Link: www.lexi-tv.de (extern) (Archiv-Version vom 03.05.2005)Eine dritte Runde?
Endet an diesem historischen Fixpunkt, dem "Deutschen Herbst" 1977, auch die Geschichte der RAF? Offenbar ist es an dem nicht. Da sind Tote wie Herrhausen 1989 und der Präsident der Treuhandanstalt Rohwedder anderthalb Jahre später. Da ist der zerstörte Gefängnis-Neubau von Weiterstadt und – jede Menge Bekennerschreiben. Sie alle tragen den Stern der RAF und das längst bekannte Bild einer Heckler&Koch-Maschinenpistole.
Profis in Aktion
Allerdings charakterisiert die Anschläge der "dritten Generation" nun etwas vollkommen Neues: Ihre Aktionen sind professionell geplant und ausgeführt, sie scheinen jede Sicherheitsmaßnahme zu unterlaufen und – die Täter sind bis heute fast in allen Fällen unbekannt.
Außerdem bleibt ein wichtiges Kriterium, das Voraussetzung jeder Tat-Zuschreibung ist, unerfüllt: Es muss begründbar sein, warum ein bestimmtes Attentat - aus deren eigener Sicht - den Zielen einer Gruppe nützt und den Zielen anderer Interessengruppen
uch, aber keineswegs nur deshalb, weil die Anschläge der "dritten Generation" den eigentlichen Zielen entgegenwirkten, seien sie von Geheimdiensten begangen worden. Diese hätten sie einer fiktiven RAF in die Schuhe geschoben, einer RAF, die keine Fingerabdrücke mehr hinterließ, und deren Aktionen so sinnlos waren wie perfekt.
Solche Vermutung zöge, wäre sie berechtigt, weitreichende Konsequenzen nach sich: Alle Brennpunkte des Zweifels, in allen Phasen der RAF-Geschichte, erschienen in neuem Licht. Es scheint, dass die historische Aufarbeitung des Phänomens RAF von dessen Ende her beginnen sollte, mit der Offenlegung aller Fakten zur "dritten Generation", jener Leute, die auch Alfred Herrhausen auf dem Gewissen haben: "Wir müssen sagen, was ist. Bemühen wir uns also um Offenheit..." Dann werden wir, vor allem, den Opfern gerecht.
Der Akademikergeist neigt immer dazu, an einmal aufgenommenen Meinungen festzuhalten und sich dabei als Hüter der Wahrheit vorzukommen.
Claude Henri Saint-Simon, Graf de Rouvroy (1760 - 1825),