Neue Linke
17.05.2016 um 17:40Ich denke dies ist meine letzte Threaderöffnung im Bereich Politik, weil mir dieses Thema besonders am Herzen liegt und ansonsten (aus meiner Sicht) schon alles gesagt ist.
Eine Neue Linke? Es gibt eine Neue Rechte, aber . . .
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/nuit-debout-ploetzlich-war-die-wut-da-a-1092319.html
What's left?
Was ist geblieben?
Was ist links?
In Europa gibt es einige linke Gruppen, besonders in Griechenland, aber die sind hier so unbekannt, dass man schon Experte sein muss, um sie zu kennen. In Spanien gibt es Podemos (so viel gibt meine Erinnerung noch her, um den Namen behalten zu haben) – und in Frankreich gibt es eben Nuit Debout. Und in Osteuropa? Hm… In Polen soll es ne linke Gegenbewegung geben, Name vergessen.
Und bei uns?
Hm… Bei uns gibts oder gabs Blockupy – aber gibts die überhaupt noch? Seit über einem Jahr nichts mehr von gehört…
"Die vorläufig letzte Aktivität waren die Proteste anlässlich der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank am 18. März 2015 in Frankfurt. Dem Aufruf des Bündnisses zu Blockaden und einer Demonstration folgten 17.000 Menschen."
Wikipedia: Blockupy
…während sich Nuit Debout Abend für Abend, Nacht für Nacht trifft.
Ansonsten gibts Antifa. Aber ist Antifa überhaupt ne NEUE Linke?
Wikipedia:
Mit anderen Worten: Außer der mehr oder weniger gescheiterten Blockupy-Bewegung gibts bei uns überhaupt noch keine Neue Linke.
Seit der Wende gibts, bezogen auf Deutschland, für mich gefühlt überhaupt keine Linke mehr – wenn man mal die Partei gleichen Namens außen vor lässt, das sind für mich die neuen Sozialdemokraten, die meine ich nicht, sondern eine außerparlamentarische radikale Linke. Die es nicht gibt. Also wären alle Linken mit der Wiedervereinigung gestorben.
Die Antifa kann ich nicht so richtig ernst nehmen – für mich das detailgetreue Gegenbild der Neonazis.
Es gibt aber keine linke Gegenbewegung, die dem Auftritt und dem Einfluss etwa von Pegida und der AfD entspricht.
Dabei gibt es (mindestens) genauso viele Linke wie Rechte in der Republik, aber sie haben ihre Sprache verloren, man kann sie nicht hören, nicht lesen. Vor allem gibt es keine intellektuelle Linke mehr, während 30 Jahre lang (grob geschätzt von 1960–1990 alles, was sich intellektuell nannte, links war. Während die Rechte nur dumme Stammtischparolen von sich geben und irgendwelche Synagogen mit Hakenkreuzen verunstalten konnte.
Jetzt haben wir aber die Anti-1968-Zeit.
Also: Warum gibt es keine Neue Linke in Deutschland – gerade jetzt zu einer Zeit des zerfallenden Europas, wo wir sie am bittersten nötig hätten, um den Verfall der Demokratie aufzuhalten? Und wie könnte oder sollte sie aussehen? Sollte oder müsste sie international auftreten? Und die technische Frage: Warum scheint die Linke nicht in der Lage zu sein, sich übers Internet ähnlich stark zu organisieren wie die Rechte?
"Der Geist steht links" – diese alte Weisheit von FJS gilt leider schon lange nicht mehr.
Sollte man ihn dauerhaft den Rechten überlassen?
Das wäre eine Verhöhnung nicht nur der Geschichte, sondern auch des gesellschaftlichen Fortschritts.
Zum Schluss noch ein paar Punkte, die eine Neue Linke als politische Zielsetzung anstreben sollte:
(1)
Basisdemokratie (nicht zu verwechseln mit "direkter Demokratie" etwa nach Schweizer Modell): Der politische Willensbildungs- und Gesetzgebungsprozess erfolgt von unten nach oben, also Stadtteil / Dorf – Stadt – Ballungszentrum bzw. Region – Bundesland – Bundesstaat – Europa. Nur die Gesetzesvorlagen, die nicht ausschließlich für untere Ebenen gelten sollen, werden in die nächsthöhere Ebene befördert
(2)
Regierung aus "Expertensystemen". Da die Gesellschaft immer komplexer wird und die Probleme entsprechend, sind Laien nicht mehr fähig, die jeweils möglichst beste politische Entscheidung zu treffen. Hier sollte man mit Experten arbeiten, die mit modernen Computersystemen nach dem jeweils aktuellsten wissenschaftlichen Stand Lösungen erarbeiten; im Grunde genommen sind es alles Logistikfragen.
(3)
Verkleinerung der Legislaturperioden auf 2 Jahre, Reduktion der Kanzlerschaft pro Person auf 6 Jahre (3 Legislaturperioden), Aufhebung der 5%-Sperrklausel im Wahlrecht, damit weniger politische Stimmen von Minderheiten neutralisiert werden.
(4)
Errichtung eines Sozialstaats, der den Namen auch verdient, also kontinuierliche Einebnung der Vermögensverhältnisse und des Einkommens, damit die Schere zwischen Arm und Reich sich nicht noch weiter öffnet, sondern langsam schließt, und damit den Bürgern endlich die Gefahr des Gespenstes des "Kommunismus" genommen wird. Insbesondere denke ich da in ersten Schritten an eine Vermögenssteuer ab 1 Million, die sich progressiv steigert, und an eine Erbschaftssteuer, die diesen Namen auch verdient, denn allein durch Vererbung besitzen die reichsten Deutschen inzwischen über 5 Billionen €, während sich die Ärmeren, mindestens 3/4 der Bevölkerung, die restliche knappe Billion teile muss. Bedingungsloses Grundeinkommen von 1600 € pro Monat für Personen ab 18 Jahre, 2500 € für Rentner. Keine niedrigere und keine höhere Rente.
(5)
Umbau der sozialen Sicherheitssysteme (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung). Diese werden nicht mehr über den Arbeitsplatz finanziert, sondern aus Steuermitteln.
(6)
Sozialer Umbau des Gesundheitssystems, das nicht über Krankenversicherungsbeiträge finanziert wird, sondern ebenfalls aus Steuermitteln. Ebenso wie die Rentenversicherungen können auch die Krankenkassen bleiben, arbeiten aber nun als Staatsbeamte und -angestellte. Denn es darf nicht länger eine Zweiklassenmedizin geben; jeder Bürger hat das Recht und den Anspruch auf bestmögliche medizinische Versorgung.
(7)
Erweiterung des Strafrechts um ein "Extremismusstrafrecht", d.h. Strafataten, die offenbar politisch motiviert sind – ich denke da an Brandstiftung, schwere Körperverletzung und Bedrohung – sollten härter bestraft werden als gleiche Straftaten ohne politischen Bezug.
(8)
Immigrations- und Integrationsrecht, das diesen Namen auch verdient.
(9)
Förderung des sozialen Wohnungsbaus
(10)
Veränderung des Eigentumsrechts an Immobilien: Mit seinen Mietzahlungen erwirbt der Mieter Monat um Monat kontinuierlich höhere Eigentumsanteile an der Wohnung, die er gemietet hat. Ziel ist langfristig das Ende von Mietwohnungen, das heißt jeder Bürger bzw. jede Familie egal welchen Einkommens sollte die faire Aussicht auf Wohneigentum bekommen.
(11)
Optimierung der Bildungseinrichtungen und des Bildungssystems. Ich denke da etwa an junge Pädagogen, die 5 oder 6 Schüler einer Altersklasse vom ersten Schuljahr bis möglicherweise zum Studiumsabschluss an der Uni begleiten und dabei das Optimale für jeden dieser Schüler herauszuholen versuchen. Sie selbst sollten allerdings nicht lehren, sondern diese Schüler eben nur begleiten incl. Außerschulischem (Nachhilfe-) Unterricht. All dies sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern sein, d.h. es darf niemand allein aus finanziellen Gründen suboptimal (aus-)gebildet werden. Ein intelligenter "Zuwanderer" sollte also die gleichen Ausbildungschancen erhalten wie ein gleich intelligenter "Biodeutscher" aus wohlhabendem Elternhaus.
