migrantenhorden und deren geistliche Führer haben liberale, alteuropäisch sozialisierte Muslime mundtot gemacht.
Wie es die Fotokünstler von AES schon 1996 auf die Plakatwand projizierten, läßt Frau Tschudina die Kathedrale von Notre-Dame, wie einst die Hagia Sophia, umwidmen zur Moschee "Al Francony", in der auch der Imam seine Privatgemächer einrichtet. Starrsinnige Christen hat man in Gettos gesperrt, wo religiöse Sittenwächter, eine Art islamische SA, regelmäßig junge Leute zwecks Zwangsbekehrung festnehmen. Die Jugendschriftstellerin bekennt unverblümt, sie halte die arabische Nation für technologisch impotent und wirtschaftlich parasitär. Entsprechend genießen die Türken den Ruf der emsigen Schwaben von Eurabien, das insgesamt technologisch versteppt, zumal sich die entwickelte Welt durch Technologieboykott vor ihm schützt. Die Pariser Metro funktioniert nicht mehr. Die Farhad-Computer sind in Wahrheit chinesisch. Und der Arc de Triomphe wurde zum autofreien Platz, wo der Mob einen Frevler steinigt, der es wagte, Weintrauben in Meßwein zu verarbeiten statt zu Rosinen.
Glücklicherweise läßt Frau Tschudina dem Christentum ein staatliches Bollwerk: Rußland, das nicht nur vielen europäischen Intellektuellen zur neuen Heimat wurde, bevor der "grüne Vorhang" niederging, sondern auch den letzten christlichen Partisanen Schützenhilfe leistet. Wenn die Autorin ausmalt, wie Tschetschenien vollständig befriedet ist und Rußlands Muslime für ihre religiöse Mäßigung bestaunt werden, geht offensichtlich die hoffnungsvolle Patriotin mit ihr durch. Doch sie betrachtet es als ihre Mission, die Restchristen aufzurütteln und zum unvermeidlichen Krieg der Kulturen zu rüsten. Auch wenn ihnen nur die Wahl bleibt zwischen schmählicher Konversion und Heldentod.
Die Helden der "Moschee von Notre-Dame" sind ein Grüppchen von Katakombenchristen, Lefèbvre-Katholiken, die nur die lateinische Messe gelten lassen und die terroristische Anschläge auf ihre Okkupanten verüben. Damit diese dem Leser nicht leid tun, zieht Frau Tschudina alle Register des Araber-Bashing. Unterm Tschador läßt sie geschminkte Frauenaugen mit besonders schwüler Lüsternheit klimpern, in den Huri-Paradiesjungfrauen erkennt ihr Theologenblick Sukkubus-Teufelchen. Und beinahe genüßlich beschreibt sie, wie der luxusverliebte, mangels sportlicher Betätigung dickliche Scharia-Richter sich an Goldkettchen, einem lila Mercedes und einem Haremsneuzugang aus Skandinavien ergötzt.
Unter der Anleitung russischer Verschwörer erobern die christlichen Krieger ihre Kathedrale noch einmal zurück. Sie weihen Notre-Dame, zelebrieren die altehrwürdige Liturgie, um sich sodann mitsamt dem Gotteshaus in die Luft zu sprengen - auf daß das Heiligtum nie mehr entweiht werden könne. Es muß eben Dinge geben, für die zu sterben man bereit sei, erläutert Jelena Tschudina im Geist der deutschen Klassik ihre sehr russisch anmutende Schlußkurve. Im Gegensatz zu Europa gehört es in Rußland zum guten Ton, sich als gläubig zu outen. Bekennende Agnostiker sehen sich geradezu geschmäht.
Die "Moschee der Notre-Dame", deren Autorin zu den kulturkämpferischen Waffen ruft wie die russische Mutter Heimat nach dem deutschen Überfall, wurde ein Bestseller. Um den sozialen Frieden besorgte Intellektuelle schüttelten die Köpfe. Die russischen Muslime schienen nichts zu bemerken. Im Gegensatz zu radikalen Christen, die auf ihren Internetseiten dem Werk inspirierte Abhandlungen widmeten. Freilich, die russische Kirche ist traditionell staatshörig. Ob das Patriarchat gegen die provozierend proislamische Entscheidung ihres orthodoxen Präsidenten Putin im russischen Karikaturenstreit zu protestieren wagt, ist sehr fraglich.
Vielleicht ist sich auch Rußland noch gar nicht bewußt, was für ein Kulturkampf ihm ins Haus steht. Vielleicht möchte die Führung auch heroische Don Quijoterien à la Tschudina gerade vermeiden und im Gegenteil Voraussetzungen dafür schaffen, daß eine religiöse Umorientierung in noch ungewisser Zukunft möglichst konfliktarm vonstatten gehen kann. Noch ist nicht entschieden, wer des christlichen Erbes würdiger ist: die windelweichen europäischen Atheisten, Rußlands obrigkeitstreue Orthodoxe oder ihre bis zur Prinzipienlosigkeit nüchtern vorausschauenden Politiker.
(KERSTIN HOLM
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2006, Nr. 44 / Seite 41)
Ob Dan Brown nun endlich "einpacken" kann??? ;)
Gruß
Das Gute findet immer einen Weg. Wer's nicht glaubt, kann's nicht sehen.