Realo schrieb:Vielleicht sollte man die Frage eher den Leuten in Syrien, Afghanistan, Sudan, Nordnigeria und Irak stellen, bei denen das täglicher Alltag ist, und selbst in der Türkei passiert nahezu wöchentlich ein Terroranschlag-.
Stimmt. Aber das relativiert ja nicht, was hier stattfindet, was die Leute hier denken. Diese Konflikte dort sind nicht unsere Konflikte, sondern in unsere Gesellschaften hineingetragen, die wir nichts damit zu tun haben. In deren Gesellschaften gibt es seit Jahrhunderten Extremisten sowie Mord und Totschlag zwischen den verschiedenen Strömungen des Islams, schon lange bevor "der Westen" sich da eingemischt hat. Es gab weder nachhaltige Aufklärung noch ein Fortschrittsdenken im Islam und islamischen Ländern und wenn, sind diese Bewegungen mit der Zeit versandet und die alten Ideologien weder aufgeflammt, anders als in Europa, wo die Religionen politisch und sozial entmachtet worden sind. Jede Gesellschaft muss ihre Konflikte selbst austragen und beilegen.
Heide_witzka schrieb:Die Gewaltbereitschaft gibt es seit Anbeginn der Menschheit, fortdauernd und ideologieübergreifend.
Die gestiegene Informationsflut macht sie nur zu jeder Zeit greif- und miterlebbar.
Natürlich gibt es Gewalt schon immer. Aber es gibt Unterschiede zwischen europäischen und arabischen Gesellschaften und in europäischen Gesellschaften haben Gewaltformen, die aus den MENA-Ländern kommen, nichts verloren. Überhaupt ist Gewalt bei uns verpönt, in diesen Ländern ist Gewalt oft Teil des Alltags, der Ideologien, erfüllt Zwecke und ist Bestandteil der sozialen, der Familien- und Ehepraktiken. In diesen Ländern sind sie, so zynisch das klingt, Teil der sozialen Prozesse, selbst die bewaffneten Konflikte. Die Islamisten und ihre Kriege gibt es nämlich schon lange. In Europa ist sowas längst ausgefochten. So stark zu relativieren (Gewalt ist Gewalt) halte ich für daneben, weil man diese Gewalt, die zu uns kommt, etwa (Gruppen-)Vergewaltigungen oder radikalislamische Angriffe, nicht einfach damit erklären oder relativieren kann, dass es Gewalt an sich gibt oder sie medial miterlebbar ist. Sie ist real und eigentlich nicht Teil unserer offenen Gesellschaft, sondern Teil von Strömungen, die bei uns einfließen.