Gott ist tot es lebe Gott!
02.12.2005 um 04:40
Eine kleine Geschichte, die gut zum Titel dieses Threads paßt:
"Hätte ich bloß nicht diese Neugier gehabt, die ich noch heute habe.
Hätte ich doch bloß wie meine Glaubensbrüder und Glaubensschwestern irgendwann einfach aufgehört, zu fragen.
Was glücklich wäre ich, wie behütet und beschützt stolzierte ich dann unter des Herren Himmelszelt.
Doch nun ist es vorbei. Ich höre seine Stimme nicht.
Mein Herz habe ich ihm verschlossen, so zumindest glaubte ich.
Als ich erkrankte, haderte ich noch ab und an mit ihm, bis mir klar wurde, daß e r mir auch nicht mehr zuhört.
So wählte ich den Weg, der mir blieb, den Weg der Suchenden.
Doch gar diese Suche ist eine ohne Ziel, weiß ich doch gar nicht, will ich die Antwort?
Eingeladen wurde ich oft zum Gebet, doch auch, wenn die Versuchung groß, ein Rufen gar zu vernehmen war, tief in mir,
so fragte ich mich : Bete ich zu eurem Gott oder meinem ? Bete ich mit eurem Schwur oder keinem?
Denn stehe ich vor Gott, so ist es meiner, dem ich Treue schwor, wie könnte ich denn nun die Frechheit haben ?
Wie könnte ich zu ihm sprechen, doch nur, erweist er mir seine Gnade.
Doch mein Gott von damals versprach mir das Gute für alle Menschen. Er brach sein Versprechen, so brach ich meines. Ein Fremdling wäre ich, spräche ich zu ihm, als Fremdling sähe er mich und so bete ich nicht, niemals ihn an.
Ertappen kann man mich jedoch, wie ich mit einem anderen Gott spreche, einem, der mir zuhört, der mich bestärkt, Gutes zu tun,
wenn ich der Meinung sei, es gäbe vielzuviel Schlechtes auf der Welt. Einem Gott, von dem ich mir sicher bin, daß er
nicht verantwortlich ist dafür, was hier geschieht, der mich nie belog, der nur da ist, und über mich wacht, so daß ich ihn fragen kann und er,
ja ungalublich aber wahr, er antwortet mir, wie in meiner Kindheit mein erster Gott es tat.
Und nun, nun bin ich verwirrt. Ist dieser, mein neuer Gott, niemand anderes, als der, den ich verriet, dem ich davonlief ?
Ich weiß, daß er es ist.
Und ich weiß, daß es nur einen einzigen Gott gibt. Für alle Wesen, alle Menschen, alle Religionen, alle Welten aller Welten.
Mir ist es egal, wie er heißt, doch bin ich froh dieses Wissens um ihn.
Und ja, er läßt auch Zweifel zu, so toleriert er gar meine Vermutung, daß es keinen Teufel gibt.
Nein, ich gehe sogar soweit, ihn zu fragen, ob e r der Teufel sei.
Bislang deute ich seine Antwort so, daß er meint, wir alle wären Engel und Teufel zugleich, es läge an uns, in welche Rolle wir meinen,
schlüpfen zu müssen, er hätte zwar keine Hölle parat, doch dafür auch kein Paradies.
Auf meine Frage nach dem Sinn unseres Daseins, sagte er einst, daß jeder für sich seinen Sinn finden solle, es läge nicht an ihm,
einen Schatz zu vergraben, den wir zu finden hätten.
Nein, denke ich, nein, den Schatz, den hat er uns schon längst geschenkt, es ist unser Leben, und mehr noch ist es unsere Liebe.
Ich bin froh, lieben zu dürfen und zu können und ich bin stolz, sagen zu dürfen, daß ich auch ihn wieder liebe, meinen, unseren Gott,
nicht mehr als zuvor, nein, genauso sehr, denn mehr ginge nicht, so sehr liebte ich ihn schon."
q.
"You never really understand a person until you consider things from his point of view... until you climb into his skin and walk around in it." -- Atticus Finch