Die Halluzinogene Theorie
07.07.2005 um 01:11
salvia:
dieser text soll nciht zum drogenkonsum aufrufen!
Die Seele bleibt!
Wie immer zerlegte Salvia die Verdinglichung, der wir Menschen ansonsten permanent erlegen sind. Wir sehen beim Sehen nicht mehr unsere Seele, in der sich die Welt abbildet, sondern nur noch die Dinge, die abgebildet werden. Die Seele steht zur Welt wie die Leinwand zum Film. Wenn der Film läuft, kann man die Leinwand nicht mehr sehen. Es ist bei mir auch diesmal wieder so, als ob sich die Begriffe von den Dingen schälen und ich deren Wesen viel eigentlicher erkennen kann.
Ich saß links neben meinem Doppelbett auf einem Sessel und hatte das Gefühl, dass rechts von meinem Bett ein Wesen steht. Das Wesen teilte mir mit, wie der Tod funktioniert. Oder zumindest eine Möglichkeit zu sterben: Wenn einer auf dem Bett liegt, könnte rechts und links jeweils ein Wesen oder Engel an ihn herantreten, ihn packen und einfach - hui - nach hinten ins Jenseitige ziehen. Oder, wie ich es gerne nenne, ins Vierdimensionale. Es ist eine ähnliche Bewegung, die stattfindet, wenn ein Kind an den Armen seiner Eltern vor- und zurückschaukelt. Nur darf man sich das "Nach-hinten-schaukeln" nicht mehr dreidimensional vorstellen. Nur solange wir am Leben sind, schaukeln wir in dieser Welt.
Mir war in diesem Augenblick so was von vollkommen klar, wie der Tod funktioniert, dass ich es gleich meiner Freundin sagen wollte. Sie hatte ein Microsoft Dokument geöffnet, um das, was ich sagen würde, sofort aufschreiben zu können. Ich war davon jedoch genervt. Irgendwie fühlte ich mich unter Druck, etwas ganz Außergewöhnliches sagen zu müssen. Das wollte ich aber nicht sagen müssen. Außerdem fand ich ein MS-Word Dokument irgendwie zu "billig" für so eine wichtige Information. Ich bat sie darum, mir lieber so zuzuhören, was sie dann auch tat. Wie immer nahm sie es sehr gelassen, fast wie selbstverständlich auf.
Ich geriet ins Philosophieren. "Das Leben wird uns vor Augen gehalten", meinte ich. Es kam mir so vor, als ob jemand, ich sage jetzt mal: unseren "spirituellen Kopf" festhält und uns die Welt zeigt. Wie einem Kind, dem man etwas zeigt, das ihm sonst nicht auffallen würde. Oder ein etwas blöder, aber auch ungemein treffender Vergleich: wie einer Katze oder einem Hund, der ins Haus gemacht hat. Als Erziehungsmaßnahme kann man das Tier nehmen, ihm die Pfütze oder den Haufen zeigen, schimpfen und dies so lange wiederholen, bis er oder sie stubenrein wird. So makaber der Vergleich aussieht, er trifft voll ins Schwarze. Die ganze Welt schien mir ein Spielplatz zu sein zur Läuterung der unreinen Seelen der Menschen. Damit wir endlich moralisch stubenrein werden, wird uns mit unendlicher Geduld und Fürsorge gezeigt, was wir selbst für einen Mist machen. Im Leben, so wurde mir klar, kommt es auf nichts anderes an als seine Seele zu verschönern und den Mitmenschen zu helfen, dies auch zu tun. Das letzte Hemd hat keine Taschen, sagt man, aber wir nehmen etwas mit: unsere charakterlichen Eigenschaften. Wie wichtigste Frage ist die, wie man seinen Charakter verbessern kann."