Es lassen sich sicherlich noch wesentlich mehr Punkte finden, aber dies sind die, die mir spontan eingefallen sind.
Noch ein Wort zu Europa. Die "Neue Linke" sollte einen grundlegenden Umbau der EU anstreben, denn ökonomisch ebenso wie solidarisch ist die EU, wie sie sich derzeit präsentiert, nur noch ein Scherbenhaufen. Ich denke an eine EU aus mehreren Intensitäten und Geschwindigkeiten, nämlich an
(a)
eine Kern-EU, die fast identisch ist mit den einstigen Gründerstaaten, nämlich Deutschland, Frankreich, Benelux, Italien und Österreich. Diese sollten nach und nach zu einem föderalen Bundesstaat "Zentraleuropa" zusammenwachsen.
(b)
zwei europäische Wirtschaftsunionen mit jeweils einem Nord- und einem Süd-Euro, die in freien Wechselkursen beliebig zueinander schwanken können, je nach Wirtschaftleistung. In die Nord-Union gehören mMn Großbritannien, Irland, Island, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Estland, Litauen, Lettland, Weißrussland (nach einer demokratischen Wende, so diese mal kommt), Westrussland (bis zum Ural), Polen und die tschechische Republik. Zur Süd-Union entsprechend die Slowakei, Ungarn, ex-Jugoslawien, Albanien, Griechenland, Malta, Zypern, Spanien, Portugal, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine.
Zudem sollte auf eine Demokratisierung Weißrusslands, Russlands, der Ukraine, Irans, Iraks, Syriens und der Türkei hingearbeitet werden. Hier müsste sich auch die Nato ein neues Konzept ausdenken, das weniger auf die Bedrohung an sich nicht feindlicher Staaten – ich denke da besonders an Russland – ausgerichtet ist, sondern eher darauf, in Krisenregionen notfalls durch robusten Einsatz Frieden zu erzwingen und im optimalen Fall Demokratie zu ermöglichen. Auch an der Demokratisierung Nordafrikas von Marokko bis Ägypten müsste gearbeitet werden.
Eine Neue Linke? Es gibt eine Neue Rechte, aber . . .
Es war der Ökonom Frédéric Lordon, einer der Antreiber von Nuit Debout, der das in einem Grundsatztext von Anfang an klargemacht hat. Er ist älter als die meisten der Leute auf dem Platz, er will verbinden, was zusammengehört: "Wir sind an einem Punkt der Geschichte", schrieb er, "wo wir merken, dass Gruppen, die normalerweise getrennt sind, sehr viel mehr vereint, als sie denken."Ein Auszug aus dem Essay von Georg Diez
Die Eliten "in Schrecken versetzen", das ist sein Plan, "wir bringen keinen Frieden", so fasst er seine Position zusammen. Die Lage ist außergewöhnlich, so scheint es, und jemand wie der Philosoph Patrice Maniglier sieht es ähnlich. Maniglier, einer der Herausgeber der prestigereichen Zeitschrift "Les temps modernes", spricht davon, dass es seit 1968 keine vergleichbare politische Bewegung mehr in Frankreich gegeben hat.
"Und das ist wichtig zu verstehen", sagt er. "Nuit Debout ist keine soziale Bewegung, die sich etwa mit Arbeiterrechten oder Frauenrechten oder der Ehe für alle beschäftigt. Wir erleben gerade eine tiefe Legitimationskrise der Demokratie. Darauf ist Nuit Debout die Antwort."
Ein grundsätzliches Versagen der Eliten also, so beschreibt es Maniglier, eine Demokratie "en panne", wie es sich in vielen westlichen Ländern beobachten lässt. Die Krise scheint akut und gefährlich, die Entfremdung ist grundsätzlich, die Angriffe auf das System kommen meistens von rechts, AfD, FPÖ - und Nuit Debout ist der Versuch einer linken Lösung.
"Es wird keinen Sturm auf den Winterpalast geben wie bei der Oktoberrevolution 1917", sagt Maniglier, der versucht, jeden Abend an der Place de la République zu sein. "Aber wir werden da bleiben, wir werden auf der Straße bleiben, es ist wichtig, physisch präsent zu sein", sagt er und zupft sich am Hemd - der Körper, soll das heißen, ist die Demokratie.