Ich hatte auch diesmal eine sehr gute Vorstellung, was die menschliche Seele ist. Ich weiß es eigentlich immer. Wir alle wissen es. Keiner hätte einen ernsthaften Zweifel am Unterschied des Körperlichen zum Seelischen, und trotzdem vergessen wir alle - auch ich - immer wieder, wer wir sind. Warum ist mir auf Salvia meine Seele so klar? Weil trotz größter Veränderung der Umwelt immer etwas konstant bleibt. Ich war müde, als ich rauchte, hatte etwas Kopfschmerzen und war leicht genervt vom Arbeitstag. Auch im Augenblick der stärksten Wirkung, als der Engel an mein Bett trat und mir den Vorgang des Sterbens erklärte, war ich immer noch müde, hatte etwas Kopfschmerzen und war leicht genervt. Die Seele bleibt! Die Seele bleibt!! Im Augenblick des Todes kommt nichts hinzu, es fällt nur etwas weg: der Zugang zur Welt.
Ich verstand, was der Engel oder das Wesen mir sagte. Zur Verdeutlichung ein fiktives Beispiel. Ein tragisches. Sagen wir, ein Mann kehrt in einem Kriegsgebiet zu seinem Haus zurück, das er eilig verlassen musste, weil er etwas vergessen hatte, vielleicht Medikamente. Das Haus ist verwüstet. Er sucht die Tabletten. Dann - ich komme ums Tragische nicht herum! - wird er von einem Heckenschützen erschossen und ist sofort tot. Seine Seele wird aus dem Leben gezogen und wird sehr irritiert sein über ihre neue Daseinsform. Ungefähr wie jemand, der zum ersten Mal richtig erfolgreich Salvia raucht, wahrscheinlich aber noch viel erschütterter! Viele Dinge, um die es ihm im Leben ging, werden ihm belanglos erscheinen, anderen wird er eine viel größere Bedeutung geben als im Leben. Aber, und darauf kommt es mir an, die Seele des erschossenen Mannes wird sich auch, sagen wir: "zwei Minuten" nach ihrem übergang noch an ihre Suche nach den Medikamenten erinnern. Es ist nicht "einfach alles weg". Wie sollte das auch anders sein, wenn wir das Weiterleben nach dem "Tod" jetzt mal als Tatsache voraussetzen? Es ändert sich doch nicht alles. Natürlich wird alles anders betrachtet oder erscheint in anderem Licht. Auch die "zwei Minuten" sind nicht mehr die zwei Minuten, die wir kennen. Was der Seele aber bleibt, ist ihr Charakter, ihr Erinnerungsvermögen, auch die Fähigkeit zu denken und zu sprechen. Die Seele ist immer ganz. Man kann sie gar nicht verletzten. Sie lebt alles. Auch den Schmerz des Lebens in dieser Welt. Nichts beschädigt sie ernsthaft. Schon gar nicht der irdische Tod.
Anmerkungen von Schizo: Dieser Tripbericht hat mir besonders gut gefallen, weil er recht viel von den Informationen enthält, welche auch ich durch Salvia erfahren/gelehrt bekommen habe. Vor allem das Konzept der lernenden unsterblichen Seele ist mir seit Salvia sehr vertraut, obwohl ich früher eher Atheist war. Die durch Salvia erfahrene Sichtweise scheint also ziemlich mit asiatischen Religionen konform zu sein.
Solche Tripberichte zeigen aber auch, dass man durch den Konsum von psychoaktiven Pflanzen oder Substanzen eindeutig religiöse Erfahrungen machen kann (aber nicht unbedingt muss), die die eigene Sichtweise der Welt und somit das eigene Leben nachhaltig beeinflussen.
Ein Verbot solcher Pflanzen und Substanzen stellt daher ein Bruch gegen die verfassungsmäßig zustehende Religionsfreiheit und freie Entfaltung der Persönlichkeit dar.
Das unbeirrte Festhalten an Abstinenzwünschen und Leugen von religiösen Erfahrungen mit Hilfe von psychoaktiven Pflanzen darf getrost als Überrest der alten christlichen Tradition gesehen werden. Hoffen wir, dass das Mittelalter in den Köpfen solchen Menschen bald zuende ist.
ich bin jung, stark und niemanden rechenschaft schuldig!