Aber es gibt auch Kritik aus dem eigenen Lager. Geoffroy de Lagasnerie zum Beispiel, einer der Jungstars der französischen Philosophie, er hat gerade bei Suhrkamp ein Buch über "Die Kunst der Revolte" veröffentlicht, und für "Le Monde" hat er einen Text geschrieben, in dem er Nuit Debout kritisiert, von links.
"Die Vorstellung eines gemeinsamen Kampfes ist eine Fiktion", sagt er. "Es gibt nur spezifische Kämpfe, und so hat Nuit Debout ja auch begonnen, als Kampf gegen das Arbeitsgesetz. Aber jetzt höre ich immer wieder Worte wie Gemeinschaft, Konsens, Volkswille. Das sind alte Worte, das ist altes Denken, das ist das Denken der Homogenität, wie es auch die Rechten propagieren."
De Lagasnerie sieht die Gefahr, dass Nuit Debout sich gerade selbst zum Scheitern verurteilt. Wer keine Forderungen stellt, wird nichts erreichen, meint er. Linke Politik müsse immer oppositionell sein, müsse den Bruch der Ordnung suchen - nur so könne man das Neue schaffen, nur so könne man die Demokratie neu erfinden.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/nuit-debout-ploetzlich-war-die-wut-da-a-1092319.html
What's left?
Was ist geblieben?
Was ist links?
In Europa gibt es einige linke Gruppen, besonders in Griechenland, aber die sind hier so unbekannt, dass man schon Experte sein muss, um sie zu kennen. In Spanien gibt es Podemos (so viel gibt meine Erinnerung noch her, um den Namen behalten zu haben) – und in Frankreich gibt es eben Nuit Debout. Und in Osteuropa? Hm… In Polen soll es ne linke Gegenbewegung geben, Name vergessen.
Und bei uns?
Hm… Bei uns gibts oder gabs Blockupy – aber gibts die überhaupt noch? Seit über einem Jahr nichts mehr von gehört…
"Die vorläufig letzte Aktivität waren die Proteste anlässlich der Eröffnung des Neubaus der Europäischen Zentralbank am 18. März 2015 in Frankfurt. Dem Aufruf des Bündnisses zu Blockaden und einer Demonstration folgten 17.000 Menschen."
Wikipedia: Blockupy
…während sich Nuit Debout Abend für Abend, Nacht für Nacht trifft.
Ansonsten gibts Antifa. Aber ist Antifa überhaupt ne NEUE Linke?
Wikipedia:
Neue Linke ist ein Sammelbegriff für verschiedene Einzelpersonen, Gruppen, politische Bewegungen, Parteien und Parteiflügel vor allem in Westeuropa und Nordamerika, die seit Mitte/Ende der 1960er Jahre teilweise unterschiedliche Sozialismus-Vorstellungen oder auch anarchistische sowie andere politisch links ausgerichtete Konzepte mit revolutionärem Anspruch vertraten und vertreten. Dabei setzt sie mehrheitlich ihre Schwerpunkte auf emanzipatorisch-sozialistische und internationalistische Ideale.Da hab ich gleich aufgehört zu lesen, denn das ist offenbar ein völlig überalteter "neue Linke"-Begriff und gehört für mich ebenfalls zur alten Linken, genau so wie die Antifa.
Die Neue Linke grenzt sich bei allen Unterschieden zwischen ihren Anhängern von klassischen linken Parteien ab, sowohl von der etablierten Sozialdemokratie als auch vom Marxismus-Leninismus der bis 1990 bestehenden realsozialistischen Länder Osteuropas.
Mit anderen Worten: Außer der mehr oder weniger gescheiterten Blockupy-Bewegung gibts bei uns überhaupt noch keine Neue Linke.
Seit der Wende gibts, bezogen auf Deutschland, für mich gefühlt überhaupt keine Linke mehr – wenn man mal die Partei gleichen Namens außen vor lässt, das sind für mich die neuen Sozialdemokraten, die meine ich nicht, sondern eine außerparlamentarische radikale Linke. Die es nicht gibt. Also wären alle Linken mit der Wiedervereinigung gestorben.
Die Antifa kann ich nicht so richtig ernst nehmen – für mich das detailgetreue Gegenbild der Neonazis.
Es gibt aber keine linke Gegenbewegung, die dem Auftritt und dem Einfluss etwa von Pegida und der AfD entspricht.
Dabei gibt es (mindestens) genauso viele Linke wie Rechte in der Republik, aber sie haben ihre Sprache verloren, man kann sie nicht hören, nicht lesen. Vor allem gibt es keine intellektuelle Linke mehr, während 30 Jahre lang (grob geschätzt von 1960–1990 alles, was sich intellektuell nannte, links war. Während die Rechte nur dumme Stammtischparolen von sich geben und irgendwelche Synagogen mit Hakenkreuzen verunstalten konnte.
Jetzt haben wir aber die Anti-1968-Zeit.
Also: Warum gibt es keine Neue Linke in Deutschland – gerade jetzt zu einer Zeit des zerfallenden Europas, wo wir sie am bittersten nötig hätten, um den Verfall der Demokratie aufzuhalten? Und wie könnte oder sollte sie aussehen? Sollte oder müsste sie international auftreten? Und die technische Frage: Warum scheint die Linke nicht in der Lage zu sein, sich übers Internet ähnlich stark zu organisieren wie die Rechte?
"Der Geist steht links" – diese alte Weisheit von FJS gilt leider schon lange nicht mehr.
Sollte man ihn dauerhaft den Rechten überlassen?
Das wäre eine Verhöhnung nicht nur der Geschichte, sondern auch des gesellschaftlichen Fortschritts.
Zum Schluss noch ein paar Punkte, die eine Neue Linke als politische Zielsetzung anstreben sollte:
(1)
Basisdemokratie (nicht zu verwechseln mit "direkter Demokratie" etwa nach Schweizer Modell): Der politische Willensbildungs- und Gesetzgebungsprozess erfolgt von unten nach oben, also Stadtteil / Dorf – Stadt – Ballungszentrum bzw. Region – Bundesland – Bundesstaat – Europa. Nur die Gesetzesvorlagen, die nicht ausschließlich für untere Ebenen gelten sollen, werden in die nächsthöhere Ebene befördert
(2)
Regierung aus "Expertensystemen". Da die Gesellschaft immer komplexer wird und die Probleme entsprechend, sind Laien nicht mehr fähig, die jeweils möglichst beste politische Entscheidung zu treffen. Hier sollte man mit Experten arbeiten, die mit modernen Computersystemen nach dem jeweils aktuellsten wissenschaftlichen Stand Lösungen erarbeiten; im Grunde genommen sind es alles Logistikfragen.
(3)
Verkleinerung der Legislaturperioden auf 2 Jahre, Reduktion der Kanzlerschaft pro Person auf 6 Jahre (3 Legislaturperioden), Aufhebung der 5%-Sperrklausel im Wahlrecht, damit weniger politische Stimmen von Minderheiten neutralisiert werden.
(4)
Errichtung eines Sozialstaats, der den Namen auch verdient, also kontinuierliche Einebnung der Vermögensverhältnisse und des Einkommens, damit die Schere zwischen Arm und Reich sich nicht noch weiter öffnet, sondern langsam schließt, und damit den Bürgern endlich die Gefahr des Gespenstes des "Kommunismus" genommen wird. Insbesondere denke ich da in ersten Schritten an eine Vermögenssteuer ab 1 Million, die sich progressiv steigert, und an eine Erbschaftssteuer, die diesen Namen auch verdient, denn allein durch Vererbung besitzen die reichsten Deutschen inzwischen über 5 Billionen €, während sich die Ärmeren, mindestens 3/4 der Bevölkerung, die restliche knappe Billion teile muss. Bedingungsloses Grundeinkommen von 1600 € pro Monat für Personen ab 18 Jahre, 2500 € für Rentner. Keine niedrigere und keine höhere Rente.
(5)
Umbau der sozialen Sicherheitssysteme (Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung). Diese werden nicht mehr über den Arbeitsplatz finanziert, sondern aus Steuermitteln.
(6)
Sozialer Umbau des Gesundheitssystems, das nicht über Krankenversicherungsbeiträge finanziert wird, sondern ebenfalls aus Steuermitteln. Ebenso wie die Rentenversicherungen können auch die Krankenkassen bleiben, arbeiten aber nun als Staatsbeamte und -angestellte. Denn es darf nicht länger eine Zweiklassenmedizin geben; jeder Bürger hat das Recht und den Anspruch auf bestmögliche medizinische Versorgung.
(7)
Erweiterung des Strafrechts um ein "Extremismusstrafrecht", d.h. Strafataten, die offenbar politisch motiviert sind – ich denke da an Brandstiftung, schwere Körperverletzung und Bedrohung – sollten härter bestraft werden als gleiche Straftaten ohne politischen Bezug.
(8)
Immigrations- und Integrationsrecht, das diesen Namen auch verdient.
(9)
Förderung des sozialen Wohnungsbaus
(10)
Veränderung des Eigentumsrechts an Immobilien: Mit seinen Mietzahlungen erwirbt der Mieter Monat um Monat kontinuierlich höhere Eigentumsanteile an der Wohnung, die er gemietet hat. Ziel ist langfristig das Ende von Mietwohnungen, das heißt jeder Bürger bzw. jede Familie egal welchen Einkommens sollte die faire Aussicht auf Wohneigentum bekommen.
(11)
Optimierung der Bildungseinrichtungen und des Bildungssystems. Ich denke da etwa an junge Pädagogen, die 5 oder 6 Schüler einer Altersklasse vom ersten Schuljahr bis möglicherweise zum Studiumsabschluss an der Uni begleiten und dabei das Optimale für jeden dieser Schüler herauszuholen versuchen. Sie selbst sollten allerdings nicht lehren, sondern diese Schüler eben nur begleiten incl. Außerschulischem (Nachhilfe-) Unterricht. All dies sollte unabhängig vom Einkommen der Eltern sein, d.h. es darf niemand allein aus finanziellen Gründen suboptimal (aus-)gebildet werden. Ein intelligenter "Zuwanderer" sollte also die gleichen Ausbildungschancen erhalten wie ein gleich intelligenter "Biodeutscher" aus wohlhabendem Elternhaus.
Es lassen sich sicherlich noch wesentlich mehr Punkte finden, aber dies sind die, die mir spontan eingefallen sind.
Noch ein Wort zu Europa. Die "Neue Linke" sollte einen grundlegenden Umbau der EU anstreben, denn ökonomisch ebenso wie solidarisch ist die EU, wie sie sich derzeit präsentiert, nur noch ein Scherbenhaufen. Ich denke an eine EU aus mehreren Intensitäten und Geschwindigkeiten, nämlich an
(a)
eine Kern-EU, die fast identisch ist mit den einstigen Gründerstaaten, nämlich Deutschland, Frankreich, Benelux, Italien und Österreich. Diese sollten nach und nach zu einem föderalen Bundesstaat "Zentraleuropa" zusammenwachsen.
(b)
zwei europäische Wirtschaftsunionen mit jeweils einem Nord- und einem Süd-Euro, die in freien Wechselkursen beliebig zueinander schwanken können, je nach Wirtschaftleistung. In die Nord-Union gehören mMn Großbritannien, Irland, Island, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Estland, Litauen, Lettland, Weißrussland (nach einer demokratischen Wende, so diese mal kommt), Westrussland (bis zum Ural), Polen und die tschechische Republik. Zur Süd-Union entsprechend die Slowakei, Ungarn, ex-Jugoslawien, Albanien, Griechenland, Malta, Zypern, Spanien, Portugal, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine.
Zudem sollte auf eine Demokratisierung Weißrusslands, Russlands, der Ukraine, Irans, Iraks, Syriens und der Türkei hingearbeitet werden. Hier müsste sich auch die Nato ein neues Konzept ausdenken, das weniger auf die Bedrohung an sich nicht feindlicher Staaten – ich denke da besonders an Russland – ausgerichtet ist, sondern eher darauf, in Krisenregionen notfalls durch robusten Einsatz Frieden zu erzwingen und im optimalen Fall Demokratie zu ermöglichen. Auch an der Demokratisierung Nordafrikas von Marokko bis Ägypten müsste gearbeitet werden